Das Komplott der Senatoren (German Edition)
eine verängstigte Mädchenstimme von oben, aber Bill hörte sie nicht mehr, wie er auch den Schuss nicht wahrnahm, der seinen Kopf zerfetzte. Wie sollte er wissen, dass sich seine Tochter und ihre Freundin abends aus dem Haus geschlichen hatten, um eine abenteuerliche Nacht im Heu zu verbri n gen.
Phoenix
Feuerwehrmänner rannten scheinbar ziellos zwischen nervös blinkenden, rotweißen Lösc h fahrzeuge umher. Polizei hielt die Schaulustigen von der verkohlten Scheune fern, aus der noch immer Glut und Rauchschwaden aufstiegen, darunter in fetten Le t tern der wichtige Hinweis Breaking News, und aus dem Off der stets gleiche dram a tische Kommentar. Wie oft hatte sie diesen Bericht über das tragische Unglück im nahen Casa Grande heute schon ges e hen? Ganz gegen ihre Gewohnheit lief der kleine Fernseher an der Wand gegenüber dem Schreibtisch zwischen Sternenbanner und den rot-goldenen Sonnenstrahlen der Flagge Ar i zonas. Die Gouverneurin bedauerte diese Familie zutiefst, doch sie durfte sich von solchen Einzelschicksalen nicht ablenken lassen. Ihr Job war es, für Ruhe und Wohlstand in ihrem Staat zu sorgen, und der e r forderte mehr denn je ihre volle Aufmerksamkeit. Die aufgebrac h ten Farmer hatten für diesen Tag eine Großdemonstration vor dem Capitol angekündigt. Sie warfen der Regierung vor, die Wasserknappheit verschlafen zu haben. Dass sich heute Morgen einer der Ihren aus purer Verzweiflung das Leben genommen hatte, so wie vor einer Woche im Nachbarstaat New Mexico, goss zusätzlich Öl ins Feuer. Endlich unte r brach die Stimme einer Moderatorin den aufgeregten Kommentar aus Casa Grande. Lucy schaute auf. Was die Sprecherin vor dem Hintergrund rasanter Bildschnitte mit erhobenen Fäusten, Transparenten und verstopften Strassen von sich gab, war schon ziemlich dicke Post:
Es müssen Tausende wütender Farmer sein, die auf ihren Pick-ups, Lastwagen und Traktoren aus allen Teilen des Staates nach Phoenix unterwegs sind. Und jeder von ihnen führt eine Ladung dessen mit, was die Politik der Gouverneurin nach Meinung des AFB-Präsidenten Jack Stewart am besten symbolisiert: Mist.
Die Tür flog auf und ihr Pressesprecher stürmte ins Büro.
»Bitte, komm doch herein«, knurrte sie, ohne den Bildschirm aus den Augen zu la s sen. Ihr engster Mitarbeiter war außer sich.
»Entschuldige, aber hast du gesehen, welche Lawine da auf uns zurollt?«
»Schnee wäre mir entschieden lieber«, grinste sie müde.
»Wir müssen das Statement nochmals anpassen«, keuchte er, den unangebrachten Scherz überhörend. »Ist es das?« Er deutete auf das Papier, das schon seit einer Stunde vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Sie nickte.
»Ich bin sowieso noch nicht glücklich damit. Tönt irgendwie nach Konserve. Wir müssen unbedingt die aktuellen Ereignisse einbeziehen.«
»Den Brand? Ja, gute Idee. Betroffenheit wirkt immer. Deshalb glaube ich auch, dass diesmal du selbst vor die Presse treten solltest. Aus deinem Mund wirkt so eine Ste l lungnahme do p pelt.«
»Wenn es so einfach wäre«, seufzte sie. »Aber du hast recht. Ich werde das machen.« Die Frage war nur, wie sie die Leute beruhigen sollte, denn auch sie hatte keine An t wort auf die brennendste Frage. Auch sie wusste nicht, wie sie der verheerenden Trockenheit ohne den massiven Einsatz staatlicher Hilfen begegnen sollten, und die sprengten das Budget in jedem Fall. Die Nachbarstaaten, allen voran Nevada, zeigten sich äußerst zurückhaltend, wenn es darum ging, Trinkwasser zu exportieren. Sie brauchten das kostbare Nass selbst oder hatten die Wasserrechte in großem Stil für gutes Geld an Dritte, private Firmen verhökert, wie Lucy vermutete.
Der Fernsehsender zeigte Bilder der Wagenkolonne auf der Siebzehnten. Ein erster Traktor fuhr auf den Platz vor dem Capitol und kippte ihr seine Ladung unter dem Applaus der Schaulustigen sozusagen vor die Haustür.
»Scheiße«, murmelte ihr Mitarbeiter erschüttert.
»Du sagst es.« Fasziniert verfolgte sie das bizarre Schauspiel eine Weile, dann gab sie sich plötzlich einen Ruck. »Die Pressekonferenz findet draußen statt«, beschied sie dem entsetzten Beamten. »Ich will direkt zu diesen Leuten sprechen, auch wenn ihr Misthaufen zum Himmel stinkt.« Der Mann schnappte nach Luft, wusste nicht, was er sagen sollte. »Worauf wartest du? Du hast nur noch eine Stunde Zeit, alles zu o r ganisieren.« Mit einem unterdrückten Fluch sauste er
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