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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Dresden angekommen, nachdem sich die Anhaltspunkte dafür verdichtet hatten, dass Böttger bei Nacht und Nebel in die Stadt gebracht werden sollte. Boten waren zwischen Dresden und Wittenberg hin und her gehetzt, gewiss mit Befehlen den Goldmacher betreffend im Gepäck. Schultze hatte vermutet, dass er entweder in Dresden oder in Warschau erwartet wurde. Soweit ihre Leute es herausgefunden hatten, weilte der König noch in Polen, doch das konnte sich jederzeit ändern.
    Röber hatte den Vorschlag gemacht, einen Boten abzufangen, damit sie sich sicher sein konnten, dass sie nicht vergebens in Dresden warteten, während Böttger nach Warschau geschafft wurde. Doch diese Idee war bei den Preußen nicht auf Gegenliebe gestoßen.
    »Sie würden wissen, dass wir es waren, und das könnte diplomatische Konsequenzen nach sich ziehen«, hatte ihm Marckwardt erklärt. »Außerdem hat uns der König befohlen, diskret zu sein, und daran werden wir uns halten.«
    Also warteten sie, und Röber vertrieb sich die Zeit mit Spaziergängen. Dresden war eine prachtvolle Stadt. Seit er das letzte Mal hier gewesen war, hatte sich viel getan. Der preußische König baute ein neues Schloss nach dem anderen, aber Dresden hatte sein ganz eigenes Flair. Wenn er das Kopfgeld für Böttger bekommen hatte, würde er vielleicht eine Filiale in Dresden einrichten und sich hier niederlassen. Das Geschäft in Berlin könnte Paul führen und er würde hier die hohen Herren bedienen und vielleicht schon bald zu ihnen gehören …
    Als er seinen Blick schweifen ließ, fiel ihm plötzlich eine Frau auf der gegenüberliegenden Straßenseite ins Auge. Sie trug ein blaues Kleid, das beinahe zu fein für eine Bürgersfrau war, und sie war genau die Sorte Frau, die ihm gefiel. Obwohl sie schlank war, wölbten sich ihre Brüste prall unter ihrem Dekolleté und ihre Hüften wogten einladend unter dem weiten, mit zahlreichen Unterröcken ausgefütterten Rock.
    Seit er Berlin verlassen hatte, hatte er sich kein Vergnügen dieser Art mehr gegönnt. Gewiss, in Wittenberg gab es ebenso wie hier Dirnenhäuser, doch seine preußischen Freunde missbilligten sein Begehren, dort einzukehren. Sie verlangten stattdessen, dass er seine Sinne beisammen hielt und sie sich nicht von Weibern trüben ließ. Aber der Anblick der Frau, die aus der Menge herausstach wie eine einsame Butterblume in einem Meer von Gras, erhitzte sein Gemüt. Entzückt von den zarten Rundungen ihres Körpers richtete er seinen Blick auf ihren Kopf, den sie leicht zur Seite drehte, als würde sie sich nach etwas umschauen. Und auf einmal erstarb sein Lächeln.
    Annalena!
    Wieder einmal lief er ihr über den Weg. Das letzte Mal hatte er sie auf dem Marktplatz in Wittenberg gesehen. Da hatte sie noch kein feines Kleid getragen. Hatte sie sich für ein paar hübsche Stoffe zur Hure gemacht? Doch mehr noch interessierte es ihn, ob sie wegen dem Goldmacher in Dresden war. Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn sie ohne einen Grund gerade hier in Dresden war.
    Röber lehnte sich an eine Hauswand und zog ein Taschentuch hervor. Mittlerweile war sie ihm ganz nahe, und er konnte nicht riskieren, dass sie ihn sah. Er hielt sich also das Tuch vor das Gesicht, als müsse er sich Schweiß von der Stirn tupfen.
    Tatsächlich ging sie in Gedanken versunken an ihm vorbei, ohne ihn zu bemerken.
    Röber sah ihr nach. Sie hatten noch keine Nachricht erhalten, ob Böttger Wittenberg verlassen hatte. Aber vielleicht half es, wenn er ihr folgte und sah, wem Annalena jetzt diente – oder wessen Liebchen sie geworden war.
    Als sie ein Stück weit voraus war, schloss er sich ihr an. Andere Passanten drängten sich zeitweilig zwischen sie, prachtvoll gekleidete Frauen flanierten an ihm vorbei, doch seine Augen wichen nicht ein einziges Mal von ihr.
    Er folgte ihr, ohne auf die Straßen oder auf andere Menschen zu achten. Einige Passanten rempelte er an und ignorierte ihr Schimpfen. Andere schüttelten bei seinem Anblick den Kopf, denn sein Blick glich dem eines Wahnsinnigen. Röber bekam davon nichts mit, bis er schließlich das Gebäude erkannte, dem sie zustrebte. Hoch ragte es in den Novemberhimmel hinein, an dem dichte graue Wolken die Sonne verdunkelten.
    Ins Königsschloss geht sie also.
    Sein Herz schlug schneller, diesmal aber nicht aus altem Groll heraus, sondern vor Neugierde. War Böttger vielleicht schon da? Hatte man seine kleine Hure zu ihm gelassen, um sich seiner Dienste zu versichern?
    Röber blieb

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