Das Komplott (German Edition)
Die zweite Alternative ist ein Job als Buchhalter für die Veteranenbehörde, ebenfalls mit einem Jahresgehalt von achtundvierzigtausend Dollar. Es ist besser, wenn ich weiterhin für eine Bundesbehörde arbeite, zumindest für die nächsten Jahre.
Als mir gerade alles zu viel werden will, greift er in seine Aktentasche und holt Spielzeug für mich heraus. Zuerst ein Apple iPad, ein Präsent der Regierung, das bereits auf Max zugelassen ist. Als Bibliothekar hatte Malcolm Zugang zu Computern, wenn auch nicht zum Internet, und ich gab mir größte Mühe, meine Kenntnisse auf dem aktuellen Stand zu halten. Aber dieses Ding haut mich um. Wir verbringen eine volle Stunde mit einem Intensivkurs. Als ich erschöpft bin, zückt er ein iPhone. Es gehört ihm, nicht mir, weil ich mir selbst einen Anbieter aussuchen und ein Mobiltelefon kaufen muss, aber er erklärt mir dieses faszinierende Gerät. Der Flug ist vorbei, bevor wir fertig sind.
Am Flughafen in Atlanta suche ich ein Computergeschäft und stöbere eine Stunde lang in den neuesten technischen Spielereien. Technik ist für mich lebenswichtig, und ich bin fest entschlossen, mich mit den neuesten Entwicklungen vertraut zu machen. Bevor wir Atlanta verlassen, schicke ich den Brief an Vanessa Young ab. Ohne Absender.
Es ist bereits dunkel, als wir in Jacksonville landen, ein Auto mieten und dreißig Minuten zu den Ferienorten im Osten der Stadt fahren. Atlantic Beach, Neptune Beach, Jacksonville Beach – man weiß kaum, wo der eine Ort aufhört und der andere anfängt. Es ist eine gepflegte Gegend mit Hunderten von netten Häuschen, von denen manche dauerhaft bewohnt sind, während andere an Urlauber vermietet werden. Kleine Hotels und moderne Eigentumswohnanlagen mit Meerblick runden das Bild ab. Die Rosinen zum Mittagessen sind längst vergessen, und wir sind am Verhungern. In einer Fußgängerzone einen Block vom Wasser entfernt finden wir ein Restaurant, das sich auf Meeresfrüchte spezialisiert hat, und schlagen uns den Bauch mit Austern und Shrimps voll. Die Gäste an der Bar sind jung, viele hübsche Mädchen mit sonnengebräunten Beinen, von deren Anblick ich mich kaum losreißen kann. Bisher habe ich nur Weiße gesehen, und ich frage mich, ob ich nicht auffallen werde. Der Großraum Jacksonville hat eine Million Einwohner, und achtzehn Prozent davon sind schwarz, deswegen glaubt Surhoff nicht, dass meine ethnische Zugehörigkeit ein Problem darstellt. Ich versuche ihm zu erklären, wie es ist, als Schwarzer in einer weißen Welt zu leben, muss aber wieder einmal feststellen, dass sich manche Dinge beim Abendessen nicht abschließend klären lassen – falls überhaupt.
Ich wechsle das Thema und stelle Fragen zum Zeugenschutzprogramm. Surhoff lebt in Virginia und wird bald dorthin zurückkehren. Mein Ansprechpartner, mein Betreuer, wird ein anderer Marshal sein, der nicht im Geringsten versuchen wird, mich zu kontrollieren. Er oder sie wird immer in der Nähe sein, falls es Probleme oder Ärger gibt. Normalerweise ist ein Betreuer für mehrere Personen zuständig. Sollte es Hinweise geben, dass etwas schiefgelaufen ist, werde ich sofort an einen anderen Ort verlegt, aber Surhoff versichert mir, das komme nur selten vor.
Was muss passieren, damit mich meine Feinde finden? Surhoff behauptet, das wisse er nicht, weil es noch nie vorgekommen sei.
Ich hake nach. »Es musste doch bestimmt schon mal jemand verlegt werden.«
»Ich war noch nie an einer Verlegung beteiligt, aber so etwas ist tatsächlich schon vorgekommen. Meines Wissens – und ich betreue seit zehn Jahren Informanten – ist noch nie jemand ernsthaft bedroht worden. Ich habe allerdings von einigen wenigen Fällen gehört, ich denke, es waren drei, in denen der Betreffende glaubte, entdeckt worden zu sein. Wenn jemand seinen Standort wechseln will, treten wir auf den Plan und lassen ihn erneut verschwinden.«
Aus offensichtlichen Gründen fand sich weder in der juristischen Bibliothek noch in der allgemeinen Bücherei von Frostburg Material zum Zeugenschutzprogramm, daher sind meine Kenntnisse beschränkt. Aber ich weiß, dass es nicht perfekt ist. »Gar keine Probleme? Schwer zu glauben.«
»Ich sage ja nicht, dass das System perfekt ist. Es gibt eine sehr interessante Geschichte, die sich vor dreißig Jahren ereignet hat und in unserer Branche legendär ist. Wir hatten einen wertvollen Mafia-Informanten, der die Familie ans Messer lieferte und einige der obersten Bosse zu Fall brachte –
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