Das Komplott der Senatoren (German Edition)
die Aktenmappe auf, die vor ihm lag, überflog das Schriftstück, als sähe er es zum ersten Mal, bevor er zögernd begann:
»Wir haben neulich über die seltsamen Firmen im Fall O’Sullivan gesprochen.«
Die Anspannung fiel augenblicklich von ihr ab. Wenn Peter von einem Fall sprach, b e trachtete er ihn noch nicht als abgeschlossen.
»Gut«, sagte sie laut.
»Wie bitte?«
»Nichts, mach weiter. Ich höre.« Er räusperte sich umständlich.
»Die – Sache hat mir keine Ruhe gelassen, muss ich zugeben.« Besser, dachte sie und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Also, ich habe diskret ein paar Leute a n gerufen, um herauszufinden, woher das Geld in diesen Bilanzen wirklich stammt.« Wieder hüstelte er und trank einen Schluck Wasser. Er inszenierte die Enthüllung, die zweifellos folgen würde, wie den alles entscheidenden Überraschungsknüller vor Gericht.
»Und? Ich zerplatze vor Neugier.«
»Über deine zwölf Briefkastenfirmen konnte ich nichts weiter erfahren«, fuhr er ungerührt fort.
»Das habe ich auch schon gemerkt, danke.«
»Aber ...« Der nächste Schluck Wasser. Sie sprang vom Sessel auf, beugte sich über die Tischplatte und knurrte böse:
»Peter!«
»Mit der Scheinfabrik sieht’s schon anders aus.« Er lehnte sich zurück, blickte an die Decke. »Wie soll ich sagen? Was ich gesehen habe, ist gelinde gesagt befremdend.« Er schob ihr die Mappe unter die Nase und wartete, bis sie das Schriftstück gelesen hatte. Es war eine lange Liste von Zahlen, Zahlungseingänge, hohe Beträge, welche die zwei leeren Hallen in Fou n tain Hills für irgendwelchen technischen Schnickschnack erhalten hatten, von dem sie kein Wort verstand. Aber nicht nur die Zahlen waren interessant, sondern vor allem die Herkunft der Gelder. Ein Name tauchte häufig auf.
»Clearwater Power?«, fragte sie unsicher.
»Kohle. Die größte Dreckschleuder südlich von Detroit.«
»Millionen. Das sind riesige Summen, für eine Fabrik, die nichts produziert.«
»Allerdings«, seufzte er, »aber das dicke Ende folgt auf dem nächsten Blatt.«
Das zweite Blatt schien nichts mit AZ Technologies zu tun zu haben. Es war eine minutiöse Aufzählung aller Zuschüsse aus öffentlichen Geldern, die Clearwater Power für die Installation und den Betrieb sogenannt umweltfreundlicher Technol o gie, zum Beispiel CO2-Filter, erhalten hatte, mit dem genauen Datum der Übe r weisung. Erst begriff sie nicht, was daran auffällig sein sollte, bis sie auf die Idee kam, beide Blätter nebeneinanderzulegen. Sie verglich die Daten der Zahlungs e ingänge der beiden Firmen und hieb plötzlich mit einem nur schlecht unterdrückten Freudenschrei auf die Tischplatte.
»Ich wusste es!« Schwarz auf weiß lag es vor ihr, das betrügerische Netz, oder wenigstens ein Zipfel davon. »Clearwater leitet die staatlichen Subven - tionen umg e hend nach Fountain Hills weiter«, murmelte sie ungläubig. Ziemlich genau achtzig Prozent der mehreren Millionen aus der Staatskasse im letzten Jahr flossen jeweils mit zwei Tagen Verzug an AZ Technologies weiter. »Der Hammer! Peter, du bist doch der Größte.« Er schmunzelte kaum merklich, zog die Mappe wieder zu sich und klappte sie zu.
»Big Coal in Arizona betreibt also Subventionsbetrug im großen Stil, und irgendwie hängt der selige Senator O’Sullivan mit drin. Was sagt uns das?«, fragte er mit b e sorgter Miene. Sie waren ein ganzes Stück weiter, aber ihr war noch keineswegs klar, was sie mit der neuen Information anfangen sollte. Etwas lag allerdings auf der Hand. Sie glaubte den Grund von Peters Besorgnis zu kennen und sprach ihn laut aus:
»Wir müssen sehr vorsichtig sein, es sind mächtige Gegner.«
Er nickte, blickte lange unbeweglich durch sie hindurch, dann sagte er plötzlich: »Und genau das reizt mich an der Sache, Marion.«
Sie traute ihren Ohren nicht. Der alte Fuchs wollte sich nun doch mit Big Coal, dem Senat und womöglich dem Staat Arizona anlegen? Weshalb der Sinneswandel? Sie brauchte nicht zu fragen. Seine nächste Bemerkung war Antwort genug:
»Wenn uns Lee O’Sullivan das klare Mandat gibt, die finanziellen Verwicklungen seines Vaters aufzudecken, haben wir die einmalige Chance, diesen Skandal aufzu k lären. Nichts würde mir größeren Spaß machen, als einige der sauberen Damen und Herren auf der Anklagebank zu sehen, und nichts würde unserer Kanzlei mehr Pu b lizität
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