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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Schläger kassiert haben. Robur steckt hinter den verschleppten Dampfmannleichen, davon bin ich überzeugt. Wir wollen einmal sehen, ob uns der Abschaum von Middlesteel zu ihm führen kann.«
    Unter ihnen war der Platz nun weniger belebt als noch am Abend, nur eine kleine Gruppe Dampfmänner
stand um einen Tisch vor dem Tempel von Legba von den Ventilen und spielte Schach. Und dann entdeckte Cornelius, worauf er gewartet hatte. Es war ein Kohlenkarren, der von zwei riesigen Craynarbiern gezogen wurde, während zwei Verkäufer dem knirschenden Gefährt vorangingen – ein kleiner, rattenähnlicher Händler mit fingerlosen Handschuhen, begleitet von einem kugelköpfigen Kollegen, der beinahe ebenso groß war wie seine craynarbischen Begleiter.
    »Was meinst du, Septimoth?«
    Der Laschlit richtete seine Augen auf die Schwertarme der beiden Craynarbier; die knochigen Glieder schwangen gemächlich hin und her, während sie den Wagen zogen. »Eingekerbt und abgenutzt – vermutlich nicht durch ehrliche Arbeit. Diese Schwertarme wurden am Schleifstein eines Kraftraums geschärft.«
    »Bester Kesselkoks zu verkaufen!«, rief der kleine Kohlenmann. »Verbrennt zu feinstem Staub, in Pentshire gefördert und eingestuft. Bester, hervorragender Kesselkoks zu verkaufen!« Der Kohlenmann näherte sich nun den Schach spielenden Dampfmännern, schaufelte einen Eimer mit Kohlen voll und stellte ihn auf den Tisch. »Eine kleine Kostprobe, umsonst natürlich, meine guten Sirs. Wenn Sie erst einmal den hochklassigen Pentshire-Koks probiert haben, werden Sie gar nichts anderes mehr wollen.«
    Eisenhände griffen in den dargebotenen Eimer, dann öffneten sich die Ofenklappen, um den Brennstoff einzuwerfen. Nicht lange, und die Dampfmänner begannen
zu zittern und zu zucken, während der bullige Begleiter des kleinen Rattengesichts einen speziellen Dampfmann-Greifhaken unter dem Karren hervorzog und einen Bolzen direkt in Bunzal Kohlenschmelzers Kesselherz schoss.
    »Quecksilber«, stieß Cornelius hervor. »Sie haben den Koks mit Magnesium versetzt.«
    »Und sie brauchen den alten Dampfmann ganz offensichtlich nicht lebend«, ergänzte Septimoth.
    Kohlenschmelzer war vom Alter so steif, dass er selbst derart durchbohrt nicht in die Knie brach. Er blieb wankend stehen, die Spitze des Greifhakens ragte aus seiner Rückgratummantelung, Kristalle zischten, und schwarzes Öl sickerte aus zerstörten Leitungen in das Moos, das um seine Gehwerkzeuge wuchs. Mit großer Ruhe und gleichzeitig enormer Schnelligkeit öffneten die beiden Craynarbier einen doppelten Boden am Karren, schleppten den sterbenden Dampfmann vom Platz und versteckten ihn unter den Planken. Dann bedeckten die Mörder den Karren wieder mit ihrer schwarzen Ware, und alle vier zogen mit dem Leichnam ab. Die tödliche Verschleppung hatte nur wenige Sekunden gedauert.
    Cornelius stieß ein Fauchen aus. Es sperrte sich alles in ihm dagegen, die Verbrecherbande derart gewähren zu lassen, aber sie beide hätten kaum schnell genug eingreifen können, um den Dampfmann zu retten, obwohl sie vorgewarnt gewesen waren und sich lediglich hier aufgehalten hatten, um als Kohlenschmelzers Schutzengel zu agieren.

    »Jede Nacht geschehen in Middlesteel Hunderte von Verbrechen, die ebenso schlimm sind«, sagte Septimoth, der sah, dass sein Freund in Zorn geriet. »Das Unkraut unserer Gesellschaft. Diebstähle und kleine Morde. Wir sind nicht nur Mitglieder der Bürgerwehr. Wir dienen den Erinnerungen unserer Völker, wir bewahren das Lied der Toten.«
    »Das mag sein, aber dennoch sollte manches Unkraut ausgerissen werden«, sagte Cornelius. »Trage mich davon, Septimoth. Wir folgen ihnen.«
    Vor dem Tempel von Legba von den Ventilen sahen nur die berauschten Dampfmänner zu, wie sich ein Laschlit mit menschlicher Fracht in den Himmel erhob. Septimoth trug seinen Freund auf jene Weise, auf die sein Volk seit Tausenden von Jahren ihre Beute transportierte. Nur sie beide und die Windgötter der Laschliten wussten, dass er erst auf der Suche nach der wahren Beute war.
     
    »Hier ist der Ort«, rief Septimoth, und der Wind und das Rauschen der Seidenkonstruktion, die Cornelius trug, rissen die Antwort vom Mund des Menschen.
    Unter ihnen glitten die smogverschleierten Hochhäuser von Middlesteel dahin. In dieser Höhe musste sich Cornelius auf die scharfen Augen seines Freundes verlassen, die im Dunkeln beinahe ebenso gut sahen wie im hellen Licht. Septimoth ließ sich fallen und lockerte das Seil,

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