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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Kessel hat es so getauft.«
    »Beeindruckend. Das wussten wir nicht …«
    »Wenn Sie sich da unten auf die Suche machen, sind Sie vor keiner Überraschung sicher. Für mich persönlich war der beeindruckendste Raum, den ich je besichtigt habe, diese berühmte Geisterstation für die Metro. Sie liegt unter der letzten unterirdischen Etage der Tiefgarage von La Défense und ist über eine kleine geheime Falltür zugänglich. Diese Station ist über zweihundert Meter lang. Letztlich hat die Pariser Regionalbahn beschlossen, sie nicht zu benutzen, und somit steht diese Kathedrale aus Beton seit ungefähr fünfzehn Jahren leer. Es gibt noch viele andere mythische Orte wie das Nationalmuseum für Zeitgenössische Kunst oder noch ungewöhnlichere, denen man Spitznamen gegeben hat, wie die Grotte der unwahrscheinlichen Gewässer oder die Oase Gottes oder den Speicher der verlorenen Illusionen … Im Grunde genommen wundert es mich nicht, dass Sie noch nie davon gehört haben. Nur ganz wenige Leute haben alles gesehen, was sich unter La Défense verbirgt. Und die wenigen Eingeweihten sind hauptsächlich die ältesten Angestellten der EPAD.«
    Als der Polizist seine Ausführungen beendet hatte, hätte ich meinen Kopf dafür verwettet, dass Reynalds geheimnisvolle Skizze einen dieser Räume darstellte. Ich flüsterte Louvel ins Ohr: »Zeigen Sie sie ihm?«
    Er zögerte, dann nickte er. Er zog ein großes Blatt aus seinem Rucksack und legte es Berger vor.
    »Sagen Ihnen diese Pläne etwas?«
    Der Polizist holte eine Brille aus seiner Tasche, setzte sie auf und untersuchte das Blatt aufs genaueste.
    Nach einer Ewigkeit erklärte er mit Bedauern: »Nein, das sagt mir nichts. Dagegen …«
    »Ja?«
    »Haben Sie Der Bauch oben auf das Blatt geschrieben?«
    »Nein, warum?«
    »Die Angestellten der EPAD nennen die unterirdischen Räume von La Défense den Bauch von Paris.«
    »Glauben Sie, dass diese Pläne einen unter La Défense verborgenen Raum darstellen?«
    »Das ist möglich, aber es sagt mir nichts. Ich kenne sie nicht alle auswendig. Vielleicht sollten Sie sich an die EPAD wenden, um Gewissheit zu bekommen.«
    Louvel nickte und dankte dem Polizisten. Wir blieben noch ungefähr eine Stunde und lauschten seinen Anekdoten über die unterirdischen Räume der Stadt. Louvel und ich waren uns sicher, dass sich unser Besuch gelohnt hatte, dass wir etwas gefunden hatten, das wir suchten.
    Schließlich verabschiedeten wir uns am späten Abend von ihm und dankten ihm.
    Draußen auf der Straße schlug Louvel mir auf die Schulter.
    »Vigo, ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Wir gehen morgen alles durch. Es ist jetzt schon ziemlich spät. Ich glaube nicht, dass es klug von Ihnen wäre, sich ein Hotel zu suchen. Wenn es Ihnen recht ist, schlage ich vor, dass Sie die nächsten Tage bei mir wohnen.«
    Ich zögerte. Ich musste eingestehen, dass Louvels Gesellschaft beruhigend geworden, ja bequem war. Vielleicht war es feige von mir, aber ich war überglücklich, nicht mehr nur mit meiner Einsamkeit und mit mir selbst konfrontiert zu sein. Ich beschloss, sein Angebot anzunehmen. Wenn ich bei ihm wohnte, bekam ich vielleicht auch die Möglichkeit, mehr über ihn zu erfahren.
    Nach einer kurzen Taxifahrt stiegen wir zu der Wohnung hinauf, die Louvel in der Nähe des Lofts von SpHiNx mitten im 20. Arrondissement bewohnte. Es war eine geräumige Dreizimmerwohnung, fast leer. Die Wände waren weiß, ohne jeden Schmuck, es gab nur das nötigste Mobiliar, alles war sehr nüchtern und elegant und erinnerte an die luxuriösen Hightechwohnungen der Hochhäuser in Tokio. Ein prachtvoller Parkettboden aus hellem Holz verstärkte den Eindruck von Ruhe und Helligkeit. Im Wohnzimmer gab es lediglich einen Fernseher, eine große schwarze Ledercouch und einen runden Tisch. Die Wohnung erweckte den Eindruck, als ob Louvel hier nicht richtig wohnte. Er verbrachte bestimmt den Großteil seiner Tage in den Büroräumen von SpHiNx.
    »Wollen Sie was trinken?«, fragte er mich und hängte seinen Mantel in der Diele auf.
    »Nein. Ich bin sehr müde. Ich glaube, es wäre besser, wenn ich schlafen gehe.«
    »Sie haben recht.«
    »Damien, ich möchte Ihnen danken.«
    »Keine Ursache.«
    »Doch. Sie wissen, dass ich eine wirklich schwere Zeit durchmache. Manchmal frage ich mich immer noch, ob alles, was ich erlebe, wirklich wahr ist.«
    »Ich verstehe. Das ist auch normal. Was Sie erleben, ist wirklich sehr ungewöhnlich. Aber ich versichere Ihnen, all das

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