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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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die Handelsstädte als Marktplätze für die Waren lagen. Aus dem Osten kamen die Rohstoffe, der Westen lieferte das Werk seiner Arbeiter, die Erzeugnisse seiner Weber, Schmiede, Brauer und Winzer. Westindischer Zucker etwa wurde in den Hamburger Zuckerbäckereien verarbeitet und von dort weiter verschickt. Russische Pelze nahmen über Leipzig kommend ihren Weg, gesalzene Fische fanden über Lübeck ihre Käufer, orientalische Seide und Gewürze kamen aus Venedig über Augsburg. Salz, Eisen, Sandstein und Getreide wurden auf der Elbe und Oder verschifft. Spanische und englische Wolle, die in Deutschland gesponnen wurde, konkurrierte auf den Märkten mit spanischen und englischen Stoffen.
    Der Handel war der nie versiegende Lebensstrom des Reichs, welches dichter mit Städten besiedelt war als die benachbarten Länder. Der ständige Durchzug von Kaufleuten und das Kommen und Gehen von Fremden hatte das Land und auch die kleine Stadt stark beeinflusst. Doch heute schien der Ort andere Besucher zu beherbergen. Schon seit Tagen flüsterte man in den Straßen, der König werde im Gutshaus erwartet. Die Gutsherrin hatte in den vergangenen Tagen Unmengen an Zuckerhüten, Rosinen, Mandeln und Gewürzen geordert, die über Hamburg gekommen waren.
    Jetzt drang das Geräusch der Bratenspieße über den Fluss. Kein Zweifel, für die Mittagsstunde wurde ein Festmahl vorbereitet. Und mehr als ein Ochse hatte dafür sein Leben lassen müssen.
    Wieder näherten sich Reiter der Brücke. Aber bei den Reisenden konnte es sich wohl kaum um den König und seine Gefolgschaft handeln. Zwar spiegelte sich die Sonne in allerhand blitzenden Waffen, doch die Männer waren schlicht gekleidet. An ihren staubigen Mänteln und Stiefeln wie ihren müden Blicken konnte Wiebke ablesen, dass sie bereits einen mehrstündigen Ritt hinter sich gebracht hatten.
    An der Spitze des Zuges ritt ein großer, bärtiger Mann mittleren Alters. Sein Körperbau war kräftig und zeigte, dass er den irdischen Genüssen nicht abgeneigt war. Blondes Haar quoll unter seinem Hut hervor, an einer langen, geflochtenen Strähne zerrte der Wind. Plötzlich bemerkte Wiebke, dass sie der Mann unter zusammengezogenen Brauen ebenfalls musterte. War sie zu aufdringlich gewesen?
    Das Ziel vor Augen. Endlich. Von Westen kommend hatte der Trupp nach schnellem Ritt die kleine Stadt Bramstedt erreicht. Statt der Wiesen und Wälder tauchten jetzt Häuser zur Linken und Rechten auf. König Christian freute sich darauf, bald absitzen zu können und mit dem Gutsherrn Arndt Stedingk zu Tisch zu sitzen. Die müden Beine für eine Weile am Feuer auszustrecken und ein gutes Mahl samt Bier und Wein zu genießen, bevor es nach Segeberg weitergehen sollte. Dort wollte er auf die Gesandten der Mecklenburger treffen.
    Der König hatte den Gutsherrn, gutmütig und von bremischem Adel abstammend, schon als kleinen Jungen kennen gelernt. Dessen Vater Gerhard war Vizekanzler des Herzogtums Holstein-Gottorp gewesen. Seit dem Tod seiner Eltern war das Gut Bramstedt in Stedingks Besitz.
    Christian hatte ihn darum gebeten, kein Aufheben um seine Durchreise zu machen. Und bislang waren die Reiter unerkannt durchs Land geprescht. Die holsteinische Landschaft flog vorbei, doch die herbe Schönheit der Birken, Buchen- und Eichenwälder konnte den König nicht erreichen. In diesen Tagen bevölkerten entfernte Landschaften und fremde Heere seine Gedanken.
    Das Kriegsungeheuer wütete in seinem Kopf. Verschwunden war die Euphorie, die ihn noch vor einigen Jahren in das deutsche Abenteuer getrieben hatte. Zerronnen auch der Schatz, der sich einst in seinen Kellern befunden hatte. Der Krieg und die Soldaten verschlangen die Münzen wie ein gefräßiges Raubtier.
    Die Realitäten überrollten ihn, sie waren größer als seine Königsmacht. Er hatte inzwischen nicht nur ein Heer zu ernähren, sondern einen ganzen Staat auf Wanderschaft. Auf einen Soldaten kamen mindestens noch ein Weib, die dazugehörigen Kinder – wöchentlich wurden sechs bis sieben in seinem Heer geboren, das Pack war fruchtbar – und ein Trossbube. Wenn sich die Beute der Offiziere anhäufte, hielten sie sich zudem Diener als Packesel. Auf einen Leutnant rechnete man fünf, auf einen Obristen doppelt so viele Diener.
    Dann gab es noch die Kanoniere, die samt Stückmeister und den Knechten für die gewaltigen Pferdegespanne mit den Eisengeschützen sorgten und mit ihrem Gefolge einen eigenen Trupp bildeten. Zur schier endlosen Nachhut gehörten

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