Das Krähenweib
zusammenpressten. Es schien, als würde er mit seinen Gedanken ringen. Dann blieb er unvermittelt stehen.
»Ein Kind«, murmelte er, und nun zog ein Lächeln seine Züge in die Breite. »Sie bekommt ein Kind.«
»Eure Majestät, das ist nur eine Vermutung …«, wandte Annalena ein, denn sicher sein konnte sich nur Fatime.
»Ich werde es von meinem Leibarzt überprüfen lassen. Solltest du recht haben, werde ich dir einen Wunsch gewähren.«
»Ihr seid sehr gütig, Eure Majestät«, antwortete Annalena und jetzt kam ihr Knicks genau im richtigen Moment. Sie wusste, dass er ihr den einen Wunsch, den sie hatte, nicht gewähren würde. Wahrscheinlich würde er sein Versprechen schon vergessen haben, bevor der nächste Morgen anbrach, aber Annalena war dennoch dankbar für die Großzügigkeit des Gedankens.
»Was würdest du davon halten, wenn ich dich zu einer von Fatimes Damen mache?«, sagte er plötzlich. »Du könntest dich um ihr gesundheitliches Wohl kümmern. Immerhin scheinst du auf diesem Gebiet Talente zu haben. Wenn ich mich recht entsinne, hattest du mir doch auch was von Heinrichs Sohn erzählt.«
Annalena wusste im ersten Moment nicht, was sie sagen sollte. Es war schon schlimm genug, wie die Damen um die Mätresse sie jetzt anschauten. Was würde erst sein, wenn sie, die nie eine herrschaftliche Erziehung genossen hatte, ihnen gleichgesetzt werden würde? So verlockend es war, sie konnte dieses Angebot unmöglich annehmen.
»Eure Majestät, bitte verzeiht, aber mein Stand ist zu gering, um solch eine Stelle einzunehmen. Ich diene dem Fräulein Fatime mit ganzem Herzen, nur lasst mich dort, wo ich bin. Ich fürchte, dass es mich in solch gesellschaftlichen Höhen schwindelt.« Ihr fiel wieder ein, dass Feldhoff ihr gesagt hatte, dass man dem Kurfürsten nicht widersprach, doch sie konnte nicht anders.
August bedachte sie nun wieder mit einem belustigten Blick. »Du bist wirklich ein seltsames Frauenzimmer. Ich kenne keine, die solch eine Ehre ausgeschlagen hätte. Bedenke, du hättest viele Kleider und könntest dich bedienen lassen.«
»Ich arbeite gern«, entgegnete Annalena, auch auf die Gefahr hin, den Kurfürsten zu verärgern. »Und ich würde mich nicht wohl fühlen unter Damen, die viel höher geboren sind als ich. Genauso wenig wie sie sich mit mir. Ich verspreche Euch, ich werde da sein, wenn es dem Fräulein Fatime nicht gutgeht, und wenn Ihr es wünscht, werde ich Euch davon berichten.«
Augusts Lächeln blieb auch nach diesen Worten unverändert. »Nun, dann sei es so, wie du wünschst. Ich werde mein Angebot aufrechterhalten, falls du es dir überlegst.« Sein Blick wurde prüfend, dann fuhr er fort: »Aber ich denke, du wirst dich gewiss nicht anders besinnen, oder?«
Annalena schüttelte den Kopf. Ihre Wangen glühten.
»Es ist erstaunlich, dass man die besten Menschen zuweilen in den unteren Ständen findet«, sagte August schließlich. »Mein Urgroßvater, der dänischer König war, soll sich mit fähigen Leuten aus dem Volk umgeben haben. Vielleicht täte ich gut daran, dies ebenso zu halten. Wenn du dich um Fräulein Fatime sorgst, dann will ich beruhigt sein.«
Damit war die Unterredung beendet. Annalena knickste noch einmal, dann verließ sie das Kabinett. Weder ein Diener noch ein neuer Bittsteller erwartete sie im Vorzimmer, dafür überfielen sie sofort ihre Gedanken. Angst, Sorge, Freude und noch einiges mehr mischten sich zu einem verwirrenden Gewühl in ihrem Herzen.
Hättest du auch so gedacht, als du Walsrode verlassen hast, fragte sie sich, als sie langsam wieder den Gemächern der Fatime zustrebte. Hättest du diese Ehre, die dir noch größere Freiheit bringen würde, ausgeschlagen?
Sie kannte die Antwort. Sicher hätte sie es nicht getan. Aber in den vergangenen Monaten hatte sie erfahren, dass jedes Glück einen Preis hatte. Sie hatte einen anständigen Mann gefunden, doch dem wurde aufgrund seines Könnens die Freiheit verwehrt. Sie war in königliche Dienste getreten, musste aber mehr denn je aufpassen, dass niemand die Striemen auf ihrem Rücken sah.
Wenn sie sich über ihren Stand erheben würde, das wusste sie, müsste sie sich gegen Neid, Missgunst und Intrigen wehren. Das wollte sie nicht. Alles, was sie wollte, war ein einfaches Leben, zusammen mit Johann.
Sicher, wenn er seine Freiheit erlangte, dann sicher nicht mit Augusts Segen. Sie würden also nicht am Hof bleiben können, aber ihr Leben hier tauschte sie gern ein, wenn ihr Lohn die Liebe
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