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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Leitung, dann antwortete er:
     
    »Also gut, Sie können den Umschlag unten im Buchladen meiner Tochter abholen. Sarah wird da sein.« Er gab ihr die genaue Adresse und verabschiedete sich hastig, bevor sie sich bedanken konnte.
     
    Die Nachricht war so brisant, dass sie glaubte, keine Sekunde verlieren zu dürfen. Im Nu stand sie mit Aktenmappe und ihrem übergroßen Schirm mit dem lächerlichen Kätzchenmu s ter an der Strasse und versuchte eifrig, ein Taxi herbeizuwinken. Eine leichte Übung bei gutem Wetter, unmöglich im Regen. Zwar fuhren Cabs im Dutzend an ihr vorbei, aber keines der weißen Taxizeichen leuchtete. Nach einer Ewigkeit, wie ihr schien, erbarmte sich endlich einer der Cabbies der verzweifelten jungen Frau am Straßenrand. Durchnässt von der Schuhsole bis zum Nabel, stieg sie ein und nannte das Ziel in Adams-Morgan, einer Gegend im Nordwesten der Stadt.
     
    Sarah schaute erfreut von ihrer Lektüre auf, als der Gong an der Tür ertönte. Bei di e sem We t ter hatte sie nicht mit Kunden gerechnet, um diese Zeit am Morgen schon gar nicht. Zwei Herren in schwarzen Regenmänteln und Lederhüten betraten die kleine Buchhandlung, schauten sich kurz um und traten dann an den Ladentisch. Die beiden erinnerten sie u n willkürlich an Figuren aus der Zeit des Film noir. Sie erhob sich und begrüßte die Männer:
     
    »Guten Morgen, suchen Sie etwas Bestimmtes?«
     
    »Wir suchen nichts«, sagte der Ältere mit heiserer Stimme, dass sie glaubte, ein Kratzen in ihrem Hals zu spüren. »Wir kommen von Garrah, McKenzie und Partners, um den Brief a b zuholen.« Sie schaute verdutzt von einem zum anderen.
     
    »Brief, welchen Brief?« Der Ältere machte eine ungeduldige Handbewegung, trat noch einen Schritt näher, beugte sich vor, dass sein Mund ihr Ohr beinahe berührte und antwortete g e fährlich ruhig:
     
    »Hören Sie, Lady. Ich sage es nur einmal. Sie geben uns jetzt einfach diesen Brief, dann sind Sie uns sofort los. Sonst nehmen wir Ihren schönen Laden auseinander, bis wir ihn finden. Verstanden?« Die Drohung schnürte ihr die Kehle zu. Leichenblass fiel sie auf den Sessel zurück. Der Ausdruck im Gesicht des Älteren jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Mit angehaltenem Atem verfolgte sie, wie sein B e gleiter die Tür verriegelte und das Täfelchen drehte: closed. Danach ging er zum Fe n ster und begann mit unbeteiligter Miene, den Rollladen herunterzukurbeln. Der Ältere fixierte sie noch immer, über den Tisch gebeugt, mit seinem stechenden Blick, als könnte er ihre Gedanken lesen. »Ich höre«, sagte er leise.
     
    Mit einem Schlag stürzte Sarahs heile Welt in sich zusammen. Sie begriff, dass das ein Übe r fall war, sie diesen Männern wehrlos ausgeliefert war. Der Schock fuhr ihr so tief in die Kn o chen, dass sie sich kaum auf dem Stuhl halten konnte. Verängstigt griff sie zum Telefon, doch im gleichen Atemzug flog der Apparat an die Wand. Sie wollte antworten, auch wenn sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Irgendetwas musste sie tun, damit die sie in Ruhe ließen, die Pein aufhörte, aber kein Laut kam aus ihrem Mund. Angst und Empörung erstic k ten jeden Versuch, sich zu wehren.
     
    Der Ältere gab seinem Begleiter ein Zeichen, worauf der eines der Bücher aus der Auslage seltener Antiquitäten auf die Ladentheke legte und vor ihr aufschlug.
     
    »Scheint sehr wertvoll zu sein, dieses Exemplar«, murmelte ihr Peiniger, während er gelan g weilt darin blätterte, ohne hinzusehen. Er beobachtete jede ihrer Regungen, und es entging ihm nicht, dass sie noch eine Spur blasser wurde, denn um seine Mundwinkel zuckte so etwas wie ein zufriedenes Grinsen. Plötzlich packte er ein paar Seiten, als wollte er sie herausreißen und seufzte: »Wäre doch jammerschade, wenn dem Juwel etwas zustoßen würde, nicht wahr?« Der Anblick der zarten Blätter zwischen seinen groben Wurstfingern versetzte ihr einen Stich ins Herz. In ohnmächtiger Angst sprang sie auf, wollte ihn wegstoßen. Tränen rollten über ihre Wangen. Der Schrei war nicht mehr als ein ersticktes Gurgeln, aber sie fand ihre Stimme wieder.
     
    »Nein, nicht der Tchaikov«, wimmerte sie hilflos. Die Pranken des Mannes hielten das zarte Büchlein eisern umklammert. Er wiederholte ruhig:
     
    »Der Brief« Sie schüttelte verzweifelt den Kopf.
     
    »Welcher Bri ... nein!« Es war zu spät. Unfähig, sich zu rühren, sah sie mit an, wie er die Seiten aus dem unersetzlichen Buch riss und genussvoll in kleine Stücke

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