Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
Mal mit einem frischen, von einem Ortsansässigen geliehenen Gesicht. Aber die Nachbildung eines Dampfmanns lag selbst jenseits seiner Anpassungskräfte.
    »Es wird ruhiger«, bemerkte Septimoth. »Schon bald wird die Nacht heraufziehen.«
    Cornelius nickte. Noch war es unten auf den Straßen recht belebt. Steamside zeichnete sich durch eine hohe Bevölkerungsdichte aus, da Dampfmänner selbst dann etwas Ähnliches wie Schlaf zu finden vermochten,
wenn sie im Dutzend zusammengedrängt in einer Bodenkammer standen.
    »Und dieser Dampfmann bleibt einfach dort, auf dem Platz?«, fragte Septimoth.
    »So hat Dred Lands es mir gesagt«, antwortete Cornelius. »Dred hat mir versichert, Bunzal Kohlenschmelzer stünde seit über hundert Jahren dort unten auf demselben Fleck.«
    Septimoths jagdgeübte Augen richteten sich auf den alten Dampfmann. Unkraut spross rund um seine Beine, und seine Brustbauteile, die einst leuchtend rot lackiert gewesen waren, bestanden dank des Regens und des Smogs der Hauptstadt nur noch aus ein paar Farbflecken. Zwar verfügte der Laschlit über die Fähigkeit, entfernte Dinge stark vergrößert zu sehen, aber selbst er konnte lediglich erahnen, dass hinter der Sichtplatte des Geschöpfs ein einziger gelber Lichtpunkt flackerte, schwach wie das Klopfen eines Mäuseherzens. Lands hatte Cornelius berichtet, dass die Dampfmänner aus dem Viertel in alter Zeit versucht hatten, Bunzal Kohlenschmelzer zu polieren und zu reinigen, aber er hatte seine Dampfbrüder Narren gescholten und sich so lange geweigert, seine Weisheit mit ihnen zu teilen, bis sie ihn wieder in Ruhe ließen. Inzwischen war Kohlenschmelzer beinahe schon eher eine Statue als ein Dampfmann, ein eiserner Weiser, der mitten in Steamside zu einem Monument verrostete.
    »Du hast ihn schon die ganze letzte Nacht bewacht«, sagte Septimoth. »Du solltest mich diese Wache übernehmen
lassen. Geh nach Dolorous Hall zurück und ruh dich aus.«
    »Du brauchst nicht auszuruhen«, flüsterte seine Maske. »Nicht, wenn du mich trägst. Die Sonne verliert ihre Kraft, und ich gewinne die meine.«
    »Ich brauche deine Kraft nicht«, zischte Cornelius.
    Septimoth sah seinen Freund aufmerksam an.
    »Ich meine, wir sollten beide hierbleiben«, erklärte Cornelius schnell. »Sie werden heute auf ihn anlegen. Dessen bin ich mir sicher.«
    Septimoth wusste, dass er das Gespür seines menschlichen Begleiters besser nicht unterschätzte, wenn es um solche Dinge ging. Manchmal erschien es ihm, als ob auch Cornelius ein drittes Auge besaß. Cornelius Fortune hatte etwas von einem Laschliten – vielleicht fußte ihre Freundschaft doch auf anderen Grundlagen als auf der Schuld eines geretteten Lebens?
    »Ich könnte dort hinunterfliegen und Kohlenschmelzer fragen, ob er glaubt, dass eine Entführung bevorstehen könnte«, sagte Septimoth. »Es scheint keinen Mangel an Leuten zu geben, die ihn um seinen Rat fragen.«
    »Der wird ihnen wohl wenig nützen«, sagte Cornelius. Und dem war tatsächlich so. Viele der Besucher – Dampfmänner, Greifer, Craynarbier, Menschen –, die über den Tag zum Platz gekommen waren, verließen ihn mit enttäuschten Gesichtern. Denn jeder Rat, den Bunzal Kohlenschmelzer gab, wurde von Beleidigungen begleitet, die er den Fragestellern entgegenschleuderte: »Sieh selbst zu, wie du damit fertigwirst, Blödmann«
oder »Du bist zu fett«. Manchmal äußerte er sich lediglich obskur und unverständlich: »Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond.«
    Ob das verknöcherte Metallgeschöpf wirklich echte Weisheit besaß, war fraglich. Cornelius wusste, dass Kohlenschmelzer Rädchen und Kristalle besaß, die alle Bestandteile, die man in einem Dampfmann-Grab finden mochte, hinsichtlich ihres Alters in den Schatten stellten, und das allein sollte genügen, um in dieser Nacht eine ganz andere Art Wissensdurstiger anzulocken. Er war sich ganz sicher. Oder, besser gesagt, der Feueratem-Teil seines Selbst war davon überzeugt, und das genügte dem Einsiedler von Dolorous Hall.
    »Vergiss nicht, wir werden sie den Dampfmann ergreifen lassen, wenn sie kommen«, erinnerte Cornelius. »Wir sind hinter dem Organhändler her, nicht hinter seinen Affen.«
    »Ein passender Ausdruck«, sagte Septimoth, »wenn man bedenkt, dass dieser kleine Lausebengel Smike berichtete, dass die Gibbonkatz an dieser Sache beteiligt ist.«
    »Ich bezweifle, dass das Interesse der Verbrecherbanden über die Guineen hinausgeht, die sie für ihre gedungenen

Weitere Kostenlose Bücher