Das Komplott (German Edition)
derselben Kanzlei wie Jimmy Lee Arnold tätig gewesen und ein ganz ähnlicher Typ. Die meisten Anwaltssozietäten – gleich welcher Größe – gehen auseinander, weil es Streit ums Geld gibt. Arnold war einmal um sein Honorar gebracht worden, hatte seinen Partnern die Schuld gegeben und war auf die andere Straßenseite gezogen.
Shiver hatte am frühen Montagmorgen im Gefängnis eine Stunde mit Quinn reden können, bevor die Anklageerhebung bekannt gegeben wurde. Er war überrascht zu hören, dass sein Mandant bereits gestanden hatte. Quinn behauptete eisern, er sei genötigt, manipuliert, unter Druck gesetzt und bedroht worden, und das Geständnis sei falsch. Vom Gefängnis aus fuhr Dusty zur Staatsanwaltschaft und ließ sich eine Kopie der Anklageschrift geben. Die studierte er gerade, als seine Sekretärin über die Sprechanlage Mr. Dee Ray Rucker ankündigte.
Wer die beiden nebeneinander sah, hätte eher Shiver mit dem langen grauen Haar, der verblichenen Jeans und der roten Lederweste für einen Drogenhändler gehalten als Dee Ray, der in seinem Zegna-Anzug viel mehr wie ein Anwalt aussah. Die Begrüßung in Shivers engem Büro fiel eher zurückhaltend aus. Zunächst ging es um den Vorschuss, und Dee Ray öffnete seinen Prada-Aktenkoffer und holte fünfzigtausend Dollar in bar heraus, die Shiver zählte und in einer Schublade verschwinden ließ.
»Wissen Sie, dass er bereits gestanden hat?«, fragte Shiver, während er das Geld wegsteckte.
»Er hat was?« Dee Ray war schockiert.
»Ja, er hat gestanden. Offenbar hat er eine schriftliche Aussage unterschrieben, mit der er die Morde gesteht, und es soll auch eine Videoaufnahme existieren. Eigentlich müsste er es doch besser wissen.«
»Allerdings. Wir reden nie mit der Polizei, niemals. Quinn würde nie freiwillig etwas gestehen, da könnte er noch so schuldig sein. So arbeiten wir nicht. Wenn ein Polizeibeamter auftaucht, rufen wir einen Anwalt.«
»Er sagt, die Vernehmung habe die ganze Nacht gedauert, er habe auf seine Rechte verzichtet, zwar mehrfach nach einem Anwalt gefragt, aber die beiden FBI -Beamten hätten ihn einfach nicht in Ruhe gelassen. Sie hätten ihn reingelegt, ihn verwirrt, bis er Halluzinationen bekam. Er habe gar nicht mehr aufhören können zu reden. Ihm wurde gesagt, er werde des zweifachen Mordes angeklagt und die gesamte Familie mit ihm, weil es sich um organisierte Kriminalität handle. Offenbar wurde ihm eingeredet, die Beamten könnten ihm helfen, die Familie von Richter Fawcett sei gegen die Todesstrafe und so. Nachdem sie ihn stundenlang bearbeitet hatten, sei er so fertig gewesen, dass er ihnen erzählte, was sie hören wollten. Er sagt, seine Erinnerung sei lückenhaft, er sei einfach zu erschöpft gewesen. Als er aufwachte und sich zu erinnern versuchte, sei ihm alles vorgekommen wie ein Traum – ein böser Traum. Erst nach mehreren Stunden sei ihm klar geworden, was er angerichtet hatte, aber selbst jetzt könne er sich nicht an alles erinnern.«
Dee Ray hörte wortlos zu, es hatte ihm die Sprache verschlagen.
Dusty war noch nicht fertig. »Er weiß noch, dass die FBI -Beamten behaupteten, es gebe ein Ballistikgutachten, mit dem sich eine seiner Waffen dem Tatort zuordnen ließe, und es sei irgendein Stiefelabdruck gefunden worden. Außerdem hätten ihn Zeugen zur Zeit der Morde in der Nähe des Tatorts gesehen. Das klingt jedoch alles sehr vage.«
»Wann können Sie sich das Geständnis ansehen?«
»Ich werde so bald wie möglich mit dem Bundesanwalt sprechen, aber das zieht sich hin. Es kann Wochen dauern, bis ich das schriftliche Geständnis und das Video oder anderes Beweismaterial, das im Prozess verwendet werden soll, bekomme.«
»Wieso wurde die Vernehmung überhaupt fortgesetzt, wenn er einen Anwalt verlangt hat?«
»Das ist die große Frage. Normalerweise behaupten die Beamten in solchen Fällen, der Beschuldigte habe auf seine Rechte verzichtet und keinen Anwalt verlangt. Sein Wort gegen ihres. In einer so wichtigen Sache können Sie darauf wetten, dass die FBI -Beamten Stein und Bein schwören werden, dass Quinn einen Anwalt nie auch nur erwähnt hat. Genauso wie sie beschwören werden, dass sie ihn nie bedroht oder belogen haben, dass sie ihm nie einen Deal versprochen haben. Die haben ihr Geständnis, jetzt werden sie versuchen, objektive Beweise zu finden, die die Anklage untermauern. Wenn das nicht klappt, bleibt ihnen nur das Geständnis.«
»Reicht das?«
»O ja.«
»Ich kann das nicht glauben.
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