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Das Komplott (German Edition)

Das Komplott (German Edition)

Titel: Das Komplott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ich stehe zwei Stunden lang auf einer Galerie und beobachte das Kommen und Gehen. Ich gehöre jetzt dazu, bin ein freier Mann, und bald kann ich mir selbst am Schalter ein Ticket kaufen und fliegen, wohin ich will.
    Um 18.10 Uhr gehen wir an Bord eines Direktflugs nach Denver. Das Zeugenschutzprogramm hat uns ein Upgrade verschafft, und Pat und ich sitzen Seite an Seite auf Kosten der Steuerzahler in der ersten Klasse. Ich nehme ein Bier, er ein Gingerale. Das Abendessen besteht aus Brathähnchen mit Soße, und die meisten Passagiere essen es wahrscheinlich, um irgendwas im Bauch zu haben. Für mich ist es ein Gourmetmahl. Ich gönne mir ein Glas Pinot noir, mein erster Schluck Wein seit vielen Jahren.
    Nachdem Victor Westlake und sein Gefolge die Pressekonferenz verlassen hatten, fuhren sie vier Straßen weiter Richtung Innenstadt zur Kanzlei von Jimmy Lee Arnold. Sie stellten sich am Empfang vor, wo sie bereits erwartet wurden. Wenige Minuten später führte die Rezeptionistin sie durch einen schmalen Gang in ein großes Besprechungszimmer und bot ihnen Kaffee an. Sie lehnten dankend ab.
    Arnold galt als Institution in der Welt der Strafverteidigung von Roanoke, war ein Veteran des Drogen- und Prostitutionskriegs und seit zwanzig Jahren im Geschäft. Vier Jahre zuvor hatte er Jakeel Staley, Quinn Ruckers Neffen, vertreten. Wie so viele einsame Wölfe, die am Rande der Legalität arbeiteten, war Arnold ein Original. Langes graues Haar, Cowboystiefel, beringte Finger, rote Lesebrille auf der Nase. Obwohl er dem FBI misstraute, hieß er die Beamten auf seinem Terrain willkommen. Es waren nicht die ersten Vertreter des FBI , die ihn aufsuchten; im Laufe der Jahre waren viele zu ihm gekommen.
    »Jetzt haben Sie also Ihre Anklage«, sagte er, nachdem sie sich vorgestellt hatten. Victor Westlake fasste das Verfahren gegen Quinn Rucker mit wenigen Worten zusammen.
    »Sie haben vor einigen Jahren seinen Neffen Jakeel Staley vertreten, stimmt’s?«
    »Das ist richtig«, bestätigte Arnold. »Aber Quinn Rucker bin ich nie begegnet.«
    »Ich nehme an, die Familie, besser gesagt die Organisation hat Sie für die Vertretung des Jungen engagiert.«
    »So in der Art. Ich wurde privat beauftragt, nicht vom Gericht ernannt.«
    »Mit wem aus der Familie hatten Sie zu tun?«
    Arnolds Stimmung schlug um. Er griff in eine Jackentasche und zog ein kleines Aufnahmegerät heraus. »Nur zur Sicherheit«, sagte er, während er einen Knopf drückte. »Das möchte ich gern protokollieren. Sie sind zu dritt, und ich bin allein. Da würde ich gern Missverständnisse vermeiden. Irgendwelche Einwände?«
    »Nein«, erwiderte Westlake.
    »Gut. Sie wollten wissen, welches Familienmitglied mich mit der Vertretung von Jakeel Staley beauftragt hat?«
    »Richtig.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das beantworten kann. Anwaltliche Schweigepflicht und so. Vielleicht sagen Sie mir erst einmal, warum Sie das interessiert?«
    »Selbstverständlich. Quinn Rucker hat ein Geständnis abgelegt. Angeblich hat er Richter Fawcett getötet, weil der Bestechungsgeld angenommen und seinen Teil der Vereinbarung nicht eingehalten hat. Rucker behauptet, die Organisation habe Fawcett fünfhunderttausend Dollar in bar bezahlt, damit er die bei der Durchsuchung gefundene Wagenladung Kokain als Beweis ausschließt.« Westlake legte eine Pause ein und beobachtete Arnold aufmerksam.
    Dessen Augen gaben nichts preis. Schließlich zuckte er die Achseln. »Und?«
    »Wissen Sie etwas über die Bestechung?«
    »Wenn ich davon wüsste, wäre das eine Straftat. Sie halten mich also für dumm genug, mich selbst einer Straftat zu bezichtigen. Das empfinde ich als Beleidigung.«
    »Nicht doch, Mr. Arnold. Ich beschuldige Sie keineswegs.«
    »Belastet Quinn Rucker mich wegen der Bestechung?«
    »Bisher hält er sich bedeckt und sagt nur, der Mittelsmann sei ein Anwalt gewesen.«
    »Einer kriminellen Vereinigung dieser Art stehen mit Sicherheit jede Menge Anwälte zur Verfügung.«
    »Durchaus möglich. Waren Sie überrascht, als Richter Fawcett dem Antrag auf Ausschluss nicht stattgab?«
    Arnold grinste und verdrehte die Augen. »Mich wundert gar nichts mehr. Der Verfassung zufolge war die Durchsuchung unrechtmäßig und das Beweismaterial, hundertfünfzig Kilo reines Kokain, hätte ausgeschlossen werden müssen. Dafür braucht man Rückgrat, und das ist, vor allem bei großen Drogenprozessen, selten geworden. Welcher Richter – gleich ob an einem einzelstaatlichen oder an einem

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