Das Komplott (German Edition)
besorgt.
»Möchte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt eine Erklärung abgeben?«, fragte Konover.
Auf dieses Stichwort erhob sich Shiver und nickte seinem Mandanten zu, der sich ebenfalls, so gut es ging, erhob. »Ja, Euer Ehren«, sagte er. »Nicht schuldig.«
»Dann wird zu Protokoll gegeben, dass sich der Angeklagte für nicht schuldig erklärt.« Shiver und Rucker setzten sich wieder.
»Mir liegt ein Antrag auf Kaution vor, Mr. Shiver. Möchten Sie dazu eine Erklärung abgeben?« Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass nichts, was Shiver sagen mochte, das Gericht überzeugen konnte, eine Kaution festzusetzen – zumindest nicht in vernünftiger Höhe.
Shiver spürte das und wollte sich die Blamage ersparen. »Nein, Euer Ehren, der Antrag spricht für sich selbst.«
»Mr. Mumphrey?«
Mumphrey erhob sich und ging zum Rednerpult. Er räusperte sich. »Euer Ehren, die Anklage lautet auf Mord an einem Bundesrichter. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass eine Freilassung gegen Kaution nicht infrage kommt.«
»Der Ansicht bin ich auch«, stimmte Konover sofort zu. »Sonst noch etwas, Mr. Mumphrey?«
»Nein, im Augenblick nicht.«
»Mr. Shiver?«
»Nein, Euer Ehren.«
»Der Angeklagte kommt in Gewahrsam des U.S. Marshals Service.« Konover schlug mit dem Hammer auf den Tisch, erhob sich und verließ den Saal. Die erste Anhörung hatte weniger als zehn Minuten gedauert.
Dee Ray war seit drei Tagen in Roanoke und hatte den Ort gründlich satt. Er machte Dusty Shiver Druck, der knöpfte sich wiederum einen Freund im Gefängnis vor, und ein kurzfristiges Treffen mit dem Angeklagten wurde organisiert. Da Familienbesuche eigentlich nur am Wochenende gestattet waren, blieb dieser inoffiziell und fand in einem Raum statt, in dem sonst der Blutalkoholgehalt bei Trunkenheitsfahrten bestimmt wurde. Es würde nie ein Protokoll dieses Gesprächs geben. Die Brüder hatten keine Ahnung, dass sie belauscht wurden. Das FBI zeichnete ihr Gespräch auf, bei dem folgende Sätze fielen:
QUINN: Malcolm Bannister ist schuld, dass ich hier bin, Dee Ray, und ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
DEE RAY: Ja, ja, darum kümmern wir uns später. Jetzt musst du mir erst mal erzählen, was passiert ist.
QUINN: Gar nichts ist passiert. Ich habe niemanden umgebracht. Die haben mich zu dem Geständnis getrieben, das habe ich ja schon gesagt. Ich will, dass wegen Bannister etwas unternommen wird.
DEE RAY: Der sitzt doch im Gefängnis, oder?
QUINN: Wohl kaum. So, wie ich Bannister kenne, hat er Rule 35 genutzt, um auf freien Fuß zu kommen.
DEE RAY: Rule 35?
QUINN: Jeder im Gefängnis kennt Rule 35. Das ist jetzt nicht so wichtig. Er ist draußen und muss gefunden werden.
Eine lange Pause.
DEE RAY: Das kostet jede Menge Zeit und Geld.
QUINN: Hör mal, Brüderchen, komm mir nicht mit Zeit. Das FBI hat nichts gegen mich in der Hand. Und ich meine nichts. Das heißt nicht, dass sie mich nicht fertigmachen können. Wenn die Sache in einem Jahr oder so verhandelt wird, könnte Bannister als Kronzeuge auftreten, hast du mich verstanden?
DEE RAY: Und was wird er sagen?
QUINN: Was immer die hören wollen, ist dem doch egal. Er ist draußen, Mann, der hat seinen Deal gemacht. Er wird sagen, wir hätten im Gefängnis über Richter Fawcett geredet. Das wird er sagen.
DEE RAY: Und habt ihr?
Eine weitere lange Pause.
QUINN: Ja, wir haben ständig über ihn geredet. Wir wussten, dass er Bargeld bei sich hatte.
Eine Pause.
QUINN: Ihr müsst Bannister ausschalten, Dee Ray. Ist das klar?
DEE RAY: Ist klar. Lass mich mit Tall Man reden.
21
Seit der Operation sind drei Wochen vergangen, und ich drehe fast durch. Die Verbände sind weg, die Fäden gezogen, aber die Schwellung will einfach nicht zurückgehen. Ich sehe hundertmal am Tag in den Spiegel und hoffe auf Besserung, hoffe, dass unter den blauen Flecken und Schwellungen endlich Max zum Vorschein kommt. Mein Chirurgenteam schaut immer wieder vorbei und behauptet, ich sähe großartig aus. Ich kann nicht kauen, nicht essen, nicht länger als fünf Minuten gehen, deswegen bin ich meistens im Rollstuhl unterwegs. Ich muss mich langsam und vorsichtig bewegen, damit ich das Kunstwerk im Gesicht von Max Baldwin nicht beschädige. Ich zähle die Tage und komme mir oft vor, als säße ich wieder im Gefängnis. Die Wochen verstreichen, und endlich gehen die blauen Flecken und Schwellungen langsam zurück.
Kann man in eine Frau verliebt sein, die man nie berührt hat? Ich meine, ja.
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