Das Komplott (German Edition)
beantragen.«
»Sie sind der Anwalt.«
Eine weitere Pause tritt ein, während sich Shiver, auf die Ellbogen gestützt, vorbeugt und Vanessa ansieht. »Ich habe Richter Fawcett gut gekannt. Wir waren nicht direkt befreundet, aber enge Bekannte. Wenn Quinn ihn nicht getötet hat – wissen Sie vielleicht, wer es war?«
Sie schüttelt schon den Kopf. Nein.
Die Polizei fand Nathans Pick-up am späten Dienstagvormittag im Bereich für die allgemeine Luftfahrt am Regionalflughafen Roanoke. Wie erwartet, wurden seine Mitarbeiter im Lokal unruhig, als er am Montag nicht auftauchte, und fingen am späten Nachmittag an herumzutelefonieren. Schließlich setzten sie sich mit der Polizei in Verbindung, die irgendwann den Flughafen absuchte. Da Nathan damit geprahlt hatte, dass er mit einem Privatjet nach Miami fliegen werde, war die Suche nicht schwierig, zumindest nicht, was den Pick-up anging. Dass der Wagen am Flughafen stand, hieß nicht automatisch, dass etwas nicht in Ordnung war, und die Polizei hatte nicht vor, gleich eine Suchaktion zu starten. Eine kurze Überprüfung des Namens förderte das Vorstrafenregister zutage, was keine besonderen Sympathien weckte. Außerdem gab es keine Familie, die Druck machte.
Eine Computersuche und ein paar Telefonate ergaben, dass Nathan den brandneuen Chevy Silverado zwei Monate zuvor bei einem Händler in Lexington, Virginia, gekauft hatte – eine Stunde nördlich von Roanoke an der Interstate 81. Den Verkaufspreis von einundvierzigtausend Dollar hatte er bar bezahlt. Nicht mit einem Barscheck, sondern in Banknoten. Einem eindrucksvollen Bündel Hundert-Dollar-Scheinen.
Nathan hatte einen Goldhändler ausfindig gemacht, aber davon ahnten weder der Autohändler noch die Polizei etwas.
Ich folge seinem Beispiel.
Nach zwei Besuchen im Tresorraum des Palmetto Trust im Süden der Innenstadt von Miami liegen im Kofferraum meines gemieteten Impala immer noch exakt einundvierzig der kostbaren Minibarren mit einem Wert von rund sechshunderttausend Dollar. Einige davon muss ich zu Geld machen, und dazu muss ich mich in die zwielichtige Welt des Goldhandels begeben, wo die Regeln flexibel sind und nach Bedarf angepasst werden, die Akteure verschlagen dreinblicken und mit gespaltener Zunge reden.
Die ersten beiden Händler, die ich in den Gelben Seiten finde, halten mich für einen Polizeibeamten und hängen sofort wieder auf. Der dritte spricht mit Akzent, was, wie ich rasch lerne, in diesem Geschäft nicht ungewöhnlich ist, und will wissen, wie ich in den Besitz eines Zehn-Unzen-Barrens aus reinem Gold gelangt bin.
»Das ist eine lange Geschichte«, sage ich und lege auf.
Nummer vier ist ein kleiner Fisch, der offiziell eine Pfandleihe für Haushaltsgeräte betreibt und inoffiziell Schmuck ankauft. Nummer fünf klingt einigermaßen vielversprechend, will aber natürlich sehen, was ich zu bieten habe. Ich erkläre ihm, dass ich seinen Laden nicht betreten möchte, weil ich etwas gegen Videoaufnahmen habe. Er stutzt und stellt sich wahrscheinlich vor, wie ich ihm mit vorgehaltener Waffe sein Bargeld abnehme. Schließlich verabreden wir uns in einem Eiscafé, das nur zwei Häuser von seinem Geschäft entfernt ist, in einem Einkaufszentrum in einem guten Viertel der Stadt. Er wird eine schwarze Marlins-Kappe tragen.
Eine halbe Stunde später sitze ich vor zwei Kugeln Pistazieneis. Hassan, ein breit gebauter, graubärtiger Syrer, sitzt mir gegenüber und löffelt Schokokuchen. Ein paar Meter weiter liest ein zweiter südländisch wirkender Herr die Zeitung, isst Frozen Yoghurt und wird mich wahrscheinlich erschießen, wenn ich Ärger mache.
Nachdem wir erfolglos versucht haben, Konversation zu machen, schiebe ich einen zerknitterten Umschlag über den Tisch. Er enthält einen einzigen Goldbarren. Hassan sieht sich im Lokal um, aber die einzigen Gäste sind junge Mütter mit Kleinkindern und der andere Syrer. Er nimmt den Minibarren in seine dicken Pratzen, drückt ihn, lächelt, klopft damit vorsichtig gegen die Tischecke und murmelt »Wow!«. Diesmal ist nicht der geringste Akzent zu hören.
Sein schlichter Kommentar ist erstaunlich beruhigend. Mir ist nie der Gedanke gekommen, dass das Gold falsch sein könnte, aber die Bestätigung durch einen Fachmann ist doch sehr erfreulich.
»Gefällt er Ihnen?«, frage ich dümmlich, nur um überhaupt etwas von mir zu geben.
»Sehr schön«, bestätigt er und lässt den Barren in den Umschlag gleiten.
Ich nehme ihn wieder an mich.
»Wie
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