Das Komplott der Senatoren (German Edition)
machen.«
Warum hatte er das üble Gefühl, schon wieder eine Beziehung beendet zu haben? Beziehung – es gab keine Beziehung! Er holte die Unterlagen für die Besprechung aus seinem A k tenschrank und ging zum Konferenztisch in der dunkelsten Ecke des Büros. Dass der runde Tisch mit dem spinnenförmigen Telefon hier stand, hatte zwei Gründe. Erstens wollte ni e mand lange in diesem fensterlosen Loch stecken, was die Sitzungen nachweislich verkürzte, und zweitens eignete sich eine dunkle Umgebung besser für gelegentliche Videokonferenzen. Er setzte sich zu Russ an den Tisch und meldete sich:
»Lee hier, guten Abend, Kochi.«
»Gut, können wir endlich loslassen?«, fragte Ingo am anderen Ende der Leitung gereizt.
»Klar, bin gespannt auf deine Spesenrechnung.« ›Spesen‹ war der Euphemismus für B e stechungsgeld, auf den sie sich geeinigt hatten, um Ingos empfindlichen Gerechtigkeitssinn nicht unnötig zu strapazieren.
»Dir ist schon klar, dass wir mit unserem Spesenbudget nicht mit einem Konzern wie Mamot mithalten können?«
»Vollkommen, aber wir setzen unser Geld klüger ein.«
»Wie wahr«, höhnte Ingo. »Wie auch immer, die Anschlussarbeiten gehen weiter. Wir zahlen die Arbeiter aus unserer Spesenkasse, und der Verantwortliche des Stadtbezirks drückt beide Augen zu, seit er auf seinem neuen Moped zur Arbeit fährt.«
»Das hast du schön gesagt«, lachte Lee.
»Die Menschen hier werden dankbar sein, sobald unser Wasser fließt, das sage ich dir. Wie Helden werden sie gefeiert werden, die Leute der sauberen Verwaltung.« Russ nickte heftig und räusperte sich:
»Es gibt Modelle, die ein Ausbleiben des Sommermonsuns vorhersagen.«
»Darauf kannst du Gift nehmen, Russ. Ich fürchte, deine Software hat recht.«
»Nicht meine, die Software der Kollegen vom Thinktank sagt das. Die zerbrechen sich a l lerdings bisher vergeblich die Köpfe, weshalb die Wolken neuerdings über den Ozeanen abregnen. Ich glaube, diese Variante des Klimawandels hat niemand vo r hergesehen.«
Lee gab seinem Mitarbeiter ein Zeichen, denn er drohte in Fahrt zu kommen. »Im Moment scheinen sie sich allerdings hier über Chicago zu entleeren«, warf er ein. »Auf jeden Fall liegen wir mit unseren Entsalzungsanlagen voll im Trend, Leute. Die erste Installation in Kalifornien ist so gut wie unterschrieben, und zwei neue A n fragen liegen bereits vor. Unser Problem ist nicht mangelnde Nachfrage, sondern mangelnde Produktionskapazität.«
»Wir müssen ausbauen, meinen Segen hast du«, spottete Ingo.
»Dazu müssten unsere ersten zwei Werke zuerst Geld abwerfen. Die Kreditlinie ist au s geschöpft.« Er machte sich seit langem Gedanken über die Zukunft des kleinen Unterne h mens, und er glaubte auch, die Lösung gefunden zu haben, aber er wollte den Vorschlag von seinen Partnern hören.
»Wer spricht denn von Kredit?«, brummte Ingo. »Warum gehen wir nicht an die Börse?«
Lee schmunzelte. Sie beide tickten immer noch gleich, das war beruhigend. Der Zei t punkt für einen Börsengang könnte kaum besser sein. Obwohl ein sehr junges Unternehmen, hatte Disruptive Technologies ein solides Produkteportfolio und he r vorragende Zukunftsaussichten vorzuweisen. Wenn sie es geschickt anstellten, wären ihnen kaum Grenzen gesetzt. Eine lebhafte Diskussion setzte ein. Strikt gegen die Idee schien niemand zu sein, fehlte nur noch Kieras Meinung.
Der Kalender seines Handys piepste und zeigte den nächsten Termin an. »O. K. Leute, ich sehe, ihr seid begeistert. Um ehrlich zu sein, gehe ich schon seit einiger Zeit schwanger mit dieser Idee. Ich werde die Sache in die Hand nehmen.«
Ein Börsengang, ein heikles Unterfangen, bei dem man nicht nur die passende Bank finden musste, sondern auch den richtigen Rechtsbeistand, und den hatte er. Lächelnd gab er Russ das Zeichen, Malta anzurufen.
Kiera wollte die neue Idee der Kapitalbeschaffung nicht diskutieren. Sie hatte andere Sorgen. Nachdem die Anlage wenigstens teilweise wieder betriebsbereit war, stellten sich plötzlich die Behörden quer. Neue Auflagen des Ministeriums verlangten, dass sie einen erweiterten Bericht zur Umweltverträglichkeit erstellen und genehmigen lassen musste.
»So ein elender Blödsinn!«, ereiferte sich Kiera. »Nebenan steht die alte Entsalzun g sanlage und verbrennt ungehindert tausende Tonnen Heizöl. Diese Schikane kostet uns Unsummen, Lee.«
Er verstand, dass
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