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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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war, die sie nur bei Johann finden konnte.

    Während der Kurfürst mit seinen Begleitern am Nachmittag doch noch zur Jagd aufbrach, blieben die Damen in den Gemächern der Mätresse. Fatime sah jetzt ein wenig wohler aus, wenngleich unter ihren Augen immer noch dunkle Schatten lagen.
    Nach ihrer Rückkehr aus dem Kabinett des Kurfürsten hatte niemand etwas zu ihr gesagt. Froh darüber machte sich Annalena an die Arbeit, bis sie schließlich eine Hand auf ihrem Arm spürte. Sie erwartete, dass es eine der Damen war, die einen Wunsch hatte, doch als sie zur Seite blickte, sah sie Fatime neben sich stehen. Sie lächelte sie strahlend an, und Annalena war so gefangen von ihrem Blick, dass sie gar nicht bemerkte, wie die anderen Frauen neidisch zu ihr herübersahen.
    »Komm mit«, sprach die Türkin sie an, zum ersten Mal überhaupt hörte sie ihre Stimme. Sie war leise und wohltönend. Die Worte klangen ein wenig fremdartig, aber sie gaben Annalena die Gewissheit, dass Fatime sprechen konnte.
    Nachdem sie den Frauen bedeutet hatte, dass sie zurückbleiben sollten – was die Gräfin Löwenhaupt nur unter Protest tat –, verließ sie zusammen mit Annalena das Gemach und durchschritt den langen Gang, der zum Steinsaal führte.
    »Ich danke dir, dass du geholfen hast«, sagte sie nach einer Weile. Die Worte waren hart akzentuiert und trugen die Erinnerung an eine fremdländische Sprache in sich. »Ganzen Tag ich bin umringt von Frauen, deren Worte leer sind. Hast du dich gefragt, warum ich nicht spreche?«
    »Ich dachte, ihr vermögt nicht zu sprechen.« Annalena senkte verlegen den Kopf.
    »Ich jetzt bin schon viele Jahre bei Hofe und verstehe Sprache gut, nur sprechen ist noch schwer.«
    Es wäre wohl angebracht gewesen, ihr zu widersprechen, denn auch wenn nicht jedes Wort richtig saß, sprach sie sehr gut. Doch Fatime ließ ihr keine Zeit dazu.
    »Als ich vor Monaten reiste nach Polen, ich habe Horoskop machen lassen. Man sagte, dass ich werde in anderen Umständen sein.«
    Annalena sah sie überrascht an. Offenbar hatte sie recht gehabt, als sie vermutete, dass Fatime über ihren Zustand Bescheid wusste.
    »Ich versucht habe, Keuschheitsgürtel zu bekommen. Damen lachten darüber, aber ich nicht wollte Kind empfangen. Ich weiß, dass August hat noch andere Frau und Geliebte in Polen. Sie meinen Tod würde wünschen, wenn sie wüsste. Aber nun es ist zu spät.«
    Annalena konnte sich nicht vorstellen, dass August sie der Rachsucht der polnischen Mätresse überlassen würde. Schließlich hatte er sich über das Kind gefreut und Annalena eine große Belohnung angeboten.
    »Seine Majestät freut sich über Euren Zustand«, sagte sie daher auch zu Fatime, denn sie wollte nicht, dass sich die Mätresse, die so sanft erschien, unnötig Sorgen machte.
    »Ja, August sich freuen. Alle Frauen kriegen Kind von ihm. Jetzt ich auch.« Obwohl von einer Rundung noch überhaupt nichts zu sehen war, strich sie sich über den Bauch, und über ihr Gesicht huschte ein Lächeln.
    »Und ich werde haben jemanden, der es ehrlich meint. Die Frauen, sie lächeln, aber ich weiß, dass sie in mir sehen nur die Dienerin, die ich einst war. Manchmal ich sehne mich nach meiner Heimat.«
    Annalena fragte sich, warum sie ihr das alles erzählte. Immerhin war sie erst seit einigen Tagen bei ihr und sie war die niedrigste ihrer Dienerinnen. Es konnte doch nicht daran liegen, dass sie ihr heute beigestanden hatte, das war schließlich etwas Selbstverständliches.
    »Wie ist Eure Heimat?«, fragte Annalena, neugierig geworden.
    »Oh, ich erinnere mich nur wenig daran. Es war Krieg damals. Ich weiß nur von Feuer und von Menschen und Angst. Auch ich hatte Angst. Doch August ist guter Mann, besser als Soldat, der mich hat geraubt. Wenn er bei mir ist, dann ich glücklich bin. Er ist meine Heimat nun.«
    Eine Weile wandelten sie den Gang entlang, dann blieb Fatime stehen und griff unvermittelt nach Annalenas Händen. Der Unterschied hätte kaum größer sein können. Während Annalenas Hände rauh waren, wirkten Fatimes Hände so weich wie die eines Kindes.
    »Ich fühle, dass du bist guter Mensch. Etwas ist mit dir, du wirkst wie jemand, der hat verloren viel in der Vergangenheit. Ich spüre, dass du bist wie ich, und so ich will dir helfen, wenn du in Not bist.«
    Das war das zweite Mal am heutigen Tag, dass Annalena ein zu hoher Rang angeboten wurde. Fatime versprach ihr kein Amt, aber das, was sie ihr antrug, war ungleich mehr. Annalena wusste

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