Das Komplott (German Edition)
kannte, saß den ganzen Tag vor Videospielen und las weder Zeitungen noch Illustrierte. Und er ist von Natur aus auch nicht neugierig genug, sich über Skelter Films oder Cove Creek zu informieren.
»Ich habe jedenfalls großartige Aufnahmen von seinem Studentenzimmer, der Autopsie und Aussagen seiner Familie, aber die führt im Augenblick einen Prozess gegen die DEA . Vielleicht kann ich das Material gar nicht verwenden.«
Unser Essen kommt, und wir bestellen erneut Bier. Nathan reißt das Hähnchenfleisch vom Knochen und wischt sich den Mund mit einer Serviette ab. »Warum interessieren Sie sich so für den Fall meines Bruders?«
»Sagen wir, ich bin neugierig. Ich kenne noch nicht alle Fakten. Ich würde gern Ihre Version der Ereignisse hören und mir die Drogenrazzia am Tatort beschreiben lassen. Meine Anwälte haben gemäß dem Freedom of Information Act Einsicht in die DEA -Unterlagen und die Gerichtsakte beantragt. Wir werden uns die Dokumente vornehmen, aber es ist durchaus möglich, dass die DEA alles vertuscht hat. Das wäre typisch. Sie müssen sich das vorstellen wie bei einem Puzzle, wir setzen Teilchen für Teilchen zusammen und sehen uns gleichzeitig an, wie sich Ihre Familie vor der Kamera macht. Nicht jeder kommt vor der Kamera richtig rüber.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Mutter gut rüberkommt«, sagt er.
»Das wird sich herausstellen.«
»Ich weiß nicht, ob das was wird. Wahrscheinlich will sie nicht. Wenn man Genes Tod erwähnt, das macht sie fertig.« Er leckt sich die Finger ab und greift nach einem weiteren Hähnchenflügel.
»Perfekt. Genau das brauche ich für meinen Film.«
»Wie ist der Zeitplan? Was haben Sie sich vorgestellt?«
Ich beiße von meinem Sandwich ab und kaue eine Weile, während ich überlege. »Vielleicht ein Jahr. Ich möchte die Dreharbeiten gern in den nächsten sechs Monaten abschließen und mir dann noch einmal dieselbe Zeit für Schnitt und Bearbeitung nehmen, vielleicht einige Szenen nachdrehen. An diesen Projekten kann man ewig herumtüfteln und ist doch nie zufrieden. Was Sie angeht, würde ich für den Anfang gern Material für drei oder vier Stunden aufnehmen und das dann nach Miami zu meinen Produzenten und Cuttern schicken. Die sollen Sie sehen, Sie hören, ein Gefühl für die Geschichte und Ihre erzählerischen Fähigkeiten bekommen. Wenn wir uns alle einig sind, werden die Dreharbeiten fortgesetzt.«
»Was habe ich davon?«
»Nichts – nur dass die Wahrheit ans Licht kommt und die Verantwortlichen für den Tod Ihres Bruders entlarvt werden. Überlegen Sie es sich. Wollen Sie nicht, dass diese Dreckskerle des Mordes angeklagt und vor Gericht gestellt werden?«
»Natürlich will ich das.«
Ich beuge mich vor und sehe ihn eindringlich an. »Dann tun Sie es, Nathan. Erzählen Sie mir seine Geschichte. Sie haben nichts zu verlieren und viel zu gewinnen. Erzählen Sie mir vom Drogenhandel, wie er Ihre Familie zerstört hat, wie Gene in die Sache reingerutscht ist, dass das hier in der Gegend ein ganz normaler Job ist, weil es keine andere Arbeit gibt. Sie müssen keine Namen nennen – ich will niemandem Ärger machen.« Ich setze das Glas an und leere mein zweites Bier. »Wo war Gene, als Sie ihn zum letzten Mal gesehen haben?«
»Er lag auf dem Boden, hatte die Hände auf dem Rücken und bekam Handschellen angelegt. Bis dahin war kein einziger Schuss gefallen. Der Deal war geplatzt, die Razzia vorbei. Ich wurde an den Händen gefesselt und abgeführt, dann hörte ich Schüsse. Gene soll einen Beamten überwältigt haben und in den Wald gerannt sein. Blödsinn. Die haben ihn kaltblütig umgebracht.«
»Sie müssen mir seine Geschichte erzählen, Nathan. Bringen Sie mich an den Ort des Geschehens, damit wir das Ganze noch einmal durchspielen können. Die Welt muss erfahren, dass der Staat im Krieg gegen Drogen vor nichts zurückschreckt. Die kennen kein Pardon.«
Er holt tief Luft, um das zu verarbeiten. Ich rede zu viel und zu schnell, deshalb widme ich mich ein paar Minuten lang meinem Sandwich. Die Kellnerin fragt, ob wir noch eine Runde möchten.
»Für mich ja«, sage ich, und Nathan schließt sich schnell an.
Er verputzt einen Hähnchenflügel und leckt sich die Finger ab. »Meine Familie macht Ärger. Deswegen bin ich auch nach Radford gezogen.«
Ich zucke die Achseln, als wäre das sein Problem, nicht meines, aber es wundert mich nicht. »Wenn Sie mitmachen und der Rest der Familie nicht, gibt es dann noch mehr
Weitere Kostenlose Bücher