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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sein – über Fenstern und Türen sind weder Tastenfelder noch Sensoren zu entdecken. Im Schlafzimmerschrank befinden sich zwei Gewehre und zwei Schrotflinten. Der Wandschrank im zweiten Schlafzimmer ist bis auf ein Paar schlammverkrustete Jagdstiefel leer.
    Während sie im Haus ist, setze ich mein vorgetäuschtes Telefonat fort und beobachte dabei hinter meiner großen Sonnenbrille Nathan. Er lässt die Rückseite des Hauses nicht aus den Augen, ist nervös, weil Gwen allein drin ist. Slade und Cody verkabeln den Set neu. Als sie zurückkommt, entspannt er sich sichtlich und entschuldigt sich für die Unordnung. Sie säuselt ein paar beruhigende Worte und nimmt sich sein Haar vor. Als alles bereit ist, stürzen wir uns in die Nachmittagsrunde.
    Er erwähnt einen Motorradunfall im Alter von vierzehn Jahren, den ich eine halbe Stunde lang zerpflücke. Dann befassen wir uns mit seiner nicht gerade beeindruckenden beruflichen Laufbahn – Arbeitgeber, Kollegen, Tätigkeiten, Entlohnung, Entlassungen. Zurück zum Drogengeschäft mit Einzelheiten zur Meth-Herstellung, den Personen, die ihn eingeweiht haben, und den notwendigen Zutaten. Liebesbeziehungen, Freundinnen? Er meint, er habe eine junge Cousine geschwängert, als er zwanzig war, wisse aber nicht, was aus Mutter und Kind geworden sei. Bevor er ins Gefängnis kam, habe er eine feste Freundin gehabt, aber die wolle nichts mehr von ihm wissen. So wie der Junge Gwen ansieht, steht er voll unter Strom.
    Er ist dreißig Jahre alt, und abgesehen vom Tod seines Bruders und einer Gefängnisstrafe ist in seinem Leben nichts Bemerkenswertes passiert. Nach drei Stunden Zureden und Nachhaken habe ich ihm alles aus der Nase gezogen, das irgendwie von Interesse sein könnte. Er sagt, er müsse zur Arbeit.
    »Wir wollen uns den Ort ansehen, an dem Gene gestorben ist«, sage ich, als Slade die Kamera ausschaltet und sich die Atmosphäre allgemein entspannt.
    »Das ist in der Nähe von Bluefield, ungefähr eine Stunde von hier«, sagt er.
    »Bluefield, West Virginia?«
    »Genau.«
    »Und was hatten Sie da zu suchen?«
    »Wir hatten eine Lieferung, aber der Käufer war ein Informant.«
    »Das muss ich mir ansehen, Nathan, wir müssen alles durchgehen, die Szene in all ihrer Gewalttätigkeit noch einmal durchspielen, müssen den Augenblick, den Ort, wo Gene erschossen wurde, erfassen. Es war nachts, stimmt’s?«
    »Ja, lange nach Mitternacht.«
    Gwen tupft sein Gesicht mit einem Tuch ab, um die Schminke zu entfernen. »Sie machen sich vor der Kamera ganz toll«, sagt sie leise, und er lächelt.
    »Wann können wir hinfahren?«, frage ich.
    Er zuckt die Achseln. »Mir egal. Von mir aus morgen.«
    Perfekt. Wir verabreden uns für neun Uhr an seinem Haus und wollen von dort im Konvoi durch die Berge nach West Virginia fahren, zu der abgelegenen, verlassenen Mine, an der die Cooley-Brüder in die Falle getappt sind.
    Der Tag mit Nathan ist gut gelaufen. Unsere Beziehung als Filmemacher und Schauspieler stimmt, und manchmal sah es so aus, als wollten er und Gwen sich die Kleider vom Leib reißen und in die Federn springen. Am späten Nachmittag fahre ich mit ihr zum Bombay in der Main Street von Radford, direkt am Universitätscampus, und wir setzen uns an einen Tisch in der Nähe der Dartscheibe. Es ist viel zu früh für die Studenten, aber ein paar grölende Gestalten an der Bar nutzen die Happy-Hour-Preise. Ich lasse Nathan von der Kellnerin ausrichten, dass wir im Lokal sind, und es dauert nur Sekunden, bis er mit einem breiten Lächeln auftaucht. Wir laden ihn ein, sich zu uns zu setzen, was er sich nicht zweimal sagen lässt, und kippen ein Bier nach dem anderen. Gwen hält sich zurück und nippt an einem einzigen Glas Wein, während Nathan und ich unsere Bierchen zischen. Nach und nach trudeln die Studenten ein, und es wird lauter. Ich erkundige mich nach dem Tagesgericht, bei dem es sich laut Schiefertafel um überbackene Austern handelt. Das bestellen wir zweimal, und Nathan verschwindet, um dem Koch Beine zu machen. Wir essen zu Abend und bleiben bis nach Einbruch der Dunkelheit. Wir sind die einzigen Schwarzen in der Kneipe – und die einzigen Gäste über zweiundzwanzig. Nathan sieht ab und zu nach uns, ist aber sehr beschäftigt.

31
    Um neun Uhr am nächsten Morgen finden wir uns erneut bei Nathans Haus ein, wo er auch diesmal im Vorgarten mit seinem Hund spielt, während er auf uns wartet. Ich nehme an, dass er sich draußen mit uns trifft, weil er uns nicht im Haus

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