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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Offensichtlich hegte Gérard Reynald Groll gegen sie. Vielleicht ist er ein ehemaliger Söldner, vielleicht hat die Dermod ihn verraten, wer weiß? Auf jeden Fall hätte er aus Rache beschließen können, die Gebäude, die etwas mit ihr zu tun haben, in die Luft zu sprengen. Zuerst den SEAM-Turm und dann dieses zweite unterirdische Bauwerk, möglicherweise der Sitz der Dermod.«
    »Das sind zwar lediglich Vermutungen, aber sie sind ziemlich stichhaltig«, sagte Louvel und warf mir einen Blick zu.
    Ich schwieg. Etwas von all dem, was Lucie gerade gesagt hatte, machte mich plötzlich auf eine Möglichkeit aufmerksam, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wenn Reynald tatsächlich ein ehemaliger Söldner war, musste ich vermuten, dass ich auch einer sein könnte. Wir glichen uns in so vielen Punkten. Nicht nur, was die Schizophrenie anging, sondern auch in Bezug auf seinen Werdegang. Und da war auch die Geschichte mit dem Codename und dem Tattoo. Na und? Bedeutete das, dass ich auch … Nein. Ich konnte es nicht glauben. Ich, ein Söldner? Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Aber es hätte vieles erklärt: das Aufbrechen von Schlössern, das Autofahren, die Kampftechniken …
    Louvel spürte meine Besorgnis. Er legte seine Hand auf meinen Arm.
    »Alles in Ordnung, Vigo?«
    »Hm, na ja«, stotterte ich. »Ich … ich glaube, ich weiß, was es mit den unterirdischen Plänen auf sich hat …«
    »Ehrlich?«
    Ich nickte.
    »Ja, ich habe da so eine Idee. Ich muss jemanden anrufen.«
    »Wen?«
    »Den ehemaligen Leiter der Untersuchungs- und Eingreiftruppe für die Steinbrüche im Pariser Untergrund.«
68.
    Gegen 21 Uhr saß ich mit Damien Louvel im Wohnzimmer von Hauptmann Berger. Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Wie Damien vorausgesagt hatte, wurde unsere Untersuchung angesichts der immer beunruhigenderen Zusammenhänge mehr und mehr zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Seiner Meinung nach sollten wir den Skandal, wenn es denn einen geben sollte, unbedingt platzen lassen, bevor die Verantwortlichen an der Spitze der Hierarchie, die sich vermutlich hinter der Dermod verbargen, das Ganze niederschlugen oder uns auf die eine oder andere Art zum Schweigen brachten.
    Der ehemalige Polizist hatte sich bereit erklärt, uns noch am selben Abend in seiner kleinen Wohnung im 20. Arrondissement zu empfangen. Die Polizistenpension schien dem alten Junggesellen kein Luxusleben zu erlauben. Seine Zweizimmerwohnung sah noch chaotischer aus als die von Agnès. Ich lächelte und dachte mir, dass anscheinend alle Ordnungshüter die Ordnung in ihren eigenen Wohnungen vernachlässigten. Berger war offensichtlich ein Bücherwurm, denn überall lagen Bücher in Hülle und Fülle herum. Auf dem Weg zu der Wohnung hatte mir Louvel, der sich natürlich zuvor kundig gemacht hatte, erzählt, dass der Polizist in den letzten Jahren an zwei Büchern über das unterirdische Paris mitgearbeitet hatte.
    Berger war etwa siebzig. Sein breiter Schädel wies nur noch spärlichen Haarwuchs auf. Er war etwas korpulent, hatte ein rundes Gesicht, rote Wangen und glänzende Augen. Wir hatten ihm erklärt, dass wir Journalisten und Freunde von Agnès seien und über das unterirdische Paris recherchierten. Anfangs wollte er uns nicht empfangen, weil er, wie er sagte, schon tausendmal auf die Fragen von Journalisten geantwortet hatte und weil der Pariser Untergrund ein abgedroschenes Thema sei. Aber schließlich war er ›aus Freundschaft zu Agnès‹ bereit, mit uns zu reden.
    »Was wollen Sie in Ihrer Reportage über die Katakomben von Paris zeigen, was nicht schon zigmal in Dokumentarfilmen gezeigt wurde? Haben Sie meine Bücher gelesen? Alles, was ich weiß, steht da drin.«
    Ich sah Louvel an. Ich hoffte, er sei schlagfertiger als ich.
    »Monsieur Berger, wir spielen Ihnen gegenüber mit offenen Karten«, erklärte Damien mit ernster Miene. »Wir machen keine einfache Dokumentation über die Katakomben, wir sind Enthüllungsjournalisten.«
    »Na, so was«, erwiderte der alte Polizist spöttisch.
    Louvel ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Wir glauben, dass da unten Umtriebe stattfinden könnten, die in Zusammenhang mit dem Attentat vom 8. August stehen.«
    Das war eine gewagte Aussage. Der Hacker hatte soeben ein halbes Geständnis abgelegt, das mir sehr abenteuerlich schien. War es sinnvoll, Bergers Verdacht zu erregen, indem man ihn auf die Spur zum eigentlichen Grund unserer Nachforschungen lenkte? Ich hatte bereits viel

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