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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Arche fehlte eine Seite.
71.
    Moleskin-Notizbuch,
Anmerkung Nr. 197: achtundachtzig
    Vielleicht war ich zu faul. Ich habe das Jahr 1988 sondiert und hoffte, darin einen Widerhall meiner Geschichte zu finden, aber sicher hätte ich noch weiter suchen müssen, in den Geheimnissen dieser Zahl.
    Ich habe mich auf dieses Spiel eingelassen und bin nicht sicher, ob ich etwas Schlüssiges gefunden habe. Es gäbe so viel zu sagen.
    88 ist eine unantastbare Zahl, was eine rein mathematische Angelegenheit ist. Grob gesagt bedeutet das, 88 ist eine natürliche ganze Zahl, die nicht als Summe ihrer eigenen ganzen Teiler dargestellt werden kann. Die ersten unberührbaren Zahlen sind 2, 5, 52 und 88. Das sagt mir gar nichts. Aber unantastbar – ich möchte gern glauben, dass es so ist.
    88 ist eine Palindromzahl, die man in beide Richtungen lesen kann. In Ordnung. Dass meine Angelegenheit eine doppelte Lesart hat, scheint mir das Minimum.
    88 ist die Atomzahl von Radium, einem alkalischerdigen Metall. 88 ist die Zahl der Tasten auf dem Klavier oder nach der Definition der Internationalen Vereinigung der Astronomen die Zahl der Konstellationen am Himmel. Und Merkur kreist in 88 Tagen um die Sonne. All das sagt mir nicht viel.
    88 bedeutet in englischem Argot die sexuelle Praktik, die unserer 69 entspricht. Ich glaube nicht, dass man in dieser Richtung zu suchen braucht.
    88 oder Eighty Eight ist der Name einer amerikanischen Stadt in Kentucky. Vielleicht wurde unser Protokoll dort unterzeichnet.
    Interessant ist, dass 88 häufig als Erkennungszeichen für die Neonazis dient. Da H der achte Buchstabe des Alphabets ist, bedeutet 88 den Code, den sie benutzen, um HH (Heil Hitler) auszudrücken. Könnte es sein, dass das Protokoll 88 eine Beziehung zu den Faschisten hat? Warum nicht?
    Wenn man um jeden Preis Korrelationen sucht, findet man sie schließlich immer. Das ist das Gesetz sehr großer Zahlen. Ich persönlich sehe es so: Wenn man die 8 waagrecht legt, wird daraus das Symbol der Unendlichkeit. 88 sind zwei Unendlichkeiten, die sich vor mir erheben und mich aus der Höhe ihrer Ewigkeit herausfordern.
72.
    »Sind Sie sicher, Vigo?«
    »Absolut. Die dritte Seite fehlt.«
    Kurz vor 18 Uhr saßen wir wieder um den Konferenztisch im Aquarium, dem Glaskasten über den Büros von SpHiNx. Louvels fast kindliches Gesicht spiegelte eine neue Art Begeisterung. Lucie dagegen schien in allen Situationen die Ruhe zu bewahren. Eines war sicher: Unsere Untersuchung bekam Tempo. Aber das minderte meinen Stress keineswegs, im Gegenteil.
    Ich fing jedoch an, mich an die merkwürdige Umgebung und an die Betriebsamkeit bei SpHiNx zu gewöhnen. Sak und Marc platzten immer wieder herein, um eine Frage zu stellen oder um Rat zu fragen. Dadurch gewann ich eine Vorstellung, wie vielen Fällen diese geheimnisvolle kleine Gruppe auf der Spur war. Egal ob politische Skandale oder finanzielle Machenschaften, immer galt die gleiche, einfache, aber unumstößliche Devise: Eine breite Öffentlichkeit soll erfahren, was die Großen dieser Welt vor uns verbergen wollen. Eine Ideologie, die mir irgendwie naiv schien, die sie aber mit großem Ernst verteidigten.
    Offensichtlich war meine Angelegenheit nicht die einzige, die die Mitglieder von SpHiNx in Anspruch nahm. Sie beschäftigten sich gleichzeitig mit einem gefälschten öffentlichen Auftrag im Westen von Paris und mit einen Finanzskandal, bei dem Kleininvestoren von einem großen Pharmakonzern reingelegt worden waren. Aber ich stellte fest, dass sie sich vor allem auf das Attentat vom 8. August und auf das rätselhafte Protokoll 88 konzentrierten. Ich hoffte nur, dass das alles nicht umsonst war. Ich hatte schon so viele Überraschungen und Enttäuschungen in dieser Angelegenheit erlebt, dass ich immer noch auf alles gefasst war. Selbst auf das Schlimmste.
    »Haben Sie die Angestellte im Bürgermeisteramt gefragt, weshalb diese Seite fehlt?«, fragte Lucie und stellte ein Notebook vor sich hin.
    »Ja. Sie wirkte überrascht. Sie erklärte mir, sie werde der Sache auf den Grund gehen, und schlug mir vor, in ein paar Tagen wiederzukommen. Aber ich weiß nicht, ob wir uns erlauben können, so lange zu warten.«
    Louvel sah Lucie und mich an, dann grinste er breit.
    »Meine Freunde, ich will nicht in Euphorie verfallen, aber ich glaube, wir sind auf der richtigen Fährte. Alles weist daraufhin, dass der Bauch sich in den Räumen unter der Arche in La Défense befindet. Im Augenblick sieht es ganz so aus. Aber

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