Das Komplott (German Edition)
mich ans Fenster, wo ich den Parkplatz im Auge behalten kann. Ein älteres Paar in einem Cadillac fährt vor, steigt aus und schlurft in ein Chinarestaurant mit Büfett. Sobald die beiden drinnen verschwunden sind, verlasse ich das Café und gehe über den Parkplatz, als wollte ich zu meinem Auto. Hinter dem Cadillac bücke ich mich rasch und hefte das Ortungsgerät unten an den Kraftstofftank. Dem Kennzeichen nach kommen die beiden aus Ontario in Kanada – perfekt.
Denny putzt schweißüberströmt die Fenster und ist völlig in seine Arbeit versunken. Als ich ihm auf die Schulter tippe, fährt er zusammen.
»Hör mal, Denny«, sage ich. »Du machst das wirklich toll, aber mir ist was dazwischengekommen. Ich muss los.«
Ich hole ein Bündel Scheine heraus und zähle dreihundert Dollar ab, die ich ihm gebe. Er ist verwirrt, doch das kann ich nicht ändern.
»Wie Sie meinen«, murmelt er und starrt auf das Geld.
»Ich muss weg.«
Er zieht ein Handtuch vom Autodach. »Viel Erfolg mit Ihrer Scheidung.«
»Danke.«
Westlich von Orlando nehme ich die Interstate 75 nach Norden, durch Ocala und Gainesville bis nach Georgia, wo ich in Valdosta die Nacht verbringe.
In den nächsten fünf Tagen führt mich meine Reise bis nach New Orleans im Süden, Wichita Falls, Texas, im Westen und Kansas City im Norden. Ich fahre auf Interstate-Autobahnen und Schnellstraßen, über Land und durch Naturschutzgebiete. Alle Ausgaben werden bar bezahlt, ich hinterlasse also meines Wissens keine Spuren. Ein Dutzend Mal mache ich kehrt und komme zu dem Schluss, dass mir niemand folgt. Meine Reise endet in Lynchburg, Virginia, wo ich kurz nach Mitternacht eintreffe und ein Motelzimmer bar bezahle. Bisher hat mich nur ein Hotel abgelehnt, weil ich keinen Ausweis hatte. Allerdings steige ich weder im Marriott noch im Hilton ab. Ich habe die Fahrerei satt und will endlich zur Sache kommen.
Am nächsten Morgen schlafe ich aus und fahre dann ins eine Stunde entfernte Roanoke, wo niemand, der Max Baldwin kennt, nach ihm suchen würde. Gestärkt durch dieses Wissen und mein neues Gesicht, verlasse ich mich darauf, dass ich in einem Großraum mit zweihunderttausend Einwohnern anonym bleiben werde. Das einzig Störende ist, dass mein Autokennzeichen aus Florida stammt, und ich überlege, ob ich einen anderen Wagen mieten soll. Wegen des Papierkrams entscheide ich mich dagegen. Außerdem wird sich die Verbindung zu Florida später noch auszahlen.
Ich fahre eine Weile in der Stadt herum, sehe mir die Gegend an, das Stadtzentrum, die Altstadt und die unvermeidlichen zersiedelten Außenbezirke. Malcolm Bannister war mehrfach in Roanoke, unter anderem als siebzehnjähriger Footballspieler mit der Mannschaft seiner Highschool. Winchester liegt nur drei Stunden nördlich von hier an der Interstate 81. Als junger Anwalt war Malcolm zweimal hier, um eine Zeugenaussage aufzunehmen. Die Stadt Salem grenzt an Roanoke an, und Malcolm war dort einmal über das Wochenende auf der Hochzeit eines Freundes.
Die Ehe wurde geschieden, wie die von Malcolm. Der Freund hat sich nie wieder gemeldet, nachdem Malcolm ins Gefängnis kam.
Ich kenne die Gegend also ein wenig. Das erste Motel, in dem ich es versuche, gehört zu einer landesweiten Kette und hat ziemlich strenge Regeln, was die Anmeldung betrifft. Die Geschichte mit der verlorenen Brieftasche nützt mir nichts, ohne Ausweis kein Zimmer. Kein Problem, in der Gegend gibt es genügend günstige Motels. Ich fahre herum, bis ich am südlichen Stadtrand von Roanoke lande, in einem ärmlichen Teil, wo ich ein Motel entdecke, das seine Zimmer vermutlich stundenweise vermietet. Barzahlung ist gern gesehen. Ich entscheide mich für den Tagespreis von vierzig Dollar und erkläre der alten Frau, dass ich wahrscheinlich ein paar Tage bleiben werde. Sie ist nicht besonders freundlich, und mir kommt der Gedanke, dass sie wahrscheinlich schon in der guten alten Zeit im Geschäft war, als Schwarze keinen Einlass gefunden hätten. Es ist über dreißig Grad warm, und ich erkundige mich, ob die Klimaanlage funktioniert. Die Geräte seien brandneu, erwidert sie stolz. Ich parke hinter dem Gebäude direkt vor meinem Zimmer und weit weg von der Straße. Bettwäsche und Boden sind sauber. Das Bad ist blitzblank. Die neue Klimaanlage am Fenster summt eifrig, und bis ich das Auto ausgeladen habe, ist die Temperatur unter zwanzig Grad gesunken. Ich strecke mich auf dem Bett aus und frage mich, wie viele außereheliche Liebschaften
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