Das Komplott (German Edition)
bundesstaatlichen Gericht – hat schon den Mumm, auf solch fantastisches Beweismaterial zu verzichten, nur weil sich die Polizei nicht an die Regeln gehalten hat? Nein, überrascht war ich nicht.«
»Seit wann vertraten Sie schon Mandanten in Verfahren, die von Richter Fawcett geleitet wurden?«
»Seit dem Tag seiner Ernennung vor zwanzig Jahren. Ich kannte ihn gut.«
»Können Sie sich vorstellen, dass er bestechlich war?«
»Dass er Geld für ein Urteil zugunsten des Angeklagten genommen hat?«
»Und für ein reduziertes Strafmaß.«
Arnold schlug die Beine übereinander, legte einen Straußenlederstiefel auf ein Knie und verschränkte die Hände unter dem Bauch.
»Ich habe Richter himmelschreiende Entscheidungen treffen sehen, aber normalerweise aus Dummheit oder Faulheit. Nein, Mr. Westlake, ich glaube nicht, dass Richter Fawcett oder sonst ein Staats- oder Bundesrichter im Commonwealth of Virginia eine Bestechung annehmen würde – weder in bar noch sonst irgendwie. Ich habe gesagt, mich wundert gar nichts mehr, aber das stimmt nicht. Solch einen Bestechungsfall finde ich unvorstellbar.«
»Würden Sie sagen, dass Richter Fawcett als besonders integer galt?«
»Nein, das würde ich nicht sagen. In seinen ersten Jahren als Richter war er ganz in Ordnung, aber dann veränderte er sich und setzte nur noch auf Härte. Meine Mandanten waren alle eines Verbrechens angeklagt worden, aber sie waren nicht alle Verbrecher. Fawcett sah das anders. Er hatte überhaupt keine Skrupel, einen Menschen für zwanzig Jahre hinter Gitter zu schicken. Er war immer aufseiten der Staatsanwaltschaft und der Polizei, das ist für mich keine Integrität.«
»Aber Geld nahm er nicht?«
»Meines Wissens nicht.«
»Wir stehen vor einem Dilemma, Mr. Arnold. Wenn Quinn Rucker die Wahrheit sagt – wie hat er das Geld an Fawcett weitergegeben? Ein junger Mann, der sich vielleicht auf den Straßen von Washington auskennt, Fawcett aber nie begegnet ist. Irgendwo muss es einen Mittelsmann gegeben haben. Ich behaupte nicht, dass Sie das sind, und es gibt keine Hinweise darauf, dass Sie in diese Geschichte verwickelt sind. Aber Sie wissen, wie das läuft. Wie wurden die fünfhunderttausend Dollar übergeben?«
Arnold schüttelte den Kopf. »Wenn es um Bestechung geht, weiß ich nicht, wie es läuft, ist das klar? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie solche Unterstellungen unterlassen würden. Sie reden mit dem Falschen.«
»Ich kann mich nur wiederholen: Ich will Ihnen weder etwas unterstellen noch Anschuldigungen erheben.«
»Klingt aber ganz so.« Arnold erhob sich langsam und streckte die Hand nach dem Aufnahmegerät aus. »Für mich ist das Gespräch beendet.«
»Aber das ist doch nicht nötig, Mr. Arnold.«
Arnold griff nach dem Aufnahmegerät und ließ es in seiner Tasche verschwinden. »War mir ein Vergnügen«.
Damit riss er die Tür auf und verschwand im Gang.
Um die Zeit, als Victor Westlake und seine Beamten Arnolds Büroräume verließen, betrat Dee Ray Rucker auf der anderen Seite der Church Street eine andere Rechtsanwaltskanzlei.
Quinn war am vorangegangenen Mittwochabend verhaftet worden und hatte die ersten zehn Stunden seines Gewahrsams im Vernehmungszimmer verbracht. Nachdem er vor laufender Kamera gestanden hatte, wurde er in das städtische Gefängnis von Norfolk gebracht und in eine Einzelzelle gesteckt, wo er zwölf Stunden lang durchschlief. Erst am Samstagvormittag wurden ihm Telefonate gestattet, und es dauerte fast den ganzen Tag, bis er ein Familienmitglied erreicht hatte, das mit ihm reden wollte. Am frühen Samstagabend wurde Quinn von Norfolk nach Roanoke gebracht, eine Fahrt von viereinhalb Stunden.
Sobald Dee Ray klar wurde, dass sein älterer Bruder wegen Mordes an einem Bundesrichter im Gefängnis saß, begann er, hektisch nach einem Anwalt zu suchen, der den Fall übernehmen wollte. Mehrere Strafverteidiger in Washington und Virginia lehnten ab. Bis zum späten Samstagabend hatte er jedoch ein weiteres Original aus Roanoke aufgetrieben, einen gewissen Dusty Shiver, der sich bereit erklärte, Quinn in der Anfangsphase des Verfahrens zu vertreten, sich jedoch das Recht vorbehielt, das Mandat niederzulegen, wenn ein Verhandlungstermin unmittelbar bevorstand. Aus verständlichen Gründen legte die örtliche Anwaltschaft keinen gesteigerten Wert auf die Vertretung eines Mannes, der beschuldigt wurde, einen Richter in solch überragender Position beseitigt zu haben.
Dusty Shiver war früher in
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