Das Komplott (German Edition)
So dumm ist Quinn nicht. Der würde sich nie auf ein Verhör einlassen.«
»Hat er jemals einen Menschen getötet?«
»Nicht dass ich wüsste. Dafür haben wir unsere Leute.«
»Warum ist er aus dem Gefängnis ausgebrochen?«
»Waren Sie schon mal im Gefängnis?«
»Nein.«
»Ich auch nicht, aber ich kenne jede Menge Leute, die im Knast waren. Jeder will raus.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Shiver. »Haben Sie schon mal von einem gewissen Malcolm Bannister gehört?«
»Nein.«
»Quinn sagt, die beiden hätten gemeinsam in Frostburg gesessen und Bannister stecke hinter den Anschuldigungen, er sei mit Bannister befreundet gewesen und sie hätten sich ausführlich über Richter Fawcett und dessen schmutzige Machenschaften unterhalten. Er ist unglaublich sauer auf den Mann.«
»Wann kann ich meinen Bruder sehen?«
»Erst am Samstag zu den regulären Besuchszeiten. Ich bringe ihm heute Nachmittag eine Kopie der Anklageschrift ins Gefängnis. Wenn Sie wollen, kann ich ihm etwas ausrichten.«
»Sagen Sie ihm, er soll den Mund halten.«
»Dafür ist es wohl zu spät.«
20
Die Details sind vage, und dabei wird es vermutlich bleiben. Pat Surhoff ist bereit zuzugeben, dass die Klinik Teil des Militärkrankenhauses in Fort Carson ist, aber das ließe sich auch schlecht leugnen. Er hält sich bedeckt, erklärt mir nur, die Klinik sei auf radikale kosmetische Korrekturen spezialisiert und werde von mehreren Bundesbehörden genutzt. Die plastischen Chirurgen gehörten zu den besten ihrer Zunft und hätten viele Gesichter bearbeitet, die ohne eine solch durchgreifende Umgestaltung weggepustet worden wären. Ich frage hartnäckig nach, um ihn ein bisschen zu ärgern, aber viel mehr ist nicht aus ihm herauszuholen. Nach der Operation werde ich mich hier zwei Monate lang erholen, bevor ich verlegt werde.
Meinen ersten Termin habe ich bei einer Psychotherapeutin, die feststellen soll, ob ich gefestigt genug bin, um eine solch aufwühlende Erfahrung wie einen Namenswechsel und ein neues Gesicht unbeschadet zu überstehen. Sie ist freundlich und verständnisvoll, und ich überzeuge sie mühelos davon, dass ich die Veränderung gar nicht erwarten kann.
Die zweite Besprechung führe ich mit zwei Ärzten – beides Männer – und einer Krankenschwester. Die Frau soll mein künftiges Äußeres aus weiblicher Sicht beurteilen. Ich merke schnell, dass die drei ihr Geschäft verstehen. Mit einer ausgeklügelten Software können sie praktisch jede Änderung an meinem Gesicht vornehmen. Die Augen sind am wichtigsten, das sagen sie immer wieder. Wenn man die Augen verändert, verändert man alles. Die Nase müsste ein wenig markanter werden. Die Lippen lassen wir am besten, wie sie sind. Etwas Botox in den Wangenfalten zur Abrundung. Der Kopf wird kahl rasiert, und dabei sollte es auch bleiben. Fast zwei Stunden lang tüfteln und fummeln wir am neuen Gesicht von Max Baldwin herum.
In den Händen weniger erfahrener Ärzte hätte das ein beängstigendes Erlebnis werden können. In den letzten fünfundzwanzig Jahren, seit ich erwachsen bin, habe ich im Grunde immer gleich ausgesehen, mit meinem von meinen Genen bestimmten Gesicht, das mit den Jahren verwittert, aber glücklicherweise nicht von Wunden oder Verletzungen gezeichnet ist. Es ist ein nettes, seriöses Gesicht, das mir treue Dienste geleistet hat, und mich plötzlich für immer davon zu trennen ist ein schwerer Schritt. Meine neuen Freunde meinen, man müsse gar nichts ändern, nur ein paar Verbesserungen vornehmen. Hier ein wenig schneiden, dort ein wenig raffen, ein bisschen straffen und begradigen, und – voilà! – schon haben wir eine neue Version meiner selbst, die genauso attraktiv ist wie die alte und weniger riskant. Ich beteuere, dass mir Sicherheit viel wichtiger ist als Eitelkeit, und sie pflichten mir eifrig bei. Das haben sie schon oft gehört. Ich frage mich unwillkürlich, wie viele Informanten, Spitzel und Spione sie bereits bearbeitet haben. Hunderte, sonst wäre das Team nicht so eingespielt.
Während auf dem großen Computermonitor mein neues Äußeres entsteht, diskutieren wir engagiert die passenden Accessoires, und die drei sind ganz außer sich, als Max eine runde Schildpattbrille bekommt.
»Das ist es!«, sagt die Krankenschwester entzückt, und ich muss zugeben, dass Max damit viel intelligenter und hipper aussieht. Wir experimentieren eine volle halbe Stunde lang mit verschiedenen Schnurrbartvarianten, bis wir den Gedanken vollständig
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