Das Komplott (German Edition)
hier gepflegt wurden. Ich denke an Eva aus Puerto Rico und wie schön es wäre, sie noch einmal im Arm zu halten. Und ich denke an Vanessa Young und überlege, wie es sein wird, sie endlich zu berühren.
Als es dunkel wird, gehe ich zu Fuß zu einem Fast-Food-Restaurant. Seit ich aus Frostburg weg bin, habe ich fast zehn Kilo abgenommen, und ich will noch mehr abnehmen , zumindest für den Augenblick. Als ich das Restaurant verlasse, sehe ich, dass das Stadion beleuchtet ist, und beschließe, mir ein Spiel anzusehen. Ich fahre zum Memorial Stadium, der Heimat der Salem Red Sox, dem Nachwuchsteam der Boston Red Sox. Sie spielen gegen die Lynchburg Hillcats, und das Stadion ist gut besucht. Für sechs Dollar bekomme ich einen billigen Platz. Ich kaufe mir bei einem Bauchladenverkäufer ein Bier und nehme die Szenen und Geräusche des Spiels begierig auf.
Neben mir sitzt ein Vater mit seinen beiden Söhnen, die beide nicht älter als sechs sein können und höchstens die Kindervariante T-Ball spielen, aber Red-Sox-Trikots und -Kappen tragen. Ich denke an Bo und die vielen Stunden, die wir in unserem kleinen Garten Fangen geübt haben, während Dionne auf der Terrasse saß und Eistee trank. Es kommt mir vor wie gestern, dass wir alle zusammen waren, eine kleine Familie mit großen Träumen und einer Zukunft. Bo war so klein und süß, und sein Vater war sein Held. Ich wollte ihm gerade beibringen, beidseitig zu schlagen, als das FBI in mein Leben einbrach und alles zerstörte. Was für eine Verschwendung.
Außer mir interessiert sich keiner mehr dafür. Vermutlich würden sich mein Vater und meine Geschwister freuen, wenn mein Leben wieder in Ordnung käme, aber besonders wichtig ist es ihnen nicht. Sie müssen sich um ihr eigenes Leben kümmern. Wenn man im Gefängnis landet, geht die Welt davon aus, dass man es verdient hat, und aus ist es mit dem Mitgefühl. Wenn man meine früheren Freunde und Bekannten in meiner Heimatstadt fragen würde, würden sie vermutlich etwas sagen wie: »Armer Malcolm, er hat sich eben mit den falschen Leuten eingelassen. Es mit den Gesetzen nicht so genau genommen. War wohl zu gierig. Wirklich tragisch.« Man ist schnell vergessen, weil jeder vergessen will. Der Kampf gegen das Verbrechen fordert Opfer, den armen Malcolm hat es halt erwischt.
Und deswegen gibt es nur noch mich, Max Reed Baldwin, frei, aber auf der Flucht, der darauf sinnt, Rache zu nehmen, während er in den Sonnenuntergang davonreitet.
27
Den sechsten Tag in Folge schlürfte Victor Westlake seinen ersten Morgenkaffee, während er eine Aktennotiz über Mr. Max Baldwin überflog. Der Informant war verschwunden. Das GPS -Ortungsgerät war schließlich an einem Cadillac Seville gefunden worden, während das ältere kanadische Ehepaar, dem der Wagen gehörte, in der Nähe von Savannah, Georgia, zu Mittag aß. Die beiden sollten nie erfahren, dass das FBI sie fünfhundert Kilometer weit im Cyberspace verfolgt hatte. Westlake hatte den drei Beamten vor Ort, die Baldwins Auto hätten überwachen sollen, einen Rüffel erteilt. Das Trio hatte ihn in Orlando verloren und war der falschen Fährte gefolgt, als der Cadillac nach Norden fuhr.
Baldwin benutzte weder sein iPhone noch seine Kreditkarten noch seinen ursprünglichen Internetanbieter. Der Gerichtsbeschluss, der die Überwachung dieser zur Tarnung gehörenden Ausstattung erlaubte, galt nur noch eine Woche, und es gab praktisch keine Aussicht darauf, dass er verlängert wurde. Baldwin war weder ein Verdächtiger, noch war er flüchtig, und das Gericht hielt nichts davon, einen gesetzestreuen Bürger so umfassend ausspähen zu lassen. Auf seinem Girokonto bei der SunCoast Bank lagen noch viertausendfünfhundert Dollar. Die Belohnung war aufgeteilt und von einer Bank in Florida zur anderen transferiert worden, bis das FBI das Geld schließlich aus den Augen verloren hatte. Baldwin war mit seinen Geldbewegungen so schnell gewesen, dass die Juristen des FBI mit ihren Anträgen auf Durchsuchungsbeschlüsse nicht nachkamen. Es waren mindestens acht Barabhebungen in Höhe von insgesamt fünfundsechzigtausend Dollar erfolgt. Die Unterlagen zeigten, dass vierzigtausend Dollar auf ein Konto in Panama überwiesen worden waren, und Westlake ging davon aus, dass der Rest des Geldes auf Offshorekonten versteckt war. Er musste Baldwin und seiner Fähigkeit unterzutauchen widerwillig Respekt zollen. Falls ihn das FBI nicht finden konnte, war er vielleicht doch in Sicherheit.
Wenn
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