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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Menge galt.
    »Ein Sklavenhändler!«, zischte Amelia und griff nach ihrem Pistolenhalfter.
    Billys Hand schoss hervor und packte ihre Finger mit geradezu unheimlicher Zielgenauigkeit. »Nein, in diesem Fall ist es eher das Gegenteil. Man könnte behaupten, dass sie ihre Berufung gerade in der Befreiung von Sklaven sehen. Man spricht von einer Gnadenauktion. Sehen Sie zu, aber bleiben Sie ruhig, ganz gleich, was Sie zu sehen oder hören bekommen werden. Die Bürger von Rapalaw sind innerlich sehr aufgewühlt, wenn derartige Händler hier anlegen. Wenn Sie versuchen würden, bei der Auktion einzuschreiten, könnte es sein, dass man uns beide in Stücke reißt.«
    Der Händler, der seinen Markt im Kleinformat fertig aufgebaut hatte, wartete zufrieden dreinschauend ab, bis die Menge auf eine Größe angewachsen war, die seinen Vorstellungen entsprach. Man hatte einen Teller
mit Fleisch an seinen Tisch gebracht und einen Krug Bier danebengestellt, und der Kaufmann, der sich nun die Finger an der schweißdurchtränkten Jacke abwischte, entsprach dem Bild des John Gloater, des jackalianischen Durchschnittsbürgers, wie er gern in den Karikaturen dargestellt wurde. Ganz getreu dem Bild vom groben, untersetzten Patrioten, das die Dock Street so gern vermittelte, rülpste der Händler hörbar und gab dann seinen craynarbischen Helfern ein Zeichen, die Ware auf der Plattform weiter nach vorn zu schubsen. Jene Gestalten, die Amelia für Sklaven gehalten hatte, wirkten kränklich, ausgemergelt, und ihre Gesichter zeigten einen leeren, starren Ausdruck. Frauen, Männer, Craynarbier, sogar ein kleiner Greifer, sie alle standen auf dem Podest und wiegten sich hin und her. Die Helfer des Händlers achteten offensichtlich vor allem darauf, dass sie nicht von der erhöhten Fläche stürzten, und schienen weniger zu befürchten, dass jemand flüchten wollte. Falls das hier wirklich eine Auktion war, dann eine von Untoten. Aber unabhängig von ihrer Rasse schienen diese Gestalten eines gemeinsam zu haben: Es sah aus, als sei ihre Haut wundgescheuert, als lägen ihre Adern ungeschützt da und hätten eine unnormale grüne Färbung angenommen – ein Netz aus grünen Stricken pulsierte über ihrem Fleisch.
    Der Händler erhob sich mit einem Ruck, watschelte zum Podest hinüber und bedeutete der Menge mit einer Armbewegung zu schweigen. »Nun aber still, meine Liebchen. Meine letzte Fahrt stromaufwärts hat sich,
wie ihr sehen könnt, gelohnt. Aber sie war nicht ohne Gefahren. Es war eine riskante Expedition, und unser Weg war gepflastert mit einem Dutzend Leichen unserer besten Träger. Und im Herz des Dschungels, am Rande des Grünnetzes, legten wir unseren Hinterhalt. Wir konnten zwei Patrouillen in die Gruben locken, die wir ausgehoben hatten, und zwar mit diesen Händen …« Er hob seine weichen, weißen Hände und drehte die Handflächen nach außen. Wer auch immer gegraben haben mochte, der Händler selbst war es nicht gewesen; seine Hände hatten in letzter Zeit vermutlich kaum etwas angefasst, das schwerer war als eine Gabel.
    Amelia sah nun mit neuem Verständnis auf das Podest. Das Grünnetz. Es dämmerte ihr allmählich, worum es bei dieser Auktion ging.
    »Verstehen Sie jetzt?«, fragte Billy. »Seine ›Waren‹ sind dem Grünnetz so nahe gekommen, dass sie vom Daggischten-Reich absorbiert wurden. Diese Leute machte man zu Sklaven des Schwarms.«
    Amelia wurde übel. Diese Handelsgüter waren einst Personen gewesen, die Familien und Geliebte gehabt hatten. Und was waren sie nun? Halbtote Wespen, die am Fuße der Mauern von Rapalaw Junction darauf warteten, dass jemand auf sie bot.
    »Er hat sie durch eine Art chemische Reinigung der Kontrolle des Schwarms entzogen«, sagte Billy. »Was Sie dort sehen, ist das, was dieser Prozess zurücklässt. Obwohl, um der Wahrheit die Ehre zu geben – das, was ihre Persönlichkeit einst ausmachte, wurde wesentlich
gründlicher von den Daggischten abgeschrubbt, als sie vom Schwarm vereinnahmt wurden.«
    »Erkennt einer von euch netten Leuten, die heute vor mir stehen, eine dieser fantastischen, befreiten Seelen wieder?«, fragte der Händler.
    »Den da«, rief einer aus der Menge und deutete auf einen Mann, der am Ende der Reihe stand. »Er nahm an einer Safari teil, die vor zwei Jahren im Dschungel verschwand; er kam aus Middlesteel, glaube ich.«
    »Dann will also hier niemand für ihn zahlen?« Der Händler ließ den Blick begehrlich über die Menge schweifen, und als sich niemand

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