Das Kommando
oder hörte. Auf seinen Befehl hin wurden Männer und Frauen monatelang einfach deshalb gefoltert, weil sie jemanden kannten, den Saddam Hussein für einen Verräter hielt. Häufig ließ Hamsa diese körperlich und seelisch zerstörten Menschen allein zu dem Zweck weiterleben, dass sie in ihre frühere Umgebung zurückkehrten und als grässlich entstelltes lebendes Beispiel dafür dienten, welches Schicksal jeden erwartete, der es wagte, sich gegen den Diktator zu stellen. Sein Vorgehen würde in jeder zivilisierten Gesellschaft als zumindest unmenschlich gelten, doch das Widerwärtigste daran war, dass sich die überwältigende Mehrheit der Getöteten und Gefolterten nicht das Geringste hatte zuschulden kommen lassen. Überall witterte Saddam Hussein in seinem Wahn Spione; er war überzeugt, dass in jeder Stadt und jedem seiner Ministerien Verräter lauerten. Mindestens einmal jährlich kam es zu einer Säuberung, und wenn der Sicherheitsdienst keine Leichen vorweisen konnte, wendete sich die unbeherrschte Wut des Diktators gegen diesen. Da aber Hamsa nicht den eigenen Kopf auf den Richtblock legen wollte, sorgte er dafür, dass seine Leute ›Verräter‹ aufspürten und alle, ob schuldig oder nicht, so lange folterten, bis sie bereit waren, zu gestehen, was man von ihnen hören wollte, nur damit der Schmerz aufhörte. Anschließend wurden sie hingerichtet.
Zwar war die arabische Welt alles andere als frei von Grausamkeit, doch zeichnete sich der Irak vor allen anderen Ländern nicht nur durch die unerhörte Dreistigkeit seines Vorgehens aus, sondern auch durch das Übermaß an Einschüchterung und Folter der eigenen Bevölkerung. Auch wenn David nichts für Brutalität übrig hatte, konnte er damit umgehen – doch irgendetwas an Hamsa ekelte ihn an, sodass er ihn allein schon deshalb mit Freuden getötet hätte.
Ein Kellner trat an den Tisch, stellte ein frisches Getränk vor den General und legte eine Serviette daneben. Dann fragte er David, ob er ebenfalls etwas zu trinken wünsche. Hamsa nickte sein Einverständnis, und so bestellte auch David Scotch mit Soda.
Der Chef des Sicherheitsdiensts leerte sein Glas und wischte sich dann einige Whiskytropfen aus dem Schnurrbart. »Ich habe beschlossen, Ihr Honorar zu kürzen. Die Gegenleistung, die Sie erbringen, steht in keinem Verhältnis zu dem vielen Geld, das wir für Sie ausgeben. Sie müssen die Zahl der Bombenanschläge gegen Israel erhöhen.«
Das Honorar, von dem er sprach, Davids Anteil für seine Vermittlertätigkeit, war bereits einmal von ursprünglich zehn auf fünf Prozent verringert worden. David gab sich bekümmert. Auch wenn er mit gefälschten US-Dollars nichts anfangen konnte, musste er zumindest seine Rolle spielen. »Aber man hat mein Honorar doch schon einmal reduziert.«
»Dann tun wir es jetzt eben noch mal.« Selbstzufrieden lehnte sich Hamsa zurück und sog an seiner Zigarette, bis der Glutkegel ein leuchtendes Orange annahm. Nachdem er den Rauch in Davids Richtung ausgestoßen hatte, sagte er mit einem Lächeln: »Immerhin tun Sie Ihrem Volk einen Gefallen. Da würde es das Ehrgefühl doch eigentlich verlangen, dass Sie überhaupt kein Honorar nehmen.«
Da der an Davids Honorar eingesparte Betrag nicht etwa der Hamas oder Hisbollah zugute kommen, sondern in die Taschen des Generals fließen sollte, ging es um alles andere als Ehrgefühl. David fühlte sich versucht, darauf zu verweisen, dass es sich um einen gemeinsamen Kampf handelte: arabische Brüder Arm in Arm gegen die Israelis. Er beschloss dann aber, die Heuchelei des Generals nicht bloßzulegen. Für den nächsten Teil seines Plans war er auf das Geld angewiesen, und dass es sich um Blüten handelte, machte die Sache angesichts der Umstände noch besser.
Sein Whisky wurde serviert. Mit unsicher klingender Stimme sagte er: »Aber General, meine geschäftlichen Unkosten sind sehr hoch. Ich muss in Palästina viele Menschen bezahlen, um sicherzustellen, dass Ihre Unterstützungsgelder, die wir sehr zu schätzen wissen, ihr Ziel erreichen.«
»Von Rechts wegen sollten Sie keinem etwas geben«, knurrte Hamsa, »sondern dem Ersten, der sich Ihnen in den Weg stellt, die Kehle durchschneiden. Hamas und Hisbollah kämpfen im Dienste Allahs. Jeder, der Ihre Arbeit behindert, statt diesen Kampf zu unterstützen, sollte unnachsichtig bestraft werden.« Angewidert schüttelte er den Kopf. »Es wird Ihnen nie gelingen, die Israelis zu besiegen, wenn Sie nicht lernen, Ihre eigenen Leute
Weitere Kostenlose Bücher