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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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zehn Jahre meines Lebens manipulieren lassen. Ich möchte es verstehen. Und du siehst: Ich hatte recht damit, niemandem zu vertrauen. All die Menschen, die in den vergangenen zehn Jahren meines Lebens um mich waren, haben mich verraten. Ich kann niemandem vertrauen, nicht einmal der Justiz.«
    »Du übertreibst. Die Justiz hat nichts mit diesen Leuten zu tun.«
    »Das sagst du. Ich weiß nur, dass diese Leute offensichtlich eine Menge Macht und Geld besitzen. Sie können drei Menschen zehn Jahre lang unter einer falschen Identität leben lassen, mitten in der Hauptstadt. Sie sind fähig, das Vorhandensein einer Arztpraxis im höchsten Turm von La Défense zu verschleiern. Und sie sind fähig, von heute auf morgen eine Firma verschwinden zu lassen, die an der Place Denfert-Rochereau ziemlich bekannt war. Im Augenblick wissen wir nicht, mit wem wir es zu tun haben. Und wir sind erst am Anfang unserer Entdeckungen. Ich hätte es wirklich lieber, dass wir zu Ende führen, was wir angefangen haben, bevor wir uns an die Justiz wenden. Ich flehe dich an, Agnès, du hast versprochen, mir zu helfen, und wir kommen bei unserer Untersuchung doch ganz gut voran.«
    Sie zog eine genervte Grimasse.
    »Bist du dir im Klaren, worum du mich bittest? Immerhin bin ich Polizistin.«
    »Und bist du dir im Klaren, wie mir zumute ist? Agnès, ich stelle fest, dass ich nicht schizophren bin, und höre auf die eine oder andere Art die Gedanken der Menschen, und Menschen, von denen ich nichts weiß, manipulieren mich seit über zehn Jahren. Glaubst du wirklich, dass ein Staatsanwalt bereit ist, mir ohne konkrete Beweise zu glauben? Wir müssen mehr herausfinden. Ich flehe dich an! Ich bitte dich nur um ein paar Tage Aufschub …«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nur, um herauszufinden, wohin uns das führt«, beharrte ich.
    »Mir gefällt das nicht.«
    »Soll das heißen, dass du bereit bist, mir noch ein paar Tage zu helfen?«
    Sie zögerte.
    »Achtundvierzig Stunden. Keine Sekunde mehr.«
    Ich stimmte erleichtert zu.
    »Jetzt ist Wochenende, und ich habe keinen Dienst. Abgesehen von einem Essen am Samstagabend bleibe ich die beiden Tage hier bei dir, und wir können gemeinsam ein paar Nachforschungen anstellen. Aber das ist dann auch alles.«
    »Danke«, sagte ich und umfasste mit beiden Händen ihre Hand. »Ich hoffe nur, dass ich nicht die größte Dummheit meines Lebens mache.«
    Nervös löste sie ihre Hand aus meiner.
    »Hattest du Zeit, noch etwas anderes in Erfahrung zu bringen?«, fragte ich und machte es mir auf dem Sofa bequem.
    »Ja, und vielleicht ist das der Hinweis auf eine Spur. Der Kollege bei der Passbehörde hat herausgefunden, wem seit mindestens zwölf Jahren die Wohnung gehört, in der du mit deinen angeblichen Eltern gewohnt hast.«
    »Ehrlich? Wem?«, drängte ich.
    »Einer Offshorefirma namens Dermod, die sich offiziell mit Import und Export beschäftigt, wie die meisten dieser Scheinfirmen mit Sitz in den Steueroasen.«
    »Dermod?«
    »Ja.«
    »Nie gehört.«
    »Das ist zumindest ein Anfang. Ich weiß nicht, wohin uns das führen wird, aber es lohnt sich, zu suchen.«
    Ich nickte.
    »Agnès, danke für alles.«
    »Ich hoffe aufrichtig, dass ich es nicht bedauern werde, deinetwegen solche Risiken einzugehen.«
    »Ich weiß nicht, wie ich dir danken kann.«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Ich muss dir gestehen, dass ich ebenfalls von dieser Geschichte fasziniert bin. Trotzdem bin ich nach wie vor überzeugt, dass wir alles den Behörden übergeben sollten, aber gut, ich will nicht darauf beharren. Auf jeden Fall nicht im Augenblick. Aber ich warne dich, wenn es zu gefährlich wird, selbst vor Ablauf der achtundvierzig Stunden, die ich dir bewillige, schalte ich den Staatsanwalt ein, ob es dir passt oder nicht.«
    »Einverstanden.«
    »Gut, für heute reicht es. Ich muss auf andere Gedanken kommen.«
    »Ja … Ich glaube auch, dass ich mehr davon nicht verkraften könnte«, versicherte ich grinsend.
    »Heute gehen wir nicht ins Restaurant. Ich werde uns was kochen.«
    »Soll ich dir helfen?«
    »Wenn du magst.«
54.
    Moleskin-Notizbuch, Anmerkung Nr. 173:
Erinnerung, Präzisierung
    Mein Name ist nicht Vigo Ravel. Ich bin zwölf, vielleicht auch dreizehn. Ich sitze auf dem Rücksitz des Autos, ein Kombi, ein großer grüner Kombi. Die Erwachsenen vorn sind Mann und Frau. Sie müssen meine Eltern sein. Meine richtigen Eltern. Aber ich kann ihr Gesicht immer noch nicht sehen. Sie sind lediglich zwei gleichgültige

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