Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
Vom Netzwerk:
können zu warten! Denken Sie, das Haus Windsor bleibt untätig? Es wird seine Vorbereitungen für das Ende des Kampfes treffen. Wir können nicht abwarten und zusehen, wie diese Stadt ins Chaos sinkt!«
    »Mir ist klar, Sir, was auf dem Spiel steht.«
    »Nein!«, schrie Dedlock. »Es ist Ihnen keineswegs klar! Sie haben keine Ahnung, was ich geopfert habe, damit dies hier geschehen kann!« Ich spürte einen kurzen Schmerz in meinem Ohr und sah den alten Mann wütend und ohnmächtig in seinem Tank herumplatschen. Ich zupfte Jasper am Ärmel und fragte, ob die Möglichkeit bestünde, die Lautstärke etwas zu mindern.
    Jasper versuchte sofort, mich zum Verstummen zu bringen, aber es war schon zu spät. Dedlock knurrte erneut in mein Ohr. »Wollen Sie mich ausblenden, Mister Lamb?«
    »Nein, nein! Natürlich nicht!«
    »Sie werden erkennen müssen, dass es schwer ist, mich zum Schweigen zu bringen.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich und dankte dem Himmel, dass das Thema umgehend wieder gewechselt wurde.
    Ich spürte, wie das Handy in meiner Jackentasche zu vibrieren begann, und zog es so unauffällig wie möglich heraus. Eine SMS von Abbey:
     
    Ich denke an dich. x
     
    Dieses kleine x für eine Umarmung ließ mir das Herz aufgehen. Ich hätte am liebsten gesungen.
    Steerforth protestierte immer noch gegen Dedlocks Beschluss. »Bitte, Sir! Bitte überlegen Sie es sich noch einmal!«
    »Mister Steerforth, Sie arbeiten jetzt seit dreizehn Jahren für das Direktorium, richtig?«
    »Es sind schon fast fünfzehn Jahre, Sir.«
    »Sie haben in Algerien gedient, in Khartoum und im Sudan. Und Sie fürchten sich vor ein bisschen Londoner Nebel?«
    »Es ist nicht der Nebel, der mir Angst macht, Sir. Ich fürchte mich vor dem, was sich darin verbergen könnte.«
    »Diese Diskussion ist hiermit beendet. Bitte stellen Sie meine Autorität nie mehr in Frage.«
     
    Ganz plötzlich senkte sich Stille über die Downing Street – eine fast atavistische Lautlosigkeit.
    Zwei Gestalten kamen aus der schwarzen Tür von Nummer 10 – beide gekleidet wie Schuljungen und zu einem unnatürlich langsamen Gang gezwungen, weil die Ketten, die ihre Fußgelenke verbanden, nur kleine, schlurfende Greisenschritte erlaubten. Handschellen und diverse Fesseln nötigten sie, ihre kreuzweise und sehr fest zusammengeschnürten Arme vor sich herzutragen.
    Flankiert wurden Hawker und Boon von Männern mit Schusswaffen, die jede Bewegung ihrer Gefangenen mit der messerscharfen Aufmerksamkeit von Wärtern im gefährlichsten Teil des Zoos verfolgten. Auf sämtliche Körperteile der Präfekten waren die Waffen von Direktoriumsagenten mit paranoidem Geist und juckendem Zeigefinger gerichtet – von Männern, die dazu abgerichtet waren, ohne Wimpernzucken zu morden und Gefallen daran zu finden.
    Boon und Hawker jedoch lachten. Sie waren eindeutig erfüllt von Frohsinn und Heiterkeit, zwinkerten einander zu und strahlten, als ginge es zu einem Ausflug am letzten Schultag vor den Ferien.
    »Herrlich!«, rief Boon. »Frische Luft! Ist dir doch auch abgegangen, altes Haus, wie?«
    »Klar«, sagte Hawker, »und wie! Super Sache, das!«
    »Wo wir doch so gewohnt sind ans Herumtollen auf dem Spielplatz! Was für eine Gemeinheit, dass uns der Lehrer so lange nachsitzen ließ!«
    »Dieses Stinktier.«
    »Mistkäfer.«
    »Drecksack.«
    »Na, so was«, sagte Boon, und ich hatte das grässliche Gefühl, dass er mich dabei ansah, »ist das nicht Henry Lamb?«
    »Menschenskind! Lammkeulchen!«
    »He, Lammkeule, guck mal hier rüber!«
    Wären sie in der Lage gewesen, ihre Arme zu heben, hätten sie mir zweifellos zugewinkt. So standen sie nur geschlagene sechs Minuten da und spulten ihren endlosen Dialog, ihr sinnloses Hin-und-her-Gebrabbel ab, bis sie mit vorgehaltenen Waffen in den Laderaum des gepanzerten Vans verfrachtet wurden.
    Als die Hecktür einschnappte, rannte ein Mann in Uniform zu Steerforth herüber. »Sir?«
    Steerforth blickte gereizt auf. »Was gibt’s, Captain?«
    »Wir haben eine Zivilistin hier. Sie möchte Mister Lamb sprechen.«
    »Ich dachte, die ganze Straße wäre abgeriegelt?«
    Rote Flecken erschienen auf den Wangen des Mannes. »Wir haben keine Ahnung, wie sie reingekommen ist, Sir. Offenbar ist sie …«
    »Ja?«
    »Offenbar ist sie irgendwo durchgeschlüpft …«
    »Halten Sie sie fest, bis diese ganze Sache vorüber ist. Als Strafe dafür, dass sie ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen.«
    »Sie weiß aber mehr, als sie sollte, Sir.

Weitere Kostenlose Bücher