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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Hoffnungen auf Prinz Friedrich.“
    „Der König ist tot, also lebe der König“, murmelte Hans Ulrich den alten Ruf, und für einen kurzen Augenblick meinte sie, die Spur eines fernen Schmerzes darin aufflackern zu sehen.
    „Man wird König Christian betrauern. Das Volk hat ihn geliebt, es verehrt ihn immer noch, doch alle Welt meint, dass ein neues Kapitel für Dänemark aufgeschlagen werden muss. Gott ist mit den Starken, nicht mit den Schwachen. Wenn Gottes Liebe wieder auf das Reich fallen soll, muss ein starker König das Land führen.“
    „Wird Prinz Friedrich dich zurück in den Palast holen?“
    „Meine Töchter werden mich rufen. Reichshofmeister Ulfeldt, mein Schwiegersohn, schickt mir täglich Berichte. Der Palast wartet offenbar geradezu darauf, dass der König seinen letzten Atemzug tut.“
    „Und Wiebke Kruse?“
    Kirsten Munk küsste ihren Liebhaber und fuhr ihm durchs Haar.
    „Sie ist ein Nichts. Sobald König Christian seine Augen für immer geschlossen hat, werden sie die Hexe aus dem Palast jagen. Niemand will sie dort sehen. Weder der Kronprinz noch meine Töchter legen Wert auf ihre Gesellschaft. Sie hat dort nichts mehr verloren.“
    „Sie hat deine Kinder erzogen und viele Jahre mit ihnen gelebt.“
    „Meine Töchter hatten das Mädchen als meine Dienerin ins Herz geschlossen. Nachdem es so hinterhältig meinen Platz an der Seite des Königs eingenommen hatte, mussten sie erkennen, dass sie einer Schlange vertraut hatten. Zuletzt haben ihnen auch ihre Ehemänner den Umgang mit Wiebke verboten.“
    „Wohin soll sie gehen?“
    „Ich hätte nichts dagegen, wenn das Weib für immer verschwinden würde. Ohne die Liebe des Königs ist sie wieder die kleine Magd, die Holsteinerin, die sie einmal war. Allein die Hand Seiner Majestät hat sie über ihren Stand gehoben. Wenn sie klug ist, geht sie fort, zurück in ihre Heimat. Niemand wird sie hier in Kopenhagen haben wollen. Im Gegenteil. Du weißt, viele werfen ihr vor, für das Elend Dänemarks verantwortlich zu sein. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie den Hass des Volkes zu spüren bekäme.“
    Hans Ulrich blickte sie an. Sie beobachtete, wie sich seine Augen zu Schlitzen verengten.
    „Das würde dich nicht traurig stimmen …“
    Sie lehnte sich zurück, dann rutschte sie von seinen Beinen und trat wieder ans Feuer. Inzwischen war das Holz heruntergebrannt, und sie rief nach dem Mädchen, um nachlegen zu lassen. Während sie die Magd beobachtete, spürte sie die Blicke ihres Liebhabers im Rücken. Was sollen diese Fragen, Gyldenløve, dachte sie böse. Wir haben so lange auf unseren Sieg gewartet. Und nun zögerte er. Sah er sich denn nicht bereits in den Kreis der Mächtigen treten? Sie hatte ihm eine hohe Position versprochen, Gold, ein eigenes Gefolge.
    Als das Mädchen den Raum verlassen hatte, drehte sie sich zu ihm um. Ernst sah sie ihn an.
    „Ich bin bereit, in den Palast zurückzukehren. Mit dir oder ohne dich.“
    Johanna strich ihr über das Haar, und Wiebke genoss diesen innigen Moment. Es war früher Morgen, und nachdem sie fast die ganze Nacht an Christians Bett gewacht hatte, war sie für ein paar Stunden zu Johanna ins Bett geschlüpft. Als sie sicher war, dass der König ruhig schlief, hatte sie sich leise aus dem Turmkabinett geschlichen, um selbst ein wenig Ruhe zu finden.
    Es war noch dunkel, doch jetzt spürte sie, dass Christian nach ihr verlangte. Sie küsste Johannas Hand, dann schob sie die Decke zurück und stand leise auf. Im Dunkeln tasteten ihre Hände nach den Kleidern und Schuhen, um sie zitternd überzustreifen. Schnell steckte sie die Haare auf, irgendwie, dann machte sie sich auf den Weg zum Krankenlager des Königs.
    Christian hatte das Bett schon seit Wochen nicht mehr verlassen. Auf der Beerdigung des Kronprinzen hatte das Volk seinen König zum letzten Mal gesehen. Danach hatte er sich in seinem Turmzimmer eingeschlossen und befohlen, dort auch sein Feldbett aufzuschlagen, damit er, nah bei Gott, die Tröstungen des Himmels empfangen konnte.
    Niemand durfte zu ihm kommen. In seiner Bitterkeit duldete der König allein Wiebke um sich. Sie versorgte den Kranken, wusch und kleidete ihn und versuchte, dem einst Lebenshungrigen Wein und Suppe einzuflößen. Doch so viel Liebe und Geduld sie auch aufbrachte, so viel Heiterkeit sie in seiner Gegenwart verströmte, das Leben sickerte unaufhaltsam aus dem Körper des Königs. Seine Kräfte zerrannen unter ihren Händen, und kein Gebet half gegen die

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