Das kommt davon, wenn man verreist
den Unfall, von dem die meisten erst am Ende der
Rallye erfahren hatten.
Vera ging es gut, außer einer Platzwunde an der
Stirn und Schulterprellungen war ihr nichts geschehen. Bob hatte sie vom
Krankenhaus nach München gefahren und Pepe mitgenommen. Der Abschied von Rieke
war ein flüchtiges Händeschütteln und Bedauern gewesen, ein Nachwinken
ihrerseits, das im fortfahrenden Auto nur von Pepe beantwortet wurde. Dann
hatte sie sich nach Starnberg zum Dittlerschen Hause durchgefragt — ein nicht
enden wollender Fußmarsch, erschwert durch Plumpsack, der sich auf den Hintern
setzte und ziehen ließ.
Sixten holte sie später ab.
Um zehn Uhr abends war Preisverteilung auf der
Ilkahöhe. Sieger nach Punkten wurde das neunte Team, ein Herbert und eine
Gisela.
Norbert Hagedorn erreichte nur den dritten
Platz. Er ging herum und erzählte jedem, daß er spielend den ersten gemacht,
wenn er nicht diese blöde Gans, die Dagy, am Bein gehabt hätte. Nicht einen
Pluspunkt habe sie zugesteuert. Alles mußte er allein tun — basteln, dichten,
raten, Lied singen, auf kurzen Styroporskiern über den See gehen und
hineinplumpsen, Äste sägen, eine kaputte Uhr organisieren, die aber noch
Kuckuck machte, alles er allein — nur das Gemälde ging auf ihre Kosten, und das
war ja auch danach —!
Dazu Dagy über ihren Partner Norbert: »Nix war
ihm gut genug, was ich gemacht hab’. Immer hat er was zu meckern gehabt, da hab’
ich halt nix mehr gemacht. Mei, des sag’ ich euch — noch einen Tag mit so
einem, und ich geh zu die Emanzen über!«
Kurz nach der Preisverteilung tauchte plötzlich
Maxi Moser am Feuer auf. Sein Bruder hatte ihn hergefahren, nachdem sie beide
das Wrack von seiner Umarmung mit dem Buchenstamm gelöst und in ihre
Reparaturwerkstatt abgeschleppt hatten.
Maxi gierte nach Trost und einem Publikum, das
seine
Unfallgeschichte noch nicht im Detail kannte.
Und dabei ließ er sich vollaufen. Und seine verflossene Freundin Dagy hatte
Gelegenheit, ihm den Kopf zu halten.
Rieke lag in der Taukühle der Wiese und schaute
in den Sternenhimmel. Über ihr flimmerte die Milchstraße, fiel wie Schnee in
ihre Augen.
Ein leichter Wind war aufgekommen und bewegte
das Laub.
Irgendwo schlug eine Glocke an, als sich eine
Kuh im Schlaf bewegte.
Rieke dachte an die Taschnerbrüder und wie alles
so unerwartet heiter gelaufen und so abrupt, fast ohne Abschied, geendet hatte.
Eigentlich schade.
Neben ihr knutschte Team elf.
Sixten und Paul Herwart hatten sich endlich
wiedergefunden und redeten und redeten miteinander am langsam verlöschenden
Feuer. Konnte denn nicht jemand Maxis betrunkenes Geschwafel auf
Zimmerlautstärke drehen?
Es müßte so schön sein, den Wald zu hören, nur
den nahen Wald.
Es müßte auch schön sein, sich einmal wieder zu
verlieben...
Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, beugte
sich ein Bieratem über Rieke. Sie stemmte den dazugehörigen Menschen mit aller
Kraft von sich, ohne daß es sie interessierte, um wen es sich bei diesem handelte.
Sie wußte nur — genau den wollte sie nicht.
Im Morgengrauen kehrten einige Pärchen barfuß
und leicht zerzaust aus den Wiesen zurück.
Das große Zusammenpacken und Verabschieden
begann.
Autotüren klappten, Abschiedsrufe, darüber ein
Vogelkonzert.
Kaum zu ertragen, dieses ausgeschlafene
Jubilieren...
Ein Motor brummte auf und verklang den Berg
hinunter.
Die Veranstalter gingen noch einmal das Gelände
ab, um zu prüfen, ob auch nichts vergessen worden war.
Nur die verkohlten Holzreste in der bläulich-weißen
Asche des Lagerfeuers blieben zurück.
»Alsdann — fahren wir.«
Friederike ruckte an der Leine, an deren unterem
Ende Plumpsack schlief. Man hätte ihm jetzt ein Reh oder den Dessauer Fuchs vor
die Nase binden können, er wäre nicht aufgewacht, hätte höchstens hohe Beller
ausgepustet und gleichzeitig mit emsigen Läufen versucht, den Morgenwind
einzuholen. Rieke fuhr mit Paul Herwart, dem Picknickzubehör und dem fast
geleerten Bierfaß. »Warum lachst du?« fragte er sie einmal.
»Ich mußte gerade an Pepe denken. Als der Unfall
passiert war und der Notarztwagen schon fort und nur noch die Funkstreife im
Wald, da hat er mich beiseite genommen und gefragt: >Wieviel müssen wir
denen geben?< Ich begriff überhaupt nicht, wen er meinte. >Na, der
Polizei<, sagte er, >wieviel gibt man hier der Polizei...<«
»Etwa Trinkgeld?« staunte Paul.
»Ja.«
»Na und?«
»Nichts. Sein Bruder hat ihn im letzten
Augenblick daran
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