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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Vater?«
    Boon bedachte mich mit einem heimtückischen Blick, und mir wurde so übel, dass mein Magen sich hob.
    »Möchten Sie wissen, wie lang er gebraucht hat, um zu sterben, Sir? Eingeklemmt in dem zerquetschten Wrack seines Wagens, während die Sanitäter versuchten, ihn rauszukriegen, und es nicht schafften?«
    Das Blut dröhnte und pochte in meinem Kopf. »Woher wisst ihr das?«
    Hawker feixte. »Vier Stunden, Sir. Vier unerträgliche Stunden, bevor er schließlich den Löffel abgab. War kein schöner Tod, wie, Boon?«
    »Ziemlich grausig, wenn du mich fragst.«
    »Hat sich lange hingezogen.«
    »Strapaziöser Exitus, würde ich sagen.«
    »Meine Güte, Boon, was für Wörter du kennst!«
    »Ist doch klar, Hawker, schließlich sprichst du mit dem fünffachen Gewinner des Cuthbert-Pokals für nervtötende Weitschweifigkeit!«
    »Glückwunsch, mein Bester.«
    »Ich danke dir, altes Ofenrohr.«
    Hawker grinste mich an. »Er ist verblutet, Mister Lamb. Hässlicher Schlitz im Bauch, glaube ich. Konnte sich keine schlimmere Stelle aussuchen dafür.«
    »Am Schluss hat er nach Ihnen gerufen. Hat Ihren Namen geschrien, kurz bevor er ins Koma fiel und seine Gedärme nachgaben.«
    Ich drehte mich um und hämmerte gegen die Tür. »Lassen Sie mich raus!«
    »Haben wir am Ende was Falsches gesagt, Sir?«, rief mir Hawker nach.
    Tränen rannen mir übers Gesicht, und ich schlug mit der flachen Hand gegen das Glas. »Steerforth! Machen Sie die verdammte Tür auf!«
    Boon seufzte. »Da haben wir wohl einen blank liegenden Nerv getroffen, wie, Mister Lamb?«
    Ich schlug aufs Glas, so fest ich konnte. In diesem Moment war es mir völlig egal, ob es unter meiner Hand zerbrach oder nicht. »Steerforth!«
    Als ich kurz zurückblickte, feixte Hawker immer noch. »Kein Grund, so hitzig zu werden, altes Haus.«
    Schließlich glitt die Tür auf.
    Boon winkte mir zum Abschied. »Bye-bye, Mister Lamb.«
    »Ding-dong, Sir.«
    »Dingelingeling.«
    Sie lachten immer noch, als ich auf den Korridor hinausstürzte, wo Steerforth auf mich wartete. Ich fiel praktisch in dessen Arme, während sich die Tür mit einem leisen Zischen schloss.
    »Es tut mir leid«, sagte er mit einer völlig uncharakteristischen Warmherzigkeit in der Stimme. »Es tut mir wirklich leid.«
     
    Als wir von der Downing Street wegfuhren, peitschte der Regen so heftig gegen die Windschutzscheibe, dass das Wasser abprallte und in einem Sprühnebel in die Luft zurückspritzte. Ich ließ mich in den Sitz sinken und fand den allgegenwärtigen Geruch nach nassem Hund diesmal sogar fast anheimelnd.
    Barnaby saß über das Lenkrad gebeugt und versuchte, an den Scheibenwischern vorbei in die Wassermassen draußen zu starren, um sich auf den Straßen zurechtzufinden. Steerforth drückte sich seitlich in eine Ecke, hatte die Augen halb geschlossen und die Hände gefaltet wie zum Gebet.
    Zu meiner eigenen Überraschung war schließlich ich es, der das Stillschweigen brach.
    »Sie wussten Bescheid über meinen Vater«, sagte ich und spürte, wie meine ängstliche Anspannung langsam nachließ und umgehend durch Wut ersetzt wurde, durch wild lodernden Zorn auf diesen widerlichen Abschaum, diese Monster mit den knorrigen nackten Knien, die nichts so belustigend fanden wie menschliches Elend. »Wie konnten sie das mit Papa wissen?«
    Der Pitbull antwortete nicht, er starrte nur betreten zu Boden, als hoffte er auf Absolution.
    Der Regen krachte auf das Wagendach; ein Blitz zuckte auf, gefolgt vom Paukenschlag des Donners, doch in dem kurzen Lichtschein sah ich, wie Steerforths Gesichtszüge zu arbeiten begannen, sah, wie sie sich zusammenpressten, verschoben und verzerrten und in einem nicht für möglich gehaltenen Vorgang zu etwas völlig anderem wurden.
    Einen Moment lang vergaß ich zu atmen.
    Als Steerforth sprach, hörte ich, dass seine Stimme wieder zu jener seines Herrn geworden war. »Guten Abend, Mister Lamb.«
    »Dedlock?«, fragte ich leise.
    »Haben Sie ihn?«, fragte er. »Haben wir Estellas Aufenthaltsort?«
    »Ich konnte sie nicht zum Reden bringen. Bedaure.«
    »Sie bedauern? Sie haben mich schwer enttäuscht, Henry! Sie haben mich enttäuscht, und als Folge Ihres Scheiterns steht diese Stadt am Rande einer Katastrophe!«
    »Die beiden wussten von der Sache mit meinem Vater«, sagte ich. »Sie wissen alles. Der Geruch dort drinnen … Das Gefühl, das einen überkommt, wenn sie einen ansehen … wie Nadeln im Hirn!«
    »Sie müssen es noch einmal versuchen.«
    Mein

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