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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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machte sich an die Arbeit.
    »Irene, eigentlich bin ich im Dienst. Ich glaube nicht, dass ich jetzt Alkohol trinken sollte.«
    Kennedy warf ihr einen Seitenblick zu. »Anna, ich bin immer im Dienst, und ohne Sie kränken zu wollen, darf ich wohl sagen, dass meine Arbeit etwas wichtiger ist als Ihre. Außerdem…« – sie sah auf Annas schulterfreies Abendkleid – »… glaube ich nicht, dass Sie in der Aufmachung da draußen herumstehen und laufend Berichte über den neuesten Stand der Dinge abgeben werden.«
    Sowohl der Ton, in dem sie das sagte, als auch die Aussage selbst brachten Anna ein wenig aus der Fassung. So viel hatte die stets höfliche, aber wortkarge Frau in ihrer Gegenwart noch nie gesagt. »Nein, natürlich nicht, aber wenn ich mich im Weißen Haus aufhalte, bin ich offiziell im Dienst.«
    Ohne weiter darauf einzugehen, nahm Kennedy die beiden Gläser, die ihr der Barkeeper hinhielt, und gab eins davon Anna. »Kommen Sie mit.«
    Sie suchten sich durch die immer dichter werdenden Menschentrauben einen ruhigen Platz, wo sie miteinander reden konnten. Unterwegs zogen sie eine Reihe bewundernder Blicke auf sich. Beide Frauen waren auf ihre Weise anziehend: Anna Rapp hinreißend und Irene Kennedy klassisch und zurückhaltend. Fast jeder wusste, wer Anna war, und es gab niemanden, der Dr. Kennedy nicht kannte, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen.
    Auf ihrem Weg durch den East Room versuchten einige der Gäste, Irene Kennedy aufzuhalten, doch jedes Mal entschuldigte sie sich mit einem Lächeln und ging weiter. An der Südseite des luxuriösen Raums fanden sie ein ruhiges Plätzchen und setzten sich einander gegenüber.
    Kennedy hob ihr Glas und sagte in versöhnlichem Ton: »Auf Mitch. Er ist einer der besten Männer, denen ich je begegnet bin.«
    Anna war nicht sicher, wie sie diese Aussage einschätzen sollte, doch bevor sie eine Gelegenheit hatte, wirklich darüber nachzudenken, stieß Kennedy mit ihr an, und sie musste ein wenig trinken. Der fruchtig schmeckende eiskalte Wodka rann ihr angenehm durch die Kehle. Mit nicht mehr ganz so abweisender Stimme fragte sie: »Und wohin haben Sie meinen Mann diesmal geschickt?«
    Während Kennedy ein zweites Mal an ihrem Glas nippte, überlegte sie, wie sie die Sache am geschicktesten handhaben konnte. Sie beschloss, es einmal ganz anders zu versuchen, und fragte: »Hat er es Ihnen denn nicht gesagt?«
    Das verwirrte Anna anfangs, dann aber begriff sie den darin liegenden Sarkasmus. »Nein, hat er nicht. Das wissen Sie auch ganz genau. Warum sagen Sie es mir also nicht?«
    Kennedy verlor nie die Beherrschung, aber diese penetrante Journalistin legte es offenbar darauf an, in ihre Schranken gewiesen zu werden. Sie war nicht sicher, worauf Annas mangelnde Selbstbeherrschung zurückzuführen war, konnte es sich aber denken. Vermutlich hatte es mit ihrer Überzeugung zu tun, dass Mitch eine bessere Behandlung verdiente. Mit kalter Stimme fragte sie: »Achten Sie Ihren Mann überhaupt?«
    »Selbstverständlich«, fuhr Anna sie an.
    »Und warum bringen Sie ihn dann in Gefahr, indem Sie wie eine eifersüchtige Gattin überall nach ihm fragen?«
    Wütend fuhr Anna auf: »Behandeln Sie mich nicht so von oben herab, Irene. Immerhin sprechen wir über meinen Mann.«
    »Genau.« Die CIA-Direktorin rückte ein wenig näher. »Wenn Ihnen wirklich etwas an ihm läge, würden Sie aufhören, immer wieder zu fragen, wo er ist. Sie würden daran denken, dass er seine Arbeit bestens versteht, und ihn dadurch achten, dass Sie Ihren Mund hielten.« Sie beugte sich so weit vor, dass ihr Gesicht nur eine Handbreit von Anna entfernt war, und sagte leise, aber zornig: »Was er tut, ist unendlich wichtiger als Ihre oder meine Arbeit. Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viele Menschen er im Laufe der Jahre vor dem Schlimmsten bewahrt hat?«
    Kennedy erkannte den Trotz in Annas Augen und sagte: »Mir ist klar, dass ihn alle Ihre Freunde bei den Medien als Mörder ansehen – aber haben die sich je Gedanken darüber gemacht, wie viele Menschen ihm ihr Leben verdanken?« Sie ließ eine Pause eintreten, zu kurz, als dass Anna hätte antworten können. »Natürlich nicht. Er hat damals nicht nur Ihnen das Leben gerettet, sondern auch Dutzenden anderen. Haben Sie sich je gefragt, ob er nicht gerade jetzt wieder dabei ist, genau das zu tun?«
    Sie lehnte sich ein wenig zurück und sah über die Schulter, ob ihnen jemand zuhörte. Dann wandte sie sich wieder Anna zu. »Gerade jetzt hängt

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