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Das kommt davon, wenn man verreist

Das kommt davon, wenn man verreist

Titel: Das kommt davon, wenn man verreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Unleserlich.«
    Anlagen:
    Ein Flugticket Berlin-Frankfurt-Mexico City und
zurück. Außerdem die Adresse der Familie Taschner in Mexico City.
    Friederike stand eine Weile mit dem Brief im
Zimmer und traute dem Geschehenen nicht. Sie biß sich auf die Lippe. Es tat
weh, dennoch wachte sie davon nicht auf, also schlief sie nicht. Es war alles
echt! Kein Jux.
    Von der Küche her hörte sie Planschen, Klirren
und Scheuergeräusche: Sixten wusch ab.
    »Sixten!«
    »Was gibt’s?«
    »Hattest du in letzter Zeit einmal ein echtes
Glücksgefühl?«
    Er trocknete seine Unterarme ab und überlegte.
    »Ja.«
    »Wann war das?«
    »Das war noch in München. Das war gleich nach
deiner Abreise. Das war so: Ich hatte Lonka versprochen, ich mache ihr den
Abwasch vom ganzen Wochenende. Da war doch noch das Freitagabendgeschirr von
der Rallyeparty mit dabei.«
    »Sixten!« Sein umständliches Erzählen machte sie
kribbelig. »Ich habe dich gefragt, wann du das letzte Mal ein Glücksgefühl
hattest!«
    »Na, eben an dem Wochenende«, sagte er, gekränkt
über ihre Ungeduld. »Ich kam in die Küche und dachte, ich muß das alles per Hand
abwaschen. Dabei hatten sie eine Geschirrspülmaschine!« Seine Augen leuchteten
noch nachträglich auf. »Warum fragst du?«
    »Guck mal.« Sie reichte ihm das Flugticket.
    Er blätterte lange darin herum, vor und zurück:
»Bist du ganz sicher, daß da kein Irrtum vorliegt?«
    »Es steht ja mein Name drin. Lies doch: Miß Birkow.« Und dann gab sie ihm den
Begleitbrief, den er ihrer Meinung nach viel zu langsam durchlas.
    Endlich sah er sinnend hoch. »Taschner? Die von
der Rallye?«
    »Ja doch!«
    »Aber wieso dir? Ich denke, Vera...«
    »Was weiß ich!? Vielleicht ist sie schon
drüben!«
    »Und wer ist Josse Maria?«
    »Chosee wird das ausgesprochen.«
    »Ja, gut. Aber wer ist das?«
    »Pepe. Bob Taschners kleiner Halbbruder.«
    »Der ist doch viel zu jung für dich!«
    »Sixten!«
    »Ich hab’ mal gelesen, daß man in gewissen
überseeischen Kreisen Playgirls aus Europa einfliegen läßt — wegen der
Kurzweil. Aber doch nicht so eine wie dich!« Er sah sie ebenso neidisch wie
besorgt an. »Da ist ein Haken bei! Rieke, ich sage es dir, an der Geschichte
ist was faul!«
    Rieke selbst kam die Einladung nicht ganz
geheuer vor. Bei aller Jugend hatte sie doch genügend Lebenserfahrung
gesammelt, um zu wissen, daß sie kein Gewinnertyp war, eher ein Draufzahler.
     
    Der einzige Mensch außer ihrem Vater, auf den
sie sich bisher verlassen konnte, hieß Friederike Birkow. Und ihre einzige
Möglichkeit, zu Geld zu kommen, war Arbeit gewesen. Wenn sie Lotto spielte,
blieben das höchst Erreichbare für sie immer nur drei Richtige. Wenn sie in
Würfel- oder Schießbuden aktiv wurde: niemals den großen Teddybären, höchstens
ein Papierblümchen. Beim Kartenspiel hatte sie nur so lange ein gutes Blatt,
solange nicht um Geld gespielt wurde. Und nun eine Flugkarte nach Mexiko.
    Sixten hatte recht, so was Teures schickte man
Jetset-Gespielinnen oder seiner großen Liebe, der allerdings ohne
Rückfahrkarte. Beides traf auf sie nicht zu. »Vielleicht wollen sie mir eine
Freude machen?« überlegte sie.
    Und Sixten: »Reiche Leute sind selten
menschenfreundlich. Außerdem sind sie geizig. Sonst wären sie nicht so reich.«
    Woher er seine Weisheiten hatte? Im
Zweifelsfalle immer aus Illustrierten.
    Rieke hatte genug von seiner Skepsis. Sie sollte
Bob und Pepe wiedersehen! Sie durfte wieder das kleine Fünkchen Hoffnung
anzünden.
    Bob. Mexiko.
    Rieke suchte ihren Schulatlas, den Plumpsack
angefressen hatte, als er noch ein sehr kleiner Hund war. Sie fand ihn nicht.
War ja auch egal. Mexiko lag in der Mitte von oben und unten von Amerika.
    Bob und Pepe.
    Sie hatte sich nicht in ihnen getäuscht. Ihre
Herzlichkeit war immer von Herzen gekommen.
    Das war das Schönste von allem.
    Rieke pfiff nach Plumpsack und rannte dreimal
mit ihm um den Block, bis das Milzstechen stärker war als ihr Bedürfnis, aus
vollem Hals zu jodeln.
     
    Später schnipste der Realist in ihr mit den
Fingern. Er wollte auch mal was sagen, bitte um Ruhe, danke, also: Die Frage
des Fahrgeldes war zwar gelöst, was aber wurde in Mexiko? Wovon wollte sie
ihren Aufenthalt dort finanzieren? Selbst wenn sie bei Taschners wohnen sollte
— wovon bezahlte sie drüben ihr Eigenleben?
    Sie wollte schließlich nicht abhängig sein.
    »Sixten? Ist Mexiko teuer?«
    »Frag mich was Leichteres. Sag mir lieber, wie
lange willst du drüben

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