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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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von essbaren Dingen – Trifle, Lakritze, Würstchen am Spieß, Eclairs, grüne Götterspeise, Haselnusswaffeln, Rosinenbrötchen, Kekse in der Form von Dschungeltieren, dosenweise süße Limonade und Brausepulver.
    Meine beiden Peiniger winkten mir zu.
    »Hollaho, Mister Lamb!«
    »Hallo, Sir!«
    »Hawker«, nickte ich stoisch. »Boon.«
    Der Mann mit dem rötlichen Haar schob sich einen turmhoch beladenen Löffel Trifle in den Mund. Ein wenig Creme und zumindest eine Kirsche liefen über seine Hemdbrust und die Krawatte.
    »Supertolle Fressalien haben wir da, Sir!«
    »Sagenhaftes Futter!«
    »Prima Leckereien!«
    Ich war auf der Hut. »Und was ist der Anlass dazu?«, fragte ich.
    »Erraten Sie das nicht?«, gluckste Hawker.
    Da war etwas, das ich sie unbedingt fragen musste. Etwas, das ich nicht einmal Dedlock gegenüber erwähnt hatte. »Als ich letztes Mal hier war, habt ihr wieder über meinen Vater gesprochen. Ihr sagtet, ihr wärt dabei gewesen, als er starb.«
    Boon hatte eine Schachtel Makronen in der Hand und stopfte sie sich mit der Hartnäckigkeit irgendeines orientalischen Fressweltmeisters freudlos und wie auf dem Fließband in den Mund. Noch während er schluckte, griff er schon wieder in die Schachtel.
    »Wie könnt ihr dabei gewesen sein?«, fragte ich. »Wie wäre es euch möglich gewesen, am Rande dieser Straße zu warten, wo ihr doch seit Jahrzehnten hier eingeschlossen seid?«
    Boon wirkte verblüfft über meine Frage. Er schien etwas heraussprudeln zu wollen, wodurch eine Fontäne aus halb durchgekauten Makronen wie Sprühregen durch die Luft flog. »Glauben Sie denn tatsächlich, dass wir gegen unseren Willen hier sind?« Er wischte sich die Krümel vom Mund. »Sie denken, eine kleine Kreidelinie kann Kerle wie uns davon abhalten, einfach zu verschwinden, wann immer uns die Lust packt?«
    Hawker verdrückte ein Schinkensandwich, dem man vorsorglich die Kruste entfernt hatte. »Wir sind nur deshalb hier, weil es uns gefällt«, sagte er und rülpste.
    »Also, warum schlingt ihr dieses ganze Zeug in euch hinein?«, fragte ich schließlich ungeduldig.
    »Es ist unser letzter Tag hier, Sir!«, sagte Boon und nahm einen Schluck Ingwerbier aus der Flasche. »Wir dachten, das wäre wohl einen Festschmaus wert.«
    »Henkersmahlzeit und so – Sie verstehen, Sir.«
    »Und wie kommt das?«, fragte ich.
    »Meine Güte«, sagte Boon in mitleidigem Tonfall, »haben Sie es denn immer noch nicht kapiert?«
    Hawker zuckte mit den Augenbrauen in meine Richtung. »Wir sind heute wohl ein bisschen langsam von Begriff, Mister Lamb, hm? Nicht viel drin im Köpfchen, wie, alte Lammkeule?«
    Boon wandte sich an seinen Kumpan. »Lammkeule! Also, das finde ich wirklich gut!« Er kicherte, und Hawker schaufelte sich Götterspeise in den Mund. »Kann gar nicht glauben, dass uns das nicht früher eingefallen ist!«
    Ich hob die Stimme – ganz wenig, nur so weit, dass sie mir zuhörten. »Dies ist euer letzter Tag hier?«
    »Natürlich, Sir.«
    »Aller-baller-dings, mein Alter.«
    Ich starrte die beiden an. »Und wieso?«
    »Weil heute Ihr Glückstag ist, Mister Lamb.«
    »Ich bin nicht hergekommen, um mir eure Lügen anzuhören«, fuhr ich dazwischen. »Sagt mir einfach nur, wo Estella ist.«
    »Och, aber das können wir Ihnen nicht sagen, Sir.«
    »Nein, nein. Sie würden sich tausendmal verirren, Sir.«
    »Wir bringen Sie persönlich hin, Sir! Und machen Sie beide miteinander bekannt!«
    »Was habt ihr Mistkerle vor?«, fragte ich.
    Hawker wirkte schockiert. »Frechheit!«
    Boon schnalzte lautstark mit der Zunge. »Kecker kleiner Racker! Wo haben wir denn diese hässliche Ausdrucksweise her?«
    »Was wollt ihr von mir?«, fragte ich mühsam beherrscht.
    »Etwas Klitzekleines.«
    »Nichts Besonderes«, nickte Boon. Er hatte sich einen Nachschlag von der Götterspeise genommen, die jetzt zäh über sein Kinn tropfte. »Nur einen klitzekleinen Gefallen …«
     
    Sofort nachdem ich Downing Street 10 verlassen hatte, holte ich mein Handy hervor und rief Mister Dedlock an. Wie genau das funktionierte, könnte ich nicht sagen, denn ich hatte noch nie den kleinsten Hinweis auf ein Telefon in der Gondel entdeckt – geschweige denn einen auf ein wasserdichtes.
    »Henry?«, krächzte der Alte, »haben Sie sie gesprochen?«
    »Sie sind bereit, uns zu Estella zu führen. Weiß Gott, was diese Sinnesänderung bewirkt hat.«
    »Das sind ja ausgezeichnete Neuigkeiten!«
    »Aber es gibt eine Bedingung.«
    »Welche, mein

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