Das Königsmal
der Fremde umsehen?“, entfuhr es dem König plötzlich. „Du könntest meiner Frau dienen. Hast du Lust, mit uns zu kommen? In einigen Tagen kommen wir zurück, dann können wir dich mitnehmen.“
Was war nur in ihn gefahren? Der Hofstaat seiner Gemahlin hatte die Grenzen des Schicklichen längst überschritten. Ja, Kirsten gab sich in ihrer verwöhnten Maßlosigkeit nicht mit einer Zofe zufrieden. Drei Damen sorgten dafür, dass die Falten ihrer prächtigen Gewänder stets tadellos fielen. Dass ihr Haar der Mode entsprechend in kunstvollen Frisuren drapiert war und täglich andere Juwelen den schlanken Hals schmückten. Ein Mädchen kümmerte sich allein darum, seiner Frau die Malutensilien oder Stickereien hinterherzutragen, die diese in ihrer Zerstreutheit überall im Palast und Garten verlor.
Auch die Betreuung der Kinder war in fremde Hände gelegt, da Kirsten nur wenig Zeit für ihre Söhne und Töchter erübrigte. Kaum waren sie aus dem Bauch ihrer Mutter geglitten, vergaß sie, dass die winzigen Wesen je ein Teil ihres Körpers gewesen waren. Ihre ganze Liebe und Aufmerksamkeit galt dem silbernen und goldenen Tand, den sie in ihren Gemächern hortete. Sogar ihre Zahnstocher waren aus Silber. Stundenlang konnte sie sich mit ihren Schätzen vergnügen, während sich die Kinder vergeblich um ihre Liebe bemühten.
Wozu noch ein Mädchen in diesem Tross schnatternder, intrigierender Weibsbilder, die eifersüchtig um die Gunst ihrer Herrin buhlten und Kirsten noch weiter von ihm entfernten, als dies ohnehin schon der Fall war?
Doch Christian konnte sich von diesem jungen Mädchen nicht lösen, das ihm so unverstellt und klug begegnete. Er wollte diesen heiteren Moment inmitten aller Schreckensnachrichten in die Länge ziehen, bis er sich an der bezaubernden Natürlichkeit dieser kleinen Wäscherin sattgesehen hatte.
Und sein überraschendes Angebot verfehlte seine Wirkung nicht. Erstaunen, Freude und dann ein kurzer Moment des Zögerns spiegelten sich auf dem Gesicht des Mädchens wider. Jetzt, da sich so unvermittelt eine Tür in die verlockende Fremde öffnete, musste es doch schlucken. Der Zaubergarten – kam er etwa in Gestalt eines staubigen Reiters zu ihr?
„Nichts täte ich lieber“, antwortete die Wäscherin vorsichtig, und ihre Stimme kam wie auf Zehenspitzen daher. „Aber ich kann nicht fortgehen, ohne meinen Vater um Erlaubnis zu bitten. Und ich kann meinen Herrn hier in Bramstedt nicht von einem Tag auf den anderen verlassen.“
„Das können wir schon regeln“, mischte sich jetzt Arndt Stedingk ein. Der Gutsherr war dem König entgegengeritten und hatte sein Angebot gehört. Aus dem Sattel heraus verbeugte er sich vor seinem Herrn, dann rief er Jörgen Götsche heran, der die Szene längst misstrauisch von seinem Garten aus beobachtet hatte.
„Der König findet Gefallen an deiner Magd, Jörgen“, fuhr er fort, als dieser dazugekommen war. „Wenn du sie entlassen willst, so kann sie in den Dienst Seiner Majestät treten.“
Als der Name des Königs fiel, wich alle Farbe aus dem Gesicht des Mädchens. Es presste die Hände erstaunt vor den Mund, als ob es einen Schrei unterdrücken müsste.
Auch der Hufner war überrascht. „Mein Haus und Gesinde stehen Seiner Majestät jederzeit zu Befehl“, antwortete er so hastig, dass er sich verschluckte. Hustend verbeugte er sich vor dem König. „Wiebke Kruse ist uns eine verlässliche Hilfe gewesen, und es ist mir eine Ehre, sie in Euren Diensten zu wissen.“
„Das wäre also abgemacht“, entschied der König schnell. Als erfahrener Jäger wusste er, die Beute war angeschlagen. Jetzt musste er nachsetzen, um die Schlinge fester zu ziehen.
„Wenn nun der Vater einwilligt, halte dich bereit, mit uns nach Steinburg zu kommen, wo meine Gemahlin bald mit ihrem Haushalt erwartet wird.“ Dann zog er eine Münze aus seiner Manteltasche hervor. „Du hast ja noch kein Gottesgeld bekommen.“
Doch das Mädchen zuckte zurück. „Man gibt hierzulande nur fünf Schillinge Gottesgeld“, lehnte es den schweren Silbertaler ab, durch den es einen Vertrag mit seinem neuen Dienstherrn schloss. „Aber ich darf mich noch nicht an Euren Haushalt binden und kann Euch nicht zusagen, bevor nicht mein Vater eingewilligt hat.“
„Mädchen, Mädchen, wenn du so zuverlässig bist, wie es scheint, muss ich meiner Frau gratulieren“, erklärte Christian lachend. „Nur keine Scheu, greif zu. Der König darf so viel Gottesgeld geben, wie es ihm gefällt.
Weitere Kostenlose Bücher