Das Kopernikus-Syndrom
überlagerten und Misstöne erzeugten. Ich musste meine Panik beherrschen. Auch diese Krise würde verebben, genau wie die anderen. Würde vorübergehen, vorübergehen, vorübergehen. Es genügte, nicht zu brüllen. Habe ich gebrüllt? Ich brülle. Ich werfe einen Blick auf meine Hamilton. 88:88. Alles ist normal. Ist alles normal? Ich bin allein auf dem Bürgermeisteramt in Puteaux . Bin ich allein auf dem Bürgermeisteramt in Puteaux ? Man überwacht dich. Kameras. Mikros. Überall. Du heißt Vigo Ravel. Heißt du … Das reicht.
»Alles in Ordnung, Monsieur?«
Ich zuckte zusammen. Ich öffnete die Augen und erkannte die Angestellte, die mir die Akten geholt hatte. Eine kleine Frau, etwas korpulent, brünett, lockiges Haar. Sie wirkte beunruhigt. »Ja … ja, es muss wohl an der Hitze liegen.«
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn.
Sie ging durch das Zimmer und öffnete ein Fenster.
»Seit Jahren beantragen wir eine Klimaanlage. Mit jedem Sommer wird es hier unerträglicher. Wollen Sie ein Glas Wasser?«
»Nein, danke, es geht mir schon besser. Danke.«
»Sind Sie fertig?«
Ich warf einen Blick auf die Pläne, die auf dem großen Tisch ausgebreitet lagen. »Nein, noch nicht.«
»Gut, dann lasse ich Sie allein. Wenn Sie irgendwas brauchen, ich bin nebenan.«
Sie schenkte mir ein Lächeln und verließ das Zimmer.
Ich rieb mir die Augen, atmete tief durch und vertiefte mich erneut in die Unterlagen der Stadtplanung von La Défense. Ich studierte gründlich die Umrisse, die Schemata, und versuchte zu erkennen, bei welchen es sich um unterirdische Räume handelte. Aber keiner glich unserem geheimnisvollen Plan der Bauch. Es war schwierig, sich in dieser Fülle von Dokumenten zurechtzufinden: der örtliche Stadtplan, der Flächennutzungsplan, die städtischen Bebauungspläne, das Grundbuch, die Pläne zur Verbesserung der Fußgängerverbindungen zwischen La Défense und Puteaux und natürlich die detaillierten Pläne der Türme und der Verteilung des öffentlichen Raums.
Ich war sicher, alle Pläne in den Aktenordnern studiert zu haben, allerdings erfolglos. Spontan beschloss ich, noch mal von vorne anzufangen. Vielleicht hatte ich wegen meiner Krise etwas übersehen. Es war nicht der richtige Augenblick, nachlässig zu werden. Mit neuem Eifer wandte ich ein Blatt nach dem anderen um, verglich sie mit der Kopie des Plans, den Louvel mir überlassen hatte. Nichts schien ihm zu entsprechen.
In diesem Moment läutete es. Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass es sich um das Handy handelte, das Louvel mir im Büro von SpHiNx gegeben hatte. »Dieses Telefon wird nicht abgehört, es ist sicher «, hatte er mir versichert. »Aber treiben Sie trotzdem keinen Missbrauch damit.«
Ich zögerte, dann holte ich es aus meiner Tasche und drückte die Taste zur Annahme des Gesprächs. Mir war etwas bang zumute. »Vigo?« Es war Louvels Stimme. Ich atmete wieder normal.
»Ja.«
»Haben Sie etwas gefunden?«
»Nein, noch nicht. Und Sie?«
»Nichts«, seufzte er. »Absolut nichts. Ich habe alles mehrmals durchsucht, nichts. Ich gehe jetzt. Sehen wir uns in meinem Büro?«
»Einverstanden. Ich schaue auch noch mal alles durch und komme dann nach.«
»Gut, viel Glück. Seien Sie vorsichtig. Bis gleich.«
Offensichtlich waren wir nicht auf der richtigen Spur. Doch die Reaktion des Pressechefs von EPAD hatte mir die Gewissheit vermittelt, dass wir uns nicht täuschten.
Ich machte mich an die zweite Durchsicht der Pläne. Im fahlen Licht dieses kleinen Zimmers im Bürgermeisteramt fingen meine Augen an zu ermüden, und ich fragte mich, ob die Angestellte nicht langsam misstrauisch wurde. Vielleicht fand sie, dass ich mich etwas zu lange damit beschäftigte. Nach einigen Minuten angestrengten Lesens legte ich eine Pause ein und rieb mir das Gesicht. Meine Nerven waren angeschlagen. Ich hätte wer weiß was dafür gegeben, eine Zigarette rauchen zu dürfen. Aber das war hier bestimmt nicht der beste Ort dafür. Ich raffte mich auf und widmete mich den letzten Seiten, die die Arche in La Défense betrafen. Ich betrachtete eine nach der anderen von oben bis unten. Und da fiel mir etwas Merkwürdiges auf.
Ein kleines Detail. Ein winziges Detail, das mir beim ersten Ansehen nicht aufgefallen war und das ich beim zweiten Ansehen leicht hätte übersehen können. Doch dieses Detail besaß eine Bedeutung. Sofort wurde mir klar, dass ich etwas gefunden hatte.
Bei den Plänen für die Räume unter der Grande
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