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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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uns noch von Nutzen.«
    »Was macht Euch so sicher, dass Ihr bekommt, was Ihr wollt?«
    »Wir haben ein sicheres Unterpfand«, entgegnete Röber lachend. »Die Liebe, mein Freund, geht manchmal seltsame Wege, aber eines ist gewiss, sie macht die Menschen berechenbar. Das ist meine Versicherung, und ich bin überzeugt, dass sie ihre Wirkung tun wird.«
    Mertens schnaufte unwillig. Offenbar war es ihm nicht recht, sie nicht gleich in die Finger zu bekommen. Oder störte es ihn, dass seine Frau herumhurte?
    »Er kann sein Weib erst haben, wenn sie uns geliefert hat, was wir von ihr wollen«, unterstrich Röber seine Forderung noch einmal mit Nachdruck. »Solange wird Er sich gedulden müssen.«
    In Mertens’ Gesicht zuckte etwas, aber er nickte. »Nun gut, Ihr findet mich in der Ratsfronfeste. Gebt mir Bescheid, wenn Ihr meine Dienste benötigt.«
    »Das werden wir, darauf kann Er sich verlassen.«
    Röber entließ Mertens mit einem Nicken, und nachdem dieser noch einen kurzen Blick auf die Preußen geworfen hatte, zog er sich zurück.

    Draußen auf der Straße konnte Mertens endlich dem Verlangen nachgeben, seine Fäuste zu ballen. Er war wütend und ungeduldig. Die Zusicherung, dass er Annalena bekommen konnte, hatte er erhalten. Doch wer sagte ihm, dass die Kerle ihn nicht betrogen? Vielleicht würden sie gar auf die Idee kommen, sie zu verschonen!
    Er fühlte ein wildes Untier in seinem Innern rumoren, das nach Annalenas Blut verlangte. Aber er kämpfte es nieder. Sie war hier, und selbst wenn die Männer ihn betrogen, würde er sie erwischen.
    Was sein Gesprächspartner von der Liebe gefaselt hatte, hatte er nicht verstanden, wahrscheinlich waren solche verqueren Gedanken eine Vorliebe der hohen Herren. Seine Sprache war eine andere, ihre Buchstaben bestanden aus Blut, und er würde auf den Körper der treulosen Hure, die seine Frau war, ein Buch so lang wie die Bibel schreiben.
    Er konnte es kaum noch erwarten, sie vor sich liegen zu sehen, blutend und vor Schmerzen stöhnend. Er würde ihr keinen schnellen Tod gewähren, nein, das wäre zu gnädig. Er würde sie vielmehr für die ihm seit Monaten entgangene Lust strafen, indem er ihr langsam und genüsslich die Haut abschälte. Ich werde dich vögeln und schlagen und peitschen, bis du mich um deinen Tod anflehst, drohte er ihr im Stillen, und diese Gedanken ließen ihn wohlig erzittern. Sein Glied schwoll an, als er sich daran erinnerte, wie Annalena weinend vor ihm gelegen hatte, und er sich vorstellte, wie sie es wieder tun würde. Er wusste, dass es nur einen Ort gab, um sich vorübergehende Linderung zu holen: das Hurenhaus.
    Er war sich sicher, dass er dort ein Mädchen finden konnte, das ihr ähnelte, und auch wenn er sich bei ihr im Zaum halten musste, konnte er so das Fieber stillen, das nun so vehement wieder aufgeflammt war. Also schlug er den schnellsten Weg zum nächsten Freudenhaus ein.
    Lärm tönte ihm entgegen, betrunkene Huren wurden von ihren Freiern in dunkle Ecken gezerrt und lachten dort schamlos, wenn die Männer zwischen ihre Schenkel kamen. Schon in Walsrode hatte er Gefallen an Orten wie diesen gefunden, wenngleich er sich seine tiefsten Gelüste immer für seine Frau aufgespart hatte. Huren konnten sich beschweren, sie konnten beim Henker vorsprechen, wenn sie nicht anständig behandelt wurden. Aber er war hier noch unbekannt, und so würde es möglich sein, ein Mädchen zu finden, das mit ihm ging.
    Beim Eintreten ignorierte er die anderen Männer und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, der von Tabakdunst erfüllt war. Er fand eine blonde Frau mit strammem Dekolleté, doch die erschien ihm zu weich für das, wonach es ihn verlangte. Eine sehnige Rothaarige war da schon eher was für ihn, sie sah aus, als sei sie schon lange im Geschäft und kenne eine Vielzahl männlicher Wünsche. Doch dann sah er sie.
    Sie saß in einer Ecke und war gerade damit beschäftigt, ihr Mieder wieder in Ordnung zu bringen. Offenbar hatte sie gerade einen Freier gehabt und wartete auf den nächsten. Was ihn an diesem Mädchen anzog, war das Haar. Es war schwarz wie das Gefieder einer Krähe. Schwarz wie das von Annalena. Nicht genauso lang, auch nicht so schön, aber schwarz. Wenn die Strähnen den Großteil ihres Gesichtes verdeckten, würde es ihm nicht schwerfallen, sie für sein untreues Weib zu halten und wenigstens für einige Momente die guten alten Zeiten heraufzubeschwören.
    Er ging also zu ihr, wie ein Wolf zu seiner ahnungslosen Beute.

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