Das Königshaus der Monster
einzigen Sohnes. Die Botschaft, die sie zurücksandte, war jedoch beängstigend schlicht:
Alles nimmt seinen planmäßigen Lauf.
Auf dem Weg durch die vielen Korridore von Clarence House sah Arthur, was sich draußen über die Stadt gelegt hatte – ein dicker Nebel, eine sogenannte Erbsensuppe. Als Maßstab für die wachsende psychische Labilität des Prinzen mag der Umstand dienen, dass er des Längeren hin und her überlegte, ob das Wetter da draußen vor den Fenstern Realität war oder ob ihm seine Phantasie einen Streich spielte. Es stellte sich heraus, dass Mister Streater in einem bemerkenswert anspruchslosen Flügel des Schlosses Aufenthalt genommen hatte; er bewohnte eines einer ganzen Reihe von nebeneinanderliegenden Einzelzimmern, die traditionell als vorübergehendes Quartier für Chauffeure und Küchenpersonal dienten. Mit einem asthmatischen Keuchen der Erleichterung blieb Arthur vor der Tür stehen und klopfte.
Als der blonde Mann mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen öffnete, war er vollständig angekleidet. Er lächelte breit. »Alles in Ordnung, Chef?«
»Lassen Sie mich ein.«
Streater trat zur Seite und sah zu, wie der Thronfolger ins Zimmer wankte. Der Raum war von einer fast klösterlichen Kargheit: kahle weiße Wände, billige Möbel, ein schmales Bett mit einer dünnen, zerwühlten Decke. Es gab keine Bücher, keine Bilder oder persönlichen Gegenstände, nichts, was auf ein Leben außerhalb des Palastes hinwies – mit einer Ausnahme: ein gerahmtes Foto einer jungen Frau, einer hübschen Brünetten in engen Jeans.
Arthur war nahe daran, sich auf das Bett fallen zu lassen. »Sie wissen, was ich will.«
Reglos und dennoch Großspurigkeit ausstrahlend, saß Streater bereits mit ausgestreckten Beinen auf dem einzigen Stuhl im Raum. »Sind Sie sicher, Chef? Weiß ich das wirklich?«
»Ist das wahr, was Sie mir erzählt haben? Über diesen Pakt? Über meine Familie?«
»Kommen Sie, die Antwort müsste Ihnen doch mittlerweile klar sein!«
»Also gibt es diesen Leviathan tatsächlich? Der Krieg … bin ich ein Teil davon?«
»Ach, Chef, Chef, Chef – wir wissen doch beide, dass das nicht der Grund für Ihr Kommen ist!«
Arthur Windsor blinzelte geistesabwesend, so als hätte er vergessen, was er eigentlich sagen wollte.
»Also, spucken Sie’s aus«, drängte Streater. »Sagen Sie uns, weshalb Sie hier sind.«
»Sie wissen doch, was ich will.«
»Vielleicht weiß ich es, Chef, vielleicht. Aber vielleicht möchte ich es auch von Ihnen hören.«
Der Adamsapfel des Prinzen hüpfte krampfhaft auf und nieder. Er hatte einen salzigen Geschmack im Mund und den scharfen Geruch von Angstschweiß in der Nase. »Ich habe mich gefragt, ob …«
»Ja?«
Arthurs Augen blickten Streater flehentlich an. »Ich fragte mich, ob Sie wohl noch etwas Tee übrig haben.«
Der blonde Mann lachte auf. »Tee?«
Der Prinz riskierte ein Lächeln – wenig überzeugend, wie stets. »Ja, bitte.«
In spöttischer Sorge drehte Mister Streater den Kopf langsam von einer Seite zur anderen. »O Arthur, es hat Sie schwer erwischt, wie, mein Alter? Aber wo Sie schon so artig bitten …« Er griff in die kleine Reisetasche zu seinen Füßen und zog eine Spritze hervor, die mit einer pinkfarbenen Flüssigkeit gefüllt war.
»Um Gottes willen!«, murmelte der Prinz. »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um mit diesem Zeug herumzuspielen! Ich brauche Tee!«
Streater hob eine Braue.
»Was ist das überhaupt, das Sie sich da in die Venen jagen?«
Mister Streater lächelte nicht; er wirkte ernster, als Arthur ihn je zuvor gesehen hatte. »Der Name der Droge ist Ampersand.«
»Ampersand? Davon habe ich noch nie gehört.«
»Ampersand ist meine Mutter.« Streater sprach langsam und betonte jedes Wort, fast als wäre das Thema ihm heilig. »Ampersand ist mein Vater. Ampersand ist meine Geliebte, mein Leben. Ampersand, allerköniglichste Hoheit, ist die Zukunft!«
»Bitte …!«, stöhnte Arthur.
Streater setzte sich aufs Bett und rollte den prinzlichen Ärmel hoch.
»Was tun Sie da?« Arthur Windsor fühlte sich zu schwach, um sich zu bewegen, zu erschöpft und elend, um auch nur den geringsten Widerstand zu leisten.
»Ich gebe Ihnen, was Sie wollen, Chef. Ich gebe Ihnen das, was Sie brauchen.«
»Drücken Sie sich klar aus, Mann!«
»Sind Sie denn nicht schon selbst draufgekommen, Chef? Es ist im Tee! Es war die ganze Zeit im Tee!«
»Streater!«
»Sie kriegen Ampersand, seit wir uns kennen, Chef.« Auf
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