Das Komplott (German Edition)
war es doch eher unbefriedigend. Natürlich nur bis zum Mord an Richter Fawcett und Ms. Clary. Mit einem Schlag erhielt Mumphreys Karriere eine völlig neue Bedeutung. Er war für die heißeste Sache im Land zuständig und wollte – wie die meisten Bundesanwälte – so viel wie möglich für sich herausholen.
Die Runde war als Pressekonferenz angekündigt, obwohl keine der offiziellen Stellen vorhatte, irgendwelche Fragen zu beantworten. Es war eine Showveranstaltung, nicht mehr und nicht weniger. Ein sorgfältig orchestrierter Akt, um zum einen das Ego zu pflegen und zum anderen die Öffentlichkeit – und vor allem die potenziellen Geschworenen – darüber zu informieren, dass das FBI seinen Mann hatte: Quinn Rucker.
Um neun Uhr war das Rednerpult gespickt mit tragbaren Mikrofonen, die den Schriftzug der entsprechenden Fernseh- und Rundfunksender trugen. Im Gerichtssaal wimmelte es nur so von Journalisten aller Art. Männer mit klobigen Kameras traten sich gegenseitig auf die Füße und kämpften unter den wachsamen Blicken der Gerichtsdiener um die beste Position.
In der Strafprozessordnung und der Rechtsprechung zum Strafverfahren steht weder auf einzelstaatlicher noch auf bundesstaatlicher Ebene irgendwo geschrieben, dass der Überweisungsbeschluss der Anklagejury öffentlich bekannt gegeben werden müsste. Tatsächlich ist das so gut wie nie der Fall. Wenn die Anklagejury beschlossen hat, die Anklage an das Gericht weiterzuleiten, wird dieser Beschluss in der Geschäftsstelle offiziell registriert und schließlich dem Angeklagten zugestellt. Die Anklage repräsentiert nur eine Seite der Sache – die der Staatsanwaltschaft. Sie enthält nichts, was als Beweis gilt, in der Verhandlung bekommen die Geschworenen sie noch nicht einmal zu Gesicht. Die Anklagejury hört nur die Seite der Staatsanwaltschaft.
Manchmal ist eine Anklage jedoch so spannend und wichtig, besitzt einen solchen Unterhaltungswert, dass man sie nicht einfach durch das System laufen lassen will. Sie wird öffentlich gemacht – von denen, die alles getan haben, um den Straftäter zu fassen und zur Verantwortung zu ziehen. Stanley Mumphrey war an der Verhaftung von Quinn Rucker in keiner Weise beteiligt, aber definitiv der Mann, der ihn vor Gericht bringen würde. In der Hackordnung der Bundesbehörden stand ein Bundesanwalt weit über einem einfachen FBI -Beamten, daher war es Mumphreys Veranstaltung. Wie üblich würde er das Rampenlicht (wenn auch widerwillig) mit dem FBI teilen.
Um 9.10 Uhr öffnete sich eine Tür neben dem Richtertisch, und ein Aufgebot harter Burschen in schwarzen Anzügen füllte den Platz hinter dem Rednerpult. Es gab eine Rempelei um die besten Plätze, wobei jeder die Hände schützend über die Hoden hielt. Wo man sich positionierte, war von enormer Bedeutung, weil nicht alle aufs Bild passten. Am Rednerpult standen Seite an Seite Stanley Mumphrey und Victor Westlake – der leitende Staatsanwalt und der leitende Ermittler. Dahinter drängelten sich FBI -Beamte und Vertreter der Staatsanwaltschaft und zwängten sich in jede Lücke, die freie Sicht auf die Kameras bot, in der Hoffnung, dass die Kameras sie ihrerseits ebenfalls wahrnehmen würden. Die Glücklichen unter ihnen würden Mumphrey und Westlake aufmerksam und mit angespannter Miene lauschen und überhaupt so tun, als hätten sie noch nie von Kameras im Umkreis des Gerichtsgebäudes gehört. Es war dasselbe erbärmliche Schauspiel, das die Kongressabgeordneten so meisterhaft beherrschen.
»Heute Morgen wurde in der Mordsache Raymond Fawcett und Naomi Clary Anklage erhoben«, sagte Mumphrey zögerlich und mit nervöser Stimme, die fast zwei Oktaven höher klang als sonst. Er war im Gerichtssaal kein großer Erfolg gewesen, hatte bombensichere Fälle, die er sich selbst zugeteilt hatte, verloren und wurde vor allem kritisiert, weil er unsicher und fehl am Platz wirkte. Manche führten das darauf zurück, dass er in den zehn Jahren seiner nicht gerade ereignisreichen Laufbahn so wenig Zeit im Gerichtssaal verbracht hatte.
Mumphrey griff nach der Anklageschrift und hielt sie hoch, als sollten seine Zuschauer den Text nun selbst lesen. »Der Angeklagte wird des Mordes in zwei Fällen beschuldigt. Es handelt sich um einen gewissen Quinn Al Rucker. Und ja, ich werde in diesem Fall höchstwahrscheinlich die Todesstrafe beantragen.«
Sein letzter Satz sollte die Spannung in der Menge ins Unerträgliche steigern, aber Mumphreys Timing war schlecht. Dramatisch
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