Das Königsmal
und übersah großzügig das einfache Geschirr und grobe Leinentuch auf dem Tisch.
„Ich bin sehr froh, hier im Ort eine Magd für meine Frau gefunden zu haben“, erklärte er. „Das Mädchen macht auf mich einen au- ßergewöhnlichen Eindruck. Ich habe bereits befohlen, die dänischen Zofen wieder nach Kopenhagen zurückzuschicken.“
In der Tat hatte er kurz entschlossen einen Brief geschrieben, seine Frau möge den größten Teil ihres Gesindes am Hof zurücklassen. Sie sollte nur mit ihrer ersten Hofdame anreisen.
Als der Braten und Wein gereicht wurden, wandte sich die Tischgesellschaft anderen Themen zu. Man wollte dem König nicht mit einem Gespräch über den Kriegsverlauf den Appetit verderben, deshalb lenkte der Gutsherr die Sprache geschickt auf den Ort und seine Historie.
„Was ist Euch über den Erbauer des Hauses bekannt?“, interessierte sich auch der König für die Geschichte der Stadt. Seine städtebaulichen Aktivitäten in Kopenhagen und anderen Städten des Reichs hatten ihn zu einem kundigen Gesprächspartner gemacht. Viele seiner Ideen hatte er eigenhändig skizziert und mit seinen Architekten in langen, nächtlichen Sitzungen diskutiert.
In der Hauptstadt zeugten die Börse, Schloss Rosenborg, die neuen Hafenanlagen und das Stadtviertel Christianshavn von seinem architektonischen Enthusiasmus. Seinen norwegischen Untertanen hatte er sogar eine neue Hauptstadt geschenkt: Christiana. Und in Holstein hatte er anno 1617 am rechten Elbufer Glückstadt gegründet. Die Stadt mit dem verheißungsvollen Namen sollte in Zukunft Elbe- und Wesermündung kontrollieren, ein schmerzender Stachel im Fleische des reichen Hamburg. Seine Architekten legten die Stadt als Garnisons- und Flottenstützpunkt mit königlichem Schloss an – Glückstadt war gleichzeitig als Ausgangspunkt und Rückzug für alle nach Süden gerichteten Aktivitäten gedacht.
„Es soll vor Jahrhunderten die Residenz des Schauenburger Grafen Johann II. von Holstein gewesen sein“, gab Arndt Stedingk jetzt Auskunft über die schlichte Bramstedter Anlage aus Hauptgebäude, Torhaus, Wirtschaftstrakten und Viehställen. Sie lag zwischen dem Marktplatz der Stadt und dem schmalen Fluss Hudau, der die Wiesen des Gutes schwungvoll durchschnitt. Rinder weideten auf den angrenzenden Koppeln, und ein Haufen atemloser Schweine war dem König auf dem Vorplatz begegnet.
Mehr wusste auch der Pastor nicht zu berichten, der bereits ungeduldig darauf gewartet hatte, zu Wort zu kommen. Eifrig fuhr der pausbäckige Gottesmann fort, weiter in die Stadtgeschichte zurückzublicken.
„Der Bleeck ist schon zu ältesten Zeiten ein besonderer Ort gewesen. Wir wissen, dass die Sachsenapostel hier vor Jahrhunderten gepredigt haben, meist an Orten, wo sich unsere Vorfahren, die Holsaten, zu ihren Opferfesten versammelt hatten“, erläuterte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass sich hier in der Stadt ein altes Heiligtum wie auch ein Gericht befanden. Zudem errichtete man die christlichen Kirchen meist an solchen Stellen, wo bis dahin die alten Götter verehrt wurden, und die alten heidnischen Thingstätten wurden oft in christliche Gerichtshöfe umgewandelt. Auch unseren Roland kann man sicherlich darauf zurückführen. Lutherisch wurde die Stadt schließlich mit dem Erlass der neuen Kirchenordnung durch Euren Großvater, König Christian III., im Jahr des Herrn 1542.“
„Dass die Kaufleute, die über den Ort nach Norden und Süden ziehen, stets unter dem Roland ihre Verträge schließen und ihre Streitigkeiten schlichten, ist noch heute gute Sitte“, warf Wolf von Buchwald ein. Er hatte bei der Ankunft gemeinsam mit dem König einen Blick auf die Statue geworfen. Der hölzerne Ritter mit seinem mächtigen Schild und dem starken Schwert in der Rechten als Zeichen der bürgerlichen Freiheit war ihnen als hoffnungsvolles Symbol erschienen.
Seit mehr als hundert Jahren bewachte er die Bramstedter und ließ den Handel am Ort blühen. Der ständige Durchzug von Kauf- leuten hatte die kleine Stadt beeinflusst. Die Menschen waren offener und weniger engstirnig als anderswo. Ein fremdes Gesicht wurde neugierig betrachtet und der Reisende in ein Gespräch verwickelt.
Von Brügge bis nach Lübeck konnten die Fuhrmänner ihre Erlebnisse auf Niederdeutsch zum Besten geben. Seine Dialekte sprach man von der Atlantikküste bis hoch an die Strände der Ostsee. Von dort bis Nowgorod kamen sie auf dem Land mit
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