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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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im Turm. Hören Sie, sagen Sie Ihrem Mandanten, dass ich Informationen über die Praxis Mater habe. Sagen Sie ihm das und rufen Sie mich an.«
    Er seufzte, aber er sagte nicht nein. Ich gab ihm meine Handynummer.
    »Ich erwarte Ihren Anruf.«
    »Ich habe Ihnen nichts versprochen.«
    Dann legte er auf. Ich warf Agnès einen zufriedenen Blick zu.
    »Ich bin davon überzeugt, dass sein Mandant ihm von der Praxis erzählt hat. Er wirkte überrascht, als ich den Namen Mater erwähnte.«
    »Wir sind jetzt auf der richtigen Spur!«
    Vorsichtshalber notierte ich die Nummer und die Adresse des Anwalts in mein Moleskin-Notizbuch.
    Agnès und ich verbrachten einen guten Teil des Tages damit, nach weiteren Informationen im Internet zu suchen, vergeblich. Am Spätnachmittag klingelte endlich mein Handy. Ungeduldig griff ich danach. »Hallo?«
    »Blenod. Hören Sie, ich möchte Sie gern morgen, Montag, um 11 Uhr treffen.«
    »Können wir uns nicht schon heute Abend treffen?«
    »Nein. Ich möchte Sie morgen sehen, wenn das, was Sie mir zu berichten haben, wirklich von Bedeutung ist …«
    »Einverstanden.«
    »Um 11 Uhr vor dem Justizpalast.«
    »Alles klar.«
    Er legte auf. Ich wandte mich erneut Agnès zu.
    »Lass mich raten«, sagte sie aufgeregt. »Du wirst mich bitten, ich soll bis morgen Nachmittag warten, bis ich den Staatsanwalt informiere?«
    Ich spielte den Verlegenen.
    »Der Anwalt kann mich heute nicht treffen. Agnès, wir haben eine Spur, eine echte Spur, die lassen wir doch nicht fallen.«
    »Vigo, das ist wirklich unvernünftig. Deine Geschichte wird gefährlich …«
    »Aber du selbst hast mir doch geraten, den Anwalt anzurufen, ich gebe doch nicht so kurz vor dem Ziel auf.«
    »Gut, ist ja schließlich dein Problem«, stieß sie müde hervor.
    Agnès war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mir zu helfen, und ihren eigenen Ängsten, die ich hinter der Spannung in ihrer Stimme, in ihrem Blick erkannte. Ich schämte mich, dass ich ihre Hilfe und Gastfreundschaft in einem so schwierigen Moment ihres Lebens ausnutzte. Sie spürte es wohl und bemühte sich, mich auf andere Gedanken zu bringen, indem sie mir einen weiteren Videoabend vorschlug. Sie kochte uns etwas zu Abend und wählte eine alte amerikanische Komödie aus.
    Diese Frau besaß eine ungewöhnliche, von Herzen kommende Großzügigkeit, die mich rührte, ohne dass ich ihr meine Dankbarkeit zeigen konnte. Während des Films griff sie mit unaufdringlicher Zärtlichkeit nach meiner Hand. Doch wir riskierten beide nicht, diese schüchternen Zeichen der Zuneigung weiter voranzutreiben.
    Gegen 23 Uhr läutete Agnès' Telefon. Sie stand auf und zog sich in ihr Zimmer zurück. Ich hörte, wie ihre Stimme immer lauter wurde und sich die Unterhaltung in einen langen Streit verwandelte. Ich konnte nur wenige Worte verstehen, aber die reichten aus, dass ich erriet, wer am anderen Ende war: ihr Mann. Und offensichtlich war alles viel komplizierter, als Agnès zugeben wollte.
    Als sie endlich schwieg, herrschte bleierne Stille in der Wohnung. Ich wagte nicht, mich zu rühren. Ich war mir aber sicher, dass sie auf dem Bett lag und weinte. Ich widerstand dem Verlangen, zu ihr zu gehen, um ihr den Trost zu spenden, den sie sicher benötigte. Aber ich hätte bestimmt nicht die richtigen Worte gefunden. Ich kannte sie ja noch nicht gut. Und doch kannte ich niemanden so gut wie diese Frau.
    Agnès kehrte nicht ins Wohnzimmer zurück. Ich ging gegen ein Uhr schlafen, schrecklich besorgt und sehr traurig.
57.
    Am Montagmorgen war ich wieder allein in der Wohnung und bereitete mich auf den Tag vor. Nach einem schnellen Frühstück schaltete ich Agnès' Computer ein. Ich loggte mich in das Forum ein, auf dem wir versucht hatten, mit dem mysteriösen SpHiNx Kontakt aufzunehmen, und sah sofort, dass wir Antwort erhalten hatten. Ich spürte, wie mich Panik und Erregung erfassten. Ich wagte nicht, sie ohne Agnès' Zustimmung zu lesen. Immerhin war es ja ihre Post.
    Seit dem Streit mit ihrem Mann am Abend zuvor hatten wir kein Wort gewechselt. Sie war schon sehr zeitig aus dem Haus gegangen, ich hatte noch geschlafen. Ich zögerte einen Moment, dann rief ich sie auf ihrem Handy an.
    »Guten Morgen, Vigo«, sagte sie leise.
    »Störe ich dich?«
    »Ich bin im Büro … Aber ich höre.«
    »Wir haben eine Nachricht von SpHiNx.«
    Sie schwieg einen Augenblick.
    »Hast du sie gelesen?«
    »Nein.«
    »Dann los, lies sie vor.«
    Die Botschaft bestand nur aus wenigen Zeilen. Ich las

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