Das Komplott (German Edition)
ich in der Bücherei einen Reiseführer versteckt, ein dickes Nachschlagewerk mit Dutzenden Farbfotos, Tipps für Unternehmungen und einer kurzen Geschichte aller Inseln. Ich träumte davon, eines Tages frei durch die Karibik zu streifen, mich allein mit Vanessa an Bord eines kleinen Segelboots von Insel zu Insel treiben zu lassen und die vollkommene und uneingeschränkte Freiheit zu genießen. Ich kann nicht segeln und habe noch nie ein Boot besessen, aber das war Malcolm. Max beginnt mit dreiundvierzig ein neues Leben, und wer sollte ihn daran hindern, sich ein Schiff zu kaufen, segeln zu lernen und sich den Rest seines Lebens von einem Strand zum anderen treiben zu lassen?
Das Flugzeug ruckelt leicht, als die Triebwerksleistung verringert wird. Ich sehe, wie der Kapitän Schub wegnimmt, um den langen Landeanflug einzuleiten. In der Tür befindet sich ein kleines Kühlfach, aus dem ich mir ein Bier nehme. Weit unter uns liegen Nevis und St. Kitts. Die beiden Inseln haben ebenfalls attraktive Bankgesetze, und ich hatte sie kurz in Erwägung gezogen, damals in Frostburg, wo ich reichlich Zeit für meine Recherche hatte. Die Cayman Islands waren auch in der Auswahl, bis ich hörte, dass sie mittlerweile völlig zugebaut sind. Die Bahamas liegen zu nah an Florida, es wimmelt dort geradezu von amerikanischen Beamten. Puerto Rico ist ein amerikanisches Außengebiet und kam daher nie infrage. St. Bart’s erstickt im Verkehr. Auf den amerikanischen Jungferninseln ist die Kriminalität zu hoch. Auf Jamaika sitzt Nathan. Für Antigua als erste Operationsbasis habe ich mich entschieden, weil die Insel fünfundsiebzigtausend Einwohner hat, die fast alle schwarz sind wie ich, sie ist also nicht übervölkert, aber auch nicht zu dünn besiedelt. Die Landschaft ist gebirgig, und es gibt dreihundertfünfundsechzig Strände, einen für jeden Tag des Jahres, so heißt es zumindest in Broschüren und auf Websites. Die dortigen Banken sind für ihre Flexibilität bekannt und drücken schon mal ein Auge zu. Und sollte mir die Insel aus irgendeinem Grund nicht mehr zusagen, werde ich mich dort nicht weiter aufhalten. Dafür gibt es zu viele andere Orte, die ich noch nicht kenne.
Wir setzen hart auf der Landebahn auf und kommen mit kreischenden Bremsen zum Stehen. Der Kapitän dreht sich um und sieht mich entschuldigend an. Piloten legen Wert auf eine sanfte Landung, und wahrscheinlich ist es ihm peinlich. Dabei ist mir das vollkommen gleichgültig. Im Augenblick interessiert mich nur, dass ich sicher aus dem Flugzeug und ins Land komme. Am Privatterminal stehen zwei weitere Jets, und glücklicherweise ist gerade eine große Maschine gelandet. Mindestens zehn Amerikaner in Shorts und Sandalen streben dem Gebäude zu, um die Formalitäten zu erledigen. Ich trödele so lange herum, bis ich unauffällig im Strom mitschwimmen kann. Während die Grenz- und Zollbeamten ihre Routineüberprüfung vornehmen, stelle ich fest, dass es für Privatpassagiere und ihr Gepäck keine Scanner gibt. Hervorragend! Ich verabschiede mich von den Piloten. Draußen vor dem kleinen Gebäude warte ich, bis die anderen Amerikaner in einen wartenden Van gestiegen und losgefahren sind. Dann setze ich mich auf eine Bank, bis ein Taxi kommt.
Die Wohnanlage befindet sich in Willoughby Bay, zwanzig Minuten vom Flughafen entfernt. Ich sitze hinten im Taxi und lasse mir durch das geöffnete Fenster die warme, salzige Luft ins Gesicht wehen, während wir uns einen Berg emporschlängeln und auf der anderen Seite wieder hinunterfahren. In der Ferne liegen Dutzende kleine Boote in einer Bucht auf dem spiegelglatten blauen Wasser vor Anker.
Mein möblierter Zwei-Zimmer-Bungalow gehört zu einer Anlage identischer Ferienhäuser, nicht direkt am Meer, aber so nah, dass ich hören kann, wie sich die Wellen am Strand brechen. Der Mietvertrag lautet auf meinen aktuellen Namen und läuft drei Monate, bezahlt wurde mit einem Scheck von Skelter Films. Ich marschiere durch das Eingangstor zur Wohnanlage Sugar Cove. Die nette Dame im Büro gibt mir den Schlüssel und eine Broschüre mit allem Wissenswerten zu meinem Häuschen. Ich schließe die Tür auf, schalte Ventilatoren und Klimaanlage ein und inspiziere die Zimmer. Fünfzehn Minuten später schwimme ich im Meer.
Um 17.30 Uhr versammelten sich Stanley Mumphrey und zwei seiner Untergebenen um die Sprechanlage auf dem Konferenztisch. Binnen Sekunden meldete sich Victor Westlake.
»Und, was halten Sie davon, Mr. Mumphrey?«,
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