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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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hatte, war er zum Außenseiter geworden, der die Affensprache besser
beherrschte als die wahre Pfiffsprache seiner eigenen Leute. Wie viel seltsamer würde er jetzt seinen Verwandten erscheinen, wenn er mit eng gefalteten Flügeln durch Dolorous Hall huschte und nur dazu lebte, jenen, die seinen Sturz betrieben hatten, Angst und Schrecken einzujagen?
    Auf einer warmen Luftströmung, die von den zahlreichen Fabriken in Bunsby Green stammte, stieg Septimoth in die Höhe und flog dann auf die Drucklufttürme von Sun Gate zu. Es passte hervorragend zu jenen, die nun über ihn richten wollten, den höchsten Aussichtspunkt von ganz Middlesteel für ihr Treffen zu wählen. Septimoth klappte die Schwingen ein und stürzte wie ein Pfeil hinab, um sie dann in letzter Sekunde wie einen Fächer wieder auszubreiten, bevor er auf dem Dach des Turms landete, von dem ihr Geruch heraufdrang. Es war ein eindrucksvoller Auftritt, ganz so, wie ihn Feueratem-Nick liebte, um die Herzen seiner Feinde mit Angst zu erfüllen.
    Auf einer Reihe stiller Schlote standen die vier Seher der roten Feder, und nur das Gurgeln des wassergefüllten Stützsystems, das den Turm aufrecht hielt, leistete ihnen in der großen Höhe Gesellschaft.
    Septimoth nickte ihnen zu und verweigerte ihnen somit die übliche tiefe Verbeugung, die ihnen sein totes, vernarbtes drittes Auge gezeigt hätte. Was konnten sie ihm schon antun – ihn noch ein zweites Mal blenden? »Ich hatte nicht erwartet, das Zeichen eures Rufs noch einmal zu erhalten.«

    »Und wir erwarteten nicht, in der Sprache der flugunfähigen Affen begrüßt zu werden.«
    »Ihr scheint sie aber recht gut zu verstehen.«
    »Du bist viel zu sehr mit ihren Gewohnheiten und Gedanken verbunden.«
    »Die menschliche Rasse spricht von ›Anpassung‹, wie ihr feststellen würdet. Eine Gefahr, die die Verbannung nun einmal mit sich bringt.«
    »Und wie hast du für deine Verbrechen gesühnt, Septimoth? Mit ungerichteter Gewalt gegen den Stamm der flugunfähigen Affen, welch –«
    Septimoth zog seine Flöte hervor und schwenkte das weiße Instrument in wilder Wut. »Bei den Knochen meiner Mutter! Bei den Knochen meines Volkes, bei meiner Familie und meiner Ehre, ich habe geschworen, dass ich nicht ruhen werde, bevor das Gemeinwesen rund um das Erste Komitee in Trümmer fällt – Tod gegen Tod. Ihr solltet nicht von Vergeltung sprechen, es steht euch nicht an!«
    »Schöne Worte, Septimoth. Es ist schade, dass du deinen Stamm nicht zu ähnlicher Vorsicht gemahntest, als die flugunfähigen Affen von Quatérshift anderen Sinnes wurden. Hättest du es getan, dann wäre deine Schwadronskönigin, deine Mutter, heute noch in ihrem Reich am Leben und würde nicht nur in den Liedertönen ihres Rückgrats fließen, die du so zornig gegen uns zückst.«
    Es war, als hätten die Seher ein Messer in Septimoths Eingeweiden umgedreht. All der Schmerz, das Elend, die Bitterkeit der alten Wunde quollen plötzlich über.
»Der Hof des Sonnenkönigs war korrupt, die Menschen wurden geknechtet und waren an veraltete Rituale gebunden. Jene, die vom neuen Gedankengut infiziert waren, sprachen edle Worte, von Gleichheit und Brüderlichkeit un –«
    »Du gehörtest zur Kaste der Botschafter, Septimoth; du warst nicht am Hof des Sonnenkönigs, um ihm anzugehören. Alle neuen Gedanken sind von Lärm und Wut umgeben, wenn sie sich wie eine ansteckende Krankheit in der Bevölkerung verbreiten. Hat Sturmleck dich nicht flüsternd zur Vorsicht gemahnt, als du diese Gemeinwohl-Affen studiertest? Wie konnte dir die Wildheit ihrer Gedanken entgehen, die reine Abscheu vor anderen Vorstellungen, ihre Ausschließlichkeit? Das alte Regime war bei all seinen Schwächen doch ein Zusammenschluss vieler Rassen. Wo sind nun die Greifer, die Dampfmänner, die Craynarbier und Laschliten von Quatérshift? Jene, die sich beugten, sind kaum mehr als Sklaven der Blasshäute, und jene, die sie bekämpften … dein Volk hat jene schönen, blumigen Worte, die du hörtest, teuer bezahlt.«
    Septimoth wand sich vor Leid auf dem Dach. »Ich werde für meine Fehler büßen.«
    »Auf die Beine mit dir, Botschafter«, sagte der größte Seher. »Wir schicken niemanden unserer Flugbrüder wegen schlechter Ratschläge ins Exil. Du weißt, weshalb man dich verbannte.«
    »Es gab so viele Tote«, flehte Septimoth, dessen Gestalt kurz von einem vorüberfliegenden Aerostaten in
Schatten getaucht wurde, während die Dampfmaschine des Luftschiffs gedämpft über

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