Das Komplott (German Edition)
aber ohne mich.«
»Okay. Denken Sie nur an Gene.«
Cody steckt ihm das Mikro an, und wir bringen uns in Position. Wir haben einen Set aufgebaut, sitzen auf Klappstühlen inmitten von Scheinwerfern und Kabeln. Die Kamera liegt auf meiner Schulter, und für einen Augenblick fühle ich mich wirklich wie ein knallharter investigativer Journalist.
Ich sehe Gwen an. »Hast du die Fotos vergessen? Jetzt aber flott, Gwen!«
Sie schrickt bei meinem harschen Ton zusammen und schnappt sich einen Fotoapparat.
»Nur ein paar Standfotos, Nathan«, sage ich, »dann können wir die Beleuchtung besser abstimmen.«
Er wirkt zuerst irritiert, dann lächelt er Gwen an, die fleißig knipst. Eine Stunde nachdem wir eingetroffen sind, fangen wir an zu filmen. Ich halte einen Stift in der linken Hand und kritzele auf einem Block herum.
Malcolm Bannister war Rechtshänder, nur für den Fall, dass Nathan doch noch misstrauisch wird.
Zum Warmwerden fange ich mit den persönlichen Daten an: Name, Alter, Beruf, Ausbildung, Gefängnis, Vorstrafen, Kinder, Familienstand und so weiter. Einige Male rate ich ihm, lockerer zu sein, etwas zu wiederholen, als wäre es eine ganz normale Unterhaltung. Seine Kindheit – ständige Umzüge, Schulwechsel, das Leben mit seinem großen Bruder Gene, ohne Vater, das schwierige Verhältnis zu seiner Mutter.
»Hören Sie, Reed«, sagt er, als wir darauf kommen, »ich werde nichts Schlechtes über meine Mutter sagen, klar?«
»Natürlich nicht, Nathan. Das war bestimmt nicht meine Absicht.« Dann wechsle ich eilig das Thema. Wir sprechen die Meth-Kultur seiner Jugend an. Nach einigem Zögern redet er mit schonungsloser Offenheit und zeichnet ein deprimierendes Bild einer harten Jugend, die von Drogen, Alkohol, Sex und Gewalt geprägt war. Schon mit fünfzehn Jahren wusste er, wie man Meth herstellt. Zwei seiner Cousins verbrannten bei lebendigem Leib, als ihr in einem Wohnmobil untergebrachtes Labor in die Luft flog. Mit sechzehn landete er zum ersten Mal im Gefängnis. Er brach die Schule ab, und sein Leben geriet völlig aus den Fugen. Mindestens vier seiner Cousins sind wegen Drogenhandels vorbestraft, zwei von ihnen sitzen noch. So schlimm es im Gefängnis auch war, zumindest hat es ihn von Drogen und Alkohol weggebracht. In den fünf Jahren seiner Haft war er trocken und ist nun fest entschlossen, die Finger vom Meth zu lassen. Mit dem Bier ist das eine andere Sache.
Gegen Mittag legen wir eine Pause ein. Die Sonne steht hoch am Himmel, und Slade bereiten die Lichtbedingungen Kopfzerbrechen. Er wandert mit Cody herum und hält nach einem anderen Platz Ausschau.
»Wie lange haben Sie heute Zeit, Nathan?«, frage ich.
»Ich bin der Boss«, sagt er selbstzufrieden. »Ich kann kommen und gehen, wie ich will.«
»Super. Sollen wir noch ein paar Stunden dranhängen?«
»Warum nicht? Wie bin ich?«
»Klasse. Sie haben ein paar Minuten gebraucht, um warm zu werden, aber jetzt läuft es rund, Sie kommen sehr authentisch rüber.«
»Sie sind der geborene Geschichtenerzähler, Nathan«, wirft Gwen ein. Das gefällt ihm. Sie hantiert wieder mit ihrem Make-up-Kit, wischt ihm den Schweiß von der Stirn, fährt mit dem Pinsel über sein Gesicht, berührt ihn, flirtet, zeigt, was sie hat. Er genießt ihre Aufmerksamkeit.
Wir haben Sandwichs und alkoholfreie Getränke mitgebracht, die wir im Schatten einer Eiche neben dem Werkzeugschuppen verzehren. Slade gefällt die Stelle, und wir beschließen, den Set zu verlegen. Gwen fragt Nathan im Flüsterton, ob sie seine Toilette benutzen kann. Ihm ist nicht recht wohl dabei, aber seine Augen hängen an ihren Beinen. Ich gehe ein paar Schritte und tue so, als würde ich mit wichtigen Leuten in Los Angeles telefonieren.
Gwen verschwindet durch die Hintertür im Haus. Später wird sie mir berichten, dass es im Haus zwei Schlafzimmer gibt, von denen aber nur eins möbliert ist, ein Wohnzimmer, das bis auf das Sofa, einen Sessel und einen riesigen HD -Fernseher leer ist, ein Badezimmer, das dringend geputzt werden müsste, eine Küche, in der sich das dreckige Geschirr in der Spüle stapelt und der Kühlschrank nur Bier und Aufschnitt enthält. Eine ausklappbare Treppe führt zum Dachboden. Die Räume sind mit billigem Teppichboden ausgelegt. Es gibt drei Türen – Haustür, Gartentür und die Tür zur Garage –, und alle drei sind mit massiven Sicherheitsriegeln versehen, die eindeutig erst kürzlich angebracht wurden. Eine Alarmanlage scheint nicht vorhanden zu
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