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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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als zu dem Riesen aufzublicken. Heute trug er keine Stiefel, sondern Schnallenschuhe, Seidenstrümpfe und Samthosen. Sein Rock war dunkelrot und die Spitzenmanschetten, die aus den Ärmeln hervorschauten, blütenweiß. Kein Wäschestück, das sie je im Waschzuber hatte, war so weiß gewesen.
    »Da ist ja unsere kleine Küchenmagd«, sagte er mit einem Lächeln und streckte ihr seine Hand entgegen.
    Annalena wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, und so senkte sie verlegen den Blick.
    »Was meint Ihr, meine Liebe, sie passt doch hervorragend zu Euren Damen?« Das sagte er zu Fatime. Annalena widerstand der Versuchung, den Kopf zu heben, und verpasste die Reaktion der Türkin, denn so wie sie den ganzen Tag über nichts gesagt hatte, so sprach sie auch jetzt nicht. Doch auf irgendeine Weise gab sie ihm wohl zu verstehen, dass sie mit Annalena einverstanden war.
    Der Kurfürst schwieg einen Moment, bevor er sich mit erhobener Stimme an alle Anwesenden wandte. »Wenn die Damen uns nun entschuldigen würden? Ich habe das werte Fräulein Fatime schon so lange Zeit entbehren müssen, deshalb möchte ich ihr heute Abend Gesellschaft leisten.«
    Als Annalena den Kopf zur Seite drehte, sah sie, dass einige Damen erröteten. Andere bissen sich auf die Lippen, damit sie nicht kichern mussten. Nach dem, was sie in der Küche gehört hatte, konnte sich Annalena denken, was der König mit Fatime tun würde. Und sicher würde Fatime nicht gezwungen sein, ins Wasser zu gehen, wenn daraus ein Kind erwuchs. Wie man sich erzählte, hatte er bislang noch jedes seiner Kinder anerkannt und dafür gesorgt, dass sie nicht in Armut aufwachsen mussten. Das hatte Annalena für den Kurfürsten eingenommen.
    Die Kammerfrau klatschte in die Hände und Hofdamen, Zofen und Mägde erhoben sich daraufhin. Angeführt von ihr verließ eine nach der anderen den Raum, nachdem sie noch einmal vor dem Kurfürsten geknickst hatten. Annalena hielt es für angebracht, als Letzte den Raum zu verlassen. Dabei blickte sie noch einmal zum Kurfürsten und bemerkte, dass er sie beobachtete. Fatime hingegen hielt den Kopf scheu gesenkt, während er ihre Hände hielt. Doch Augusts Blick lag auf Annalena, und sie war nicht imstande, ihm auszuweichen. Erst als sie ein Zischen von einer der anderen Mägde vernahm, brach sie den Blickkontakt und eilte dann mit hochroten Wangen aus dem Raum.
    Die Kammerfrau bedachte sie draußen mit einem finsteren Blick und zischte ihr zu: »Beim nächsten Mal wirst du dich schneller bewegen und Ihre Majestät nicht anstarren, hast du verstanden?«
    Annalena hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Sie nickte, worauf die Kammerfrau von ihr abließ.
    Nachdem auch die letzten Arbeiten verrichtet waren und feststand, dass der König das Zimmer Fatimes in dieser Nacht nicht wieder verlassen und sie die Dienste ihrer Frauen daher nicht mehr benötigen würde, erteilte die Kammerfrau den Zofen und Mägden die Erlaubnis, sich zur Ruhe zu begeben. Annalena ging mit den anderen Mägden in ihre Kammer ganz in der Nähe der Herrin, für den Fall, dass sie etwas benötigte. Dieser Raum war besser als der für die Küchenmägde, heller und größer, mit Fenstern, die zum Hof hinaus zeigten. Da man auf eine weitere Magd nicht gefasst gewesen war, musste sie sich mit einem Strohsack begnügen, der in ein Laken eingeschlagen war, während die anderen Holzbetten hatten, aber das machte ihr nichts aus.
    Auch hier, wo sie unter sich waren, erwiesen sich die anderen Mägde nicht als sehr gesprächig. Die Arbeit war keineswegs erschöpfend gewesen, doch bis auf ein paar kurze Worte und dem Nachtgebet ließen sie nichts von sich hören.
    Nachdem auch sie gebetet hatte, zog Annalena ihr Kleid aus, behielt aber das Hemd an. Anschließend ließ sie sich auf den Strohsack nieder, der ruhig etwas mehr Stroh hätte vertragen können, stopfte die Decke fest um sich und lauschte dem Raunen des Windes, der um das Schloss strich.
    Während die anderen Mädchen schon bald leise vor sich hin schnarchten, meinte sie, irgendwo in den Tiefen des Schlosses ein leidenschaftliches Stöhnen zu hören. Sie wusste, von wo es kam, und der Gedanke, dass der Kurfürst mit Fatime dasselbe tat wie Johann mit ihr in der Scheune, ließ ihre Wangen glühen. Ach könnte ich nur bei ihm sein, dachte sie voller Sehnsucht und Trauer. Es war eine Erleichterung, als ihre Augen schließlich zufielen und sie in die Tiefen des Schlafes und des Vergessens sinken konnte.

    August

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