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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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viele?«, fragt er.
    »Sagen wir, fünf Barren, fünfzig Unzen. Der Goldkurs hat gestern bei 1520 Dollar die Unze geschlossen, also …«
    »Ich weiß, was Gold kostet«, unterbricht er mich.
    »Natürlich. Wollen Sie fünf Barren kaufen?«
    So jemand sagt nie Ja oder Nein. Stattdessen wird genuschelt, um den heißen Brei herumgeredet, sich gewunden und geblufft. »Durchaus möglich, das kommt auf den Preis an.«
    »Was können Sie bieten?«, frage ich ohne übertriebenen Eifer. In den Gelben Seiten stehen noch mehr Goldhändler, allerdings wird die Zeit knapp, und ich habe die Telefoniererei satt.
    »Das kommt darauf an, Mr. Baldwin, und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen muss ich in Anbetracht der Umstände davon ausgehen, dass das Gold Schwarzmarktware ist. Ich weiß nicht, wo Sie es herhaben, und will es auch nicht wissen, aber es ist doch sehr wahrscheinlich, dass es dem früheren Besitzer, sagen wir, entwendet wurde.«
    »Spielt es denn wirklich eine Rolle, wo …«
    »Ist dieses Gold auf Sie eingetragen, Mr. Baldwin?«, fragt er in scharfem Ton.
    Ich sehe mich im Café um. »Nein.«
    »Natürlich nicht. Deswegen beträgt der Schwarzmarktabschlag zwanzig Prozent.« Der Mann braucht keinen Taschenrechner. »Ich zahle 1220 Dollar pro Unze«, sagt er leise, aber energisch und beugt sich vor. Sein Bart verdeckt teilweise die Lippen, aber die mit Akzent gesprochenen Worte sind unmissverständlich.
    »Für fünf Barren?«, frage ich.
    »Vorausgesetzt, die anderen vier haben dieselbe Qualität.«
    »Sie sind identisch.«
    »Und Sie haben keine Registrierung, Dokumente, Papiere – nichts. Ist das richtig, Mr. Baldwin?«
    »Das ist richtig, und ich will auch jetzt keine Aufzeichnungen. Ein einfaches Geschäft, Gold gegen Bares, keine Quittungen, keine Papiere, keine Videos, nichts. Ich komme und gehe und verschwinde spurlos wieder.«
    Hassan lächelt und bietet mir die rechte Hand. Ich schlage ein, der Handel ist besiegelt, und wir verabreden uns für den nächsten Morgen um neun Uhr in einem Imbiss auf der anderen Straßenseite, in dessen Nischen wir unbeobachtet zählen können. Ich verlasse das Eiscafé, als hätte ich gerade ein Verbrechen begangen, und rufe mir das Offensichtliche ins Gedächtnis, nämlich dass es nicht gegen das Gesetz verstößt, Gold zu kaufen und zu verkaufen, ob mit Preisabschlag oder zu überzogenen Preisen. Wir handeln weder mit Crack noch mit Insiderinformationen aus Vorstandsbesprechungen. Es handelt sich um eine völlig legitime Transaktion – oder?
    Wer Hassan und mich beobachtet, würde schwören, dass hier zwei Gangster ein zwielichtiges Geschäft aushandeln. Wer wollte es ihnen verübeln? Im Augenblick ist mir das egal.
    Ich gehe Risiken ein, aber ich habe keine Wahl. Hassan ist ein Risiko, doch ich brauche das Geld. Das Gold außer Landes zu schaffen birgt ebenfalls Risiken. Wenn ich es jedoch hierlasse, verliere ich es möglicherweise.
    In den nächsten beiden Stunden decke ich mich bei Discountern ein. Ich erstehe eine kunterbunte Mischung: Backgammonspiele, kleine Werkzeugkästen, gebundene Bücher und drei billige Laptops. Meine Einkäufe schaffe ich in ein Erdgeschosszimmer in einem Motel südlich des Stadtteils Coral Gables und verbringe den Rest der Nacht mit Basteln, Packen und kaltem Bier.
    Aus den Laptops entferne ich Festplatten und Akkus, die ich durch drei meiner Barren ersetze. In jedes Buch stopfe ich einen in Zeitungspapier und Alufolie eingewickelten Barren und verklebe alles fest mit Isolierband. Aus den Werkzeugkästen entnehme ich alles bis auf Hammer und Schraubenzieher. Vier Minibarren finden problemlos in jedem Kasten Platz. Die Backgammonschachteln können zwei Barren aufnehmen, ohne dass sie sich verdächtig anfühlen. Mit Material von FedEx, UPS und DHL verpacke ich meine Ware, während die Stunden verstreichen und ich in meiner eigenen Welt versinke.
    Zweimal rufe ich Vanessa an, und wir erzählen uns gegenseitig unseren Tagesablauf. Sie macht in Richmond dasselbe wie ich hier. Wir sind beide körperlich und mental erschöpft, aber wir feuern uns gegenseitig an. Jetzt dürfen wir nicht nachlässig oder unvorsichtig werden.
    Um Mitternacht bin ich fertig und bewundere meine Arbeit. Auf dem Sideboard liegt ein Dutzend Express-Pakete, alle ordentlich zugeklebt und für Luftfracht freigemacht, sehr professionell, kein bisschen verdächtig – und mit einem Inhalt von insgesamt zweiunddreißig Minibarren im Wert von rund fünfhunderttausend

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