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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Annalena mit einem breiten Grinsen. Ihr wurde unter ihrem Kleid auf einmal heiß. Ihre Narben begannen zu jucken, und nur mit Mühe konnte sie sich bezwingen, den Juckreiz nicht mit einem Kratzen zu lindern.
    »Ich glaube kaum, dass Seine Majestät etwas mit einer Frau wie mir anfangen wollte. Ich bin nur ein ganz einfacher Mensch.«
    Annalena hoffte, dass das Thema damit erledigt war, aber Martha ließ nicht locker. »Wer sagt denn, dass Fatime kein einfacher Mensch ist? Niemand weiß genau, woher sie kommt, sie kann genauso gut die Tochter eines Bauern wie die eines reichen Mannes sein. Nicht mal Seine Majestät weiß …«
    Bevor sie weitersprechen konnte, rief einer der Küchenjungen: »Der Küchenmeister kommt!« Augenblicklich verstummten alle und senkten den Blick auf ihre Arbeit. Annalena atmete erleichtert durch. Jetzt würde sie Ruhe haben, bis der Küchenmeister sich erneut von seinem Platz entfernte.
    Doch im nächsten Augenblick stellte sich heraus, dass es nur falscher Alarm war. Der Bursche hatte sich einen Spaß gemacht und erntete nun geschüttelte Fäuste und Beleidigungen dafür.
    »Du Riehbl!«, rief auch Martha, aber sie lachte dabei, denn sie nahm dem Küchenjungen den Streich nicht übel. Dazu saß ihr der Schalk selbst viel zu tief in den Knochen. »Wo waren wir stehengeblieben, Annalena?«
    »Du wolltest mir noch ein bisschen was über die Küche erzählen«, antwortete sie unschuldig, doch Martha konnte sie damit nicht narren.
    »Nein, das wollte ich eigentlich nicht, denn alles, was du wissen musst, weißt du schon.«
    »Dann erzähl mir was über Dresden. Es gibt doch sicher Geschichten über die Stadt.«
    »Und ob es die gibt!«, sprang ihr Lina bei, denn sie hatte ein mitleidiges Herz und merkte, dass Annalena sich in die Enge gedrängt fühlte. »Du solltest ihr die Geschichte von dem Mönch erzählen.«
    »Ja, erzähl mir die Geschichte vom Mönch!«, bat Annalena nachdrücklich, denn sie war es leid, ständig mit einer Mätresse verglichen zu werden.
    »Na gut«, entgegnete Martha, aber ihr Blick besagte, dass das Gespräch über die Türkin noch nicht vergessen war. »Auf den Festungswällen der Stadt soll der Geist eines Mönches umherschweifen, mit einer Laterne in der Hand und seinem Kopf unter dem Arm. Der Kopf ist ihm abgeschlagen worden, weil er einst den alten Kurfürst Moritz und dessen Bruder belauscht haben soll. Seitdem geht er auf dem Festungswall um, und es heißt, dass immer dann, wenn er auftaucht, ein Unglück über die kurfürstliche Familie kommt. Das letzte Mal soll er gesehen worden sein, als der Bruder unseres jetzigen Kurfürsten starb.«
    »Manchmal erschreckt er aber auch nur die Schildwachen und treibt seinen Schabernack mit den Vorbeigehenden«, fügte Lina hinzu. »Du solltest also besser aufpassen, wenn du dich an der Stadtmauer herumtreibst.«
    Annalena wollte gerade fragen, wie man sich vor einem Geist in Acht nehmen sollte, und noch mehr interessierte es sie, warum ein Mönch wegen Lauschens geköpft worden war, doch dann kam der Küchenmeister wirklich, und augenblicklich verstummte das Geschnatter und wich einer murmelnden Geschäftigkeit, die kaum das Brodeln in den Kesseln übertönen konnte.

    Der Tross war nur klein und ließ in keinster Weise vermuten, dass sich in seiner Mitte der polnische König und sächsische Kurfürst befand. August hatte für diese Reise, die offiziell gar nicht stattfand, eine einfache Kutsche gewählt und seine Begleiter geheißen, den Habitus gewöhnlicher Handelsleute anzunehmen.
    Diese Maskerade kam seiner Vorliebe für Verkleidungen sehr entgegen. Wenn er einen Ball gab, verlangte er von seinen Gästen oftmals, Masken zu tragen, und er liebte es auch, sich seinen Geliebten in verschiedenen Rollen zu nähern, um dann leidenschaftliche Nächte mit ihnen zu verbringen. Mit der Königsmarck hatte er einst eine orientalische Nacht zelebriert, in der sie nur leichte durchsichtige Gewänder getragen und er als huldvoller Sultan ihre Gunstbezeugung angenommen hatte.
    Überhaupt hatte August eine Neigung zum Orientalischen, obwohl er wie alle christlichen Fürsten die Bedrohung durch die Türken ernst nahm und auch schon gegen sie vorgegangen war. Doch glücklicherweise stellten die Muselmanen momentan kein akutes Problem dar, Karl XII. von Schweden war da wesentlich gefährlicher. Sobald er sein Winterlager abbrach, würde er gewiss wieder gegen seine Ländereien ziehen. August musste die Zeit bis dahin also nutzen, um

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