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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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und dann zum Lächeln bringt. Es handelt sich um eine Kiste Lavos, obskure Zigarren, die in Honduras handgerollt werden und in den Staaten das Doppelte kosten. Der zehn Zentimeter lange Torpedo kostet in Antigua fünf Dollar und bei Vandy’s Smokes, einem Tabakladen in der Innenstadt von Roanoke, zehn. Dort kaufte Richter Fawcett regelmäßig seine Lieblingsmarke. Auf vier der vierzehn Lavo-Kisten, die wir gegenwärtig in Bankdepots liegen haben, klebt an der Unterseite ein eckiger weißer Sticker mit Telefonnummer und Adresse von Vandy’s Smokes.
    Ich erstehe zwanzig Lavo-Torpedos und bewundere die Kiste. Sie ist aus Holz, nicht aus Pappe, und der Name sieht aus, als wäre er von Hand in die Oberseite geschnitzt. Richter Fawcett ließ sich bekanntermaßen gern in seinem Kanu auf dem Lake Higgins treiben, paffte eine Lavo, angelte und genoss die Einsamkeit. Offenbar hatte er die Zigarrenkisten aufbewahrt.
    Die Kreuzfahrtschiffe sind noch nicht eingetroffen, daher ist es in der Innenstadt ruhig. Die Geschäftsleute sitzen im Schatten vor ihren Läden, lachen und unterhalten sich in britischem Englisch, das sie mit einem charmanten, singenden Akzent sprechen. Ich schlendere von Geschäft zu Geschäft und vergesse dabei die Zeit. Eine gewaltige Umstellung: von der lähmenden Langeweile des Lebens im Gefängnis über die hektische Suche nach einem Mörder zum gemächlichen Tempo einer Karibikinsel. Letzteres ist mir am liebsten, aus offensichtlichen Gründen, aber auch weil es jetzt geschieht, meine Gegenwart und meine Zukunft ist. Max ist ein neuer Mensch mit einem neuen Leben, und der Ballast bleibt zunehmend am Wegesrand zurück.
    Ich erstehe einige Kleidungsstücke, Shorts und T-Shirts, Strandsachen, dann suche ich meine Bank auf, die Royal Bank of the East Caribbean, und flirte mit dem hübschen Mädchen am Empfang. Sie reicht mich an die nächste Sachbearbeiterin weiter, bis ich schließlich bei der für den Tresorraum Zuständigen lande. Sie prüft meinen Pass und führt mich in die Tiefen der Bank. Bei meinem ersten Besuch vor neun Wochen habe ich zwei der größten verfügbaren Schließfächer gemietet. Als ich allein bin, deponiere ich Bargeld und wertlose Papiere, während ich mich frage, wie lange es dauern wird, bis die Schließfächer mit kleinen Goldbarren gefüllt sind. Auf dem Weg nach draußen flirte ich wieder mit den Angestellten und kündige einen baldigen weiteren Besuch an.
    Ich miete für einen Monat ein Beetle Cabrio, öffne das Verdeck, zünde mir eine Lavo an und gehe auf Erkundungsfahrt. Nach ein paar Minuten wird mir schwindelig. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal eine Zigarre geraucht habe, und weiß auch nicht so recht, warum ich es jetzt tue. Die Lavo ist kurz, schwarz und sieht höllisch stark aus. Ich werfe sie aus dem Fenster und fahre weiter.
    FedEx macht das Rennen. Die ersten Pakete treffen am Montag gegen Mittag ein, und weil ich nervös auf dem Gelände von Sugar Cove umherstreife, sehe ich den Lkw vorfahren. Miss Robinson, die nette Dame im Büro, hat inzwischen meine Tarngeschichte zu hören bekommen. Ich bin Schriftsteller/Filmemacher und habe mich hier verkrochen, um in den nächsten drei Monaten intensiv an einem Roman und dem darauf basierenden Drehbuch zu arbeiten, die dringend fertig werden müssen. In der Zwischenzeit filmen meine Partner bereits die ersten Szenen. Bla, bla, bla. Daher erwarte ich rund zwanzig Express-Pakete aus Miami: Manuskripte, Rechercheunterlagen, Videos, ja sogar Geräte. Sie ist sichtlich beeindruckt.
    Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich nicht mehr lügen muss.
    In meinem Bungalow öffne ich die Kisten. Einem Backgammonspiel entnehme ich zwei Barren, einem Werkzeugkasten vier, einem Roman mit festem Einband einen und einem zweiten Backgammonspiel noch einmal zwei. Insgesamt sind es neun, und alle scheinen ihre Reise von Miami nach Antigua unbeschadet überstanden zu haben. Ich frage mich oft, welche Geschichte sie hinter sich haben. Wer hat das Gold geschürft? Auf welchem Kontinent? Wer die Barren geprägt? Wie sind sie in die USA gelangt? Und so weiter. Ich werde nie eine Antwort auf diese Fragen bekommen.
    Ich flitze nach St. John’s und deponiere die kostbaren Barren in der Royal Bank of the East Caribbean.
    Meine zweite E-Mail an die Herren Westlake und Mumphrey lautet wie folgt:
    Hallo, Leute,
    ich bin’s wieder. Ich finde es gar nicht nett, dass Sie nicht auf meine E-Mail von vor zwei Tagen geantwortet

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