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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Junge?«
    »Die beiden wollen Ihren Tod. Und sie möchten die Art, auf welche Sie ums Leben kommen, selbst aussuchen. Offensichtlich haben sie … Nun, es schwebt ihnen etwas ganz Bestimmtes vor.«
    Es folgte eine qualvoll lange Pause, und als Dedlock wieder sprach, bemerkte ich eine Veränderung in seinem Tonfall, eine Mischung aus Traurigkeit und Erleichterung.
    »Sie bekommen meine Antwort«, sagte er, »in einer Stunde.«
    Nachdem er aufgelegt hatte, rief ich sofort eine andere Nummer an.
    Sie sprechen zu hören, gab mir sogleich neuen Auftrieb. Es war mir nicht bewusst gewesen, wie rasch mir ihre Stimme zu Trost und Beistand geworden war.
    »Hallo?«, sagte sie. »Wer spricht?«
    »Henry, Miss Morning. Ich muss Sie wiedersehen.« Ich gab mir Mühe, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Es ist an der Zeit, dass ich die ganze Wahrheit erfahre.«

 

     
    Es überraschte Kronprinz Arthur Windsor selbst, dass er es kaum erwarten konnte, wieder zu Mister Streater zu kommen.
    Üblicherweise war das Mittagessen mit Silverman eine fröhliche Angelegenheit, untermalt von Gesprächen über ihre Schulzeit, ihre gemeinsamen Tage an einer äußerst strengen, äußerst teuren Universität oder über die kurzlebige militärische Laufbahn des Prinzen (eine fast ausnahmslos unangenehme Erfahrung, wäre da nicht der Lichtblick Silverman gewesen, der dort einen ebenso loyalen, aufmerksamen Offiziersburschen abgab, wie er sich später als Kammerdiener, Oberstallmeister und Flügeladjutant erweisen sollte). Am heutigen Tage jedoch brachte der Prinz nur wenig Begeisterung für die gewohnten Tischgespräche auf. Silvermans gut geölte Anekdoten klangen plötzlich nur mehr wie der Bodensatz seichter Konversation, die Speisen schmeckten nach gummiartigem Nichts, und der Wein wurde in seinem Mund zu Essig. Sein einzig wahrer Gedanke beschäftigte sich mit der Rückkehr zu Streater, um die Geschichte mit seiner Urahnin weiterzuverfolgen und – in erster Linie – um wieder zu einer Tasse Tee zu kommen.
    Der Prinz schob das Dessert von sich, nachdem er kaum einen Löffel davon gekostet hatte. »Ich gehe jetzt besser. Es sind Dinge zu erledigen, auf die ich ein Auge haben sollte.«
    »Ist alles in Ordnung, Sir? Sie scheinen etwas zerstreut.«
    »Keine Sorge!« Arthurs barscher Tonfall wurde unmittelbar gefolgt von schlechtem Gewissen. »Wirklich, kein Grund zur Sorge. Aber ich muss los, ich habe heute noch eine sehr wichtige Besprechung.«
    »Ich kenne Ihren Terminkalender, Sir.« Silverman blickte seinen Herrn unverwandt an. »Und darin ist für heute Nachmittag nichts vorgemerkt. Überhaupt nichts.«
    Der Prinz machte den Mund auf – und klappte ihn goldfischartig wieder zu.
    Ein verlegenes Klopfen an der Tür war seine Rettung. Mit tief gebeugtem Kopf betrat ein Diener das Speisezimmer.
    »Bitte um Vergebung, wenn ich störe, Sir.« Obwohl schon Mitte zwanzig, wirkte der junge Mann wie ein Teenager, und diese verlängerte Jungenhaftigkeit brachte seine unsichere Stimme immer wieder zum Kieksen. »Da ist ein Telefongespräch für Sie, Sir.«
    »Na, dann sagen Sie doch, er soll später anrufen.«
    »Es klingt wichtig, Sir.«
    Mit einem Mal war der Prinz interessiert. »Ist es Mister Streater?«
    Der Diener sah ihn verwirrt an. »Nein, Sir. Es ist Ihre Gemahlin.«
     
    Arthur nahm das Gespräch in seinem Privatsalon entgegen. »Laetitia?«
    »Arthur, was, um Himmels willen, ist da los?«
    »Was meinst du damit?«
    »Versuch nicht, es vor mir zu verbergen. Ohne jeden Zweifel steht da irgendetwas im Raum!«
    »Nun, vielleicht könnten wir das zu einer passenderen Uhrzeit klären? Vielleicht heute Nacht … bei ausgeschaltetem Licht?«
    »Darauf habe ich im Augenblick keine Lust. Ich dachte, du würdest das verstehen. Aber ich muss von dir unbedingt erfahren, was da vor sich geht!«
    »Es ist jetzt nicht die Zeit zum Plaudern. Ich habe eine Besprechung.«
    »Eine Besprechung mit diesem Halunken Streater?«
    »Woher weißt du von Streater?«
    »Silverman hat mir von ihm erzählt.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Arthur, ruf mich an, wenn du bereit bist, mir die Wahrheit zu sagen. Ich kann so nicht weitermachen.« Sie knallte den Hörer auf.
    Manchmal fragte sich der Prinz, ob wohl irgendjemand bei diesen Gesprächen zwischen ihnen beiden mithörte – ein geschäftstüchtiger kleiner Domestik, irgendein Nachwuchs-Butler, der nach den Scheckbüchern der britischen Presse schielte. Manchmal überlegte Arthur auch, ob er und Laetitia

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