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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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starrte an den Baldachin des Bettes, in dem er neben Fatime lag. Ihr Körper war dicht an ihn geschmiegt, ihr Kopf ruhte auf seiner Brust.
    Erschöpft vom Liebesspiel würde er normalerweise längst schlafen, doch die zahlreichen Gedanken in seinem Kopf verhinderten dies. Wie wohl er sich hier bei Fatime fühlte! Der Duft ihrer Haut und ihres Haares konnten ihn alles vergessen machen. Im Gegensatz zu Ursula von Teschen war sie ein sanftes Geschöpf, das dankbar für jedes Geschenk war und aus deren Augen unerschöpfliche Liebe leuchtete. Doch zu einer ersten, offiziellen Mätresse würde er sie nie machen können. Die Beziehungen zu Polen hingen von Ursula und der einflussreichen Adelsgruppe um ihren Vater ab. Sie an seiner Seite zu haben, bedeutete wenigstens das Wohlwollen eines Teils des polnischen Adels und des Sejms zu haben. Das durfte er auf keinen Fall aufs Spiel setzen.
    Doch was würde geschehen, wenn sein Same in Fatime aufging? Bislang hatte noch jede Frau, der er beigewohnt hatte, früher oder später ein Kind bekommen. Die Königsmarck hatte ihm einen kräftigen Jungen geschenkt, der eines Tages den Titel Chevalier de Saxe tragen würde. Ursula hatte ihm ebenfalls einen Sohn geboren. Und Fatime? Was würde er tun, wenn sie ebenfalls schwanger wurde? Ursula würde ihm die Augen auskratzen, wenn sie es erfuhr, und auch wenn er sich der Treue seiner Untertanen zwar gewiss sein konnte, so war es doch unmöglich, so viele Menschen zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Der Hofklatsch würde unweigerlich zu Ursula vordringen.
    Und das durfte nicht geschehen. Wenn Fatime wirklich von ihm schwanger wurde, musste er einen Mann für sie finden, einen reichen und freundlichen Mann, der sie gegen eine Abfindung seinerseits gut versorgte.
    Er streichelte ihren Rücken. Ihre Haut war so weich und duftete heute nach Zimt und Nelken. Er erinnerte sich an das erste Mal vor zwei Monaten, als sie sich ihm hingegeben hatte, nach langem Widerstand, den sie sogar durch einen Keuschheitsgürtel unterstrich. Doch im September, als das goldene Licht des vergehenden Sommers durch die Fenster fiel und die Luft erfüllt war vom Duft später Rosen, hatte sie ihm nicht mehr länger widerstehen können. Offenbar hatte dieses erste Mal keine Frucht in ihr aufgehen lassen, denn an ihrem Körper zeigten sich keine Veränderungen. Doch was war mit der jetzigen Nacht? Und denen, die folgen würden? Ein paar Tage würde ihn Warschau noch entbehren können und er wollte, ja brauchte diese Tage bei Fatime. Er war zwar so stark, dass er ein Hufeisen verbiegen konnte, aber er war nicht stark genug, um den Reizen der Frauen zu widerstehen.
    Als Fatime sich regte und ihr Atem über seine Brusthaare strich, kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Wenn die Zeit gekommen war, würde ihm sicher etwas einfallen. Heute Nacht würde er sie nur halten und freudig den nächsten Morgen erwarten.
    Schützend legte er seine Arme um sie und schließlich kam der Schlaf mit dem Rauschen des Nachtwindes.

19. Kapitel
    A m nächsten Morgen, nachdem die Betten gemacht waren und sie den Damen beim Anziehen geholfen hatte – all das gehörte ebenfalls zu ihren Pflichten –, wurde Annalena erneut in die Stadt geschickt. Diesmal nicht zum Goldt-Mohr, sondern zum Dinglinger, dem Hofjuwelier, der neben seiner Tätigkeit im Schloss auch noch ein kleines Geschäft in der Stadt führte. Zähneklappernd zog sie den Mantel enger um sich, als sie nach draußen trat. Ein Gutes hatte die Kälte zumindest: Der Boden war hart gefroren, so dass sie nicht fürchten musste, mit ihren neuen Schuhen im Schlamm einzusinken.
    Der Frost hatte die Stadt überrascht. Die letzten Wochen waren verhältnismäßig mild und feucht gewesen. Doch in der vergangenen Nacht hatte der Wind merklich aufgefrischt und die Luft wurde klar und schneidend wie ein scharfes Küchenmesser. Die Häuser waren heute Morgen mit Reif bedeckt und an einigen Fenstern wuchsen Eisblumen. Auch an den Fenstern des Mägdequartiers hatten sich wunderschöne Muster gebildet.
    Während sich die Mägde auf den Winter und das bevorstehende Weihnachtsfest freuten, musste Annalena sich alle Mühe geben, ihr Unwohlsein zu verbergen. Sie kannte es schon aus Walsrode, dass ihre Narben bei plötzlichem Frost mehr schmerzten als sonst. Da sie in den vergangenen Wochen einigermaßen Ruhe gegeben hatten, hatte sie schon geglaubt, dass es diesmal anders sein würde. Doch der Wetterumbruch brachte ihren Rücken dazu, sich

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